INTOLLERANZA 1960 Oper von Luigi Nono (1924-1990) Aufführung bei den Salzburger Festspielen 2021

TerrassenTalk mit Dirigent Ingo Metzmacher und Regisseur Jan Lauwers

Ingo Metzmacher Musikalische Leitung und Jan Lauwers Regie, Bühne und Video
© SF/Anne Zeuner

Der italienische Komponist Luigi Nono (1924-1990) ist einer der zentralen und prägenden Figuren der Musik der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Er war Kommunist, Intellektueller und außerordentlich charismatisch.

Dieses Jahr wird die Oper Intolleranza 1960 zu den Salzburger Festspielen aufgeführt. Premiere war am 15. August 2021. Dieses groß besetzte Stück ist über 60 Jahre alt und stellt gesellschaftliche Themen ins Zentrum.

Intolleranza 1960 | 2021: Antonio Yang (Un algerino), Sean Panikkar (Un emigrante), Musa Ngqungwana (Un torturato), Ensemble © SF / Maarten Vanden Abeele

Der Dirigent Ingo Metzmacher und Jan Lauwers, gaben Einblicke in die Inszenierung dieser Oper.

Warum die azione scenica von Luigi Nono ein Meisterwerk ist? „Intolleranza ist zeitlos und noch immer Gültigkeit hat. Sie wurde zwar 1960 geschrieben und aufgeführt – verbunden mit einem großen Skandal – ist aber für 2021 genauso relevant wie damals. Einiges fühle sich an wie ein Faustschlag ins Gesicht, dabei gebe es ebenso viele zarte, sensible Elemente in der Musik. Natürlich sei die 20-minütige Folterszene schockierend, aber die Form in Verbindung mit der Musik mache die Szene akzeptabel, so die Aussage von Jan Lauwers.

Intolleranza 1960 | 2021: Ensemble
© SF / Maarten Vanden Abeele

Auf der Bühne werden neben Tänzern, Sängern und Chor sind auch Musikerinnen und Musiker zu sehen. Die Felsenreitschule sei ein besonderer Ort, mit dem er wunderbar arbeiten könne, sagt Ingo Metzmacher. Er verteilt sein Orchester im Bühnenraum, so ist etwa der Orchestergraben ziemlich hochgefahren. „Es gehört ja bei dieser Oper alles zusammen.“ Die Bläser sitzen auf der linken Seite, die Streicher rechts, die Pauker spielen auf der Galerie, und im linken Eck der Bühne sitzen 12 Drummer. Dies ergibt im Gesamten einen irrsinnig schönen Klang und das macht mich glücklich, so Ingo Metzmacher. Interessant ist auch, dass am Anfang der Oper der Einleitungschor steht, dessen Klang die Zuschauer von hinten, von vorne von links und von rechts erreicht, auch teilweise durch Zuspielung und dann erst beginnt das Orchester zu spielen.

„Fast 200 Menschen sind auf der Bühne zu sehen: Tänzer, Sänger, Chor, Schlagwerker.“ (“SALZBURGER FESTSPIELE Auszug Pressetext zum TerrassenTalk …”) Das ist ein politisches Statement, dass auf dieser 48 Meter breiten Bühne all diese Menschen zusammenarbeiten nach der Corona-Pause“, sagt Jan Lauwers.“ Es gehe um Migration, um Bewegung, um Menschen, die auf dem Weg sind.

Wie emotional die Reