COLLOREDO  Reformer in neuem Licht

Ortswechsel, diesmal besuche im Dom Quartier Salzburg die aktuelle Ausstellung ALLES DREHT SICH UM MICH!

Wer ist hier eigentlich gemeint? Es handelt sich um Hieronymus Graf Colloredo der am 14. März 1772 zum Erzbischof von Salzburg gewählt wurde und die Nachfolge nach dem Tod des Fürsterzbischof Schrattenbach, der am 16. Dezember 1771 verstorben ist, antrat.

Stainhauser von Treuberg, Hieronymus Graf Colloredo, Dommuseum (c) Dommuseum_Auer

Vor gut 250 Jahren wurde Hieronymus Graf Colloredo zum Erzbischof gewählt und damit das letzte Kapitel des geistlichen Fürstentums Salzburg aufgeschlagen. Aus diesem Anlass präsentiert das Dom Quartier Salzburg die bislang umfangreichste Ausstellung über Colloredo und seine Zeit.

Franz Xaver Koenig, Hieronymus Graf Colloredo, Stadt Laufen (c) © Laufen_Anrather

Graf Colloredo war einer der reformfreudigsten Fürsten europaweit und rückte mit seiner katholischen Aufklärung ins Rampenlicht und machte es zu einem Zentrum fortschrittlichen Denkens.

Doch nicht alle seiner Erneuerungen wurden mit Beifall begrüßt. Bis heute fällt die Beurteilung von Colloredos Persönlichkeit und Wirken zwiespältig aus. Hieronymus Graf Colloredo forderte radikale, mitunter höchst umstrittene Reformen zur Umgestaltung des Landes in einen modernen aufgeklärten Musterstaat. In ganz Europa diskutierten Anhänger und Gegner der katholischen Aufklärung über seinen berühmten Reformhirtenbrief von 1782.

Hirtenbrief 1782, Hieronymus Graf Colloredo, Dioezesanbibliothek Salzburg (c) DBS_Kral

So entwickelte sich Salzburg unter Hieronymus Graf Colloredo zu einem bedeutenden „Hotspot“ der katholischen (Spät-) Aufklärung. Er führte die Grundsteuer ein und so entstand ein effizienteres und gerechteres Steuersystem, das zur dringend erforderlichen Sanierung des Staatshaushalts betrug. Bildung wurde großgeschrieben, das Schulwesen auf neue Beine gestellt und neben der Lehrerausbildung auch die der Priester reformiert. Die liberale Pressezensur begünstigte in der Residenzstadt die Gründung von Zeitungen und Fachjournalen. Die Hofbibliothek stand ebenso wie das neue Hoftheater allen Untertanen offen. Der Ausbau der Armenfürsorge war Colloredo ebenso ein Anliegen wie eine verbesserte medizinische Versorgung, gegen Ende seiner Regierungszeit auch die Verbreitung der Pockenschutzimpfung.

Colloredos Kunstverständnis, Sammeltätigkeit und Malerakademie? In der erzbischöflichen Residenz ließ Colloredo Anfang der 1790er Jahre das dritte Obergeschoß des Osttraktes zu einer Gemäldegalerie adaptieren und vereinte in seiner neuen Galerie des Osttrakts seiner Residenz die Gemälde der Sammlungen seiner Vorgänger ab dem 16. Jahrhundert und ergänzte diese mit zeitgenössischen Bildern.

Nesselthaler, Prokris und Cephalus, Residenzgalerie Salzburg (c) RGS_Ghezzi

Andreas Nesselthaler, den er 1794 zum Galeriedirektor ernannte, sollte die Galerie gestalten. (Wer ist Andreas Nesselthaler? Andreas Nesselthaler war der letzte Salzburger Hofmaler. Geboren wurde er 1748 in Langenisarhofen Niederbayern und verstarb 1821 in Salzburg).

Colloredo gelang es auch eine Malerakademie zu gründen und durch die Gründung dieser Malerakademie nahm diese auch eine besondere Rolle in der erzbischöflichen Kunstpolitik ein.

Zu dieser Ausstellung wurde auch ein umfangreicher Katalog aufgelegt der in Kooperation mit dem Archiv der Erzdiözese Salzburg entstanden ist. Er enthält neben Beschreibungen der Ausstellungsobjekte 38 Aufsätze zu Menschen und Familie, Staat und Verwaltung, Wissenschaft und Kunst, Glaube und Kirche, Alltag und Lebensbedingungen.

Aus-Colloredo-Gespraechsreihe

Die Ausstellung läuft bis 29. 5. 2023 | Nordoratorium, Residenzgalerie

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JEAN EGGER

Revolutionär der modernen Malerei 1920-1930

Jean Egger, Porträt eines Jünglings (Selbstporträt), 1927 Sammlung Museum der Moderne Salzburg

Das Lentos Museum ließ mich nicht los, ich musste auch die aktuelle Ausstellung zu Hans (Jean) Egger begutachten. Er war ein Revolutionär der modernen Malerei.

Seine Porträts hatten mich in seinen Bann gezogen. Ich betrachtete sie mit einer Faszination, weil wir uns heute unter Porträt etwas anderes vorstellen. Aber für die damalige Zeit war dies sicher eine Revolution, dass sich ein Maler in eine Richtung wendet, die absolut gewagt war.

Jean Egger Porträt Signe (Lebensgefährting) um 1930/1931 / Ausstellung Lentos Kunstmuseum Linz Foto:© Christa Linossi

Egger hatte einen kühnen Pinselstrich, welches man auch immer wieder bei den Porträts oder Landschaftsbildern, im speziellen wenn er seine Lebensgefährtin Signe Wallin porträtierte, erkennen kann.

Jean Egger „Meerjungfrau 1916 /Ausstellung Lentos Kunstmuseum Linz Foto:© Christa Linossi

Die Befreiung der Farbe in seiner Malerei und die Radikalität der Formauflösung machen Jean Egger (1897-1934) zu einem der bedeutendsten Künstler der Zwischenkriegszeit. Egger löst den Pinselstrich in beinahe gestischer Weise von der gegenständlichen Darstellung und somit entstand hier sein wesentlicher künstlerischer Entwicklungssprung.

Porträt Ausstellungsansicht Jean Egger 2023 Foto Reinhard Haider

Er war ein Ausnahmekünstler und das Lentos Kunstmuseum widmet ihm eine Ausstellung, die zu seinen wichtigsten Lebensstationen führt.

Jean oder auch Hans EGGER (1897 – 1934) geborene Kärntner Maler studierte an der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Nach dem Studium an der Münchner Akademie der Bildenden Künste unternimmt er mehrere Reisen. 1924 ließ er sich für mehrere Jahre in Paris (1925-1932) nieder. Knüpfte Kontakte in den hohen Gesellschaftskreisen und stellte 1926 regelmäßig in renommierten Pariser Kunstsalons aus. In der Portraitserie seiner Lebensgefährtin Signe Wallin tritt seine sensible Suche nach dem stärksten Ausdruck in der Malerei besonders klar hervor. Als er in der Pariser Galerie Sloden im Jahr 1930 eine Einzelausstellung hatte, war er bereits am Höhepunkt seiner Karriere. Eine verschleppte Lungentuberkulose in seiner Kindheit, führte zum frühen Tod im Alter von 37 Jahren.

Statement von Brigitte Reutner-Doneus, Kuratorin: „Egger suchte stets nach dem stärkst möglichen Ausdruck, den er in einer Weiterentwicklung seines mit Chiffren verdichteten Malstils fand. Damit antizipierte er die Kunst der Nachkriegsjahre. Eine ähnliche extreme Enervierung der Kunst taucht erst in den späten 1940er Jahren bei dem Vertreter*innen der Art Brut und der COBRA-Gruppe auf: Karel Appel, Asger Jorn 2 und Corneille hätten Jean Egger mit offenen Armen in ihre Künstlergemeinschaft aufgenommen“.

Ausstellungsansicht, Jean Egger, 2023 Foto; Reinhard Haider

Die Ausstellung, ist es wert sie zu sehen und sich mit dem Ausnahmekünstler auseinanderzusetzen. Ich, die sich eher mit zeitgenössischer Kunst auseinandersetzt, bin zur Erkenntnis gekommen, dass man auch hin und wieder einen Blick in die Vergangenheit machen muss. Denn auch die Künstler*innen aus der Vergangenheit, waren zur damaligen Zeit  auch zeitgenössische Künstler*innen.

Die Ausstellung läuft im Lentos Kunstmuseum Linz bis 07. Mai 2023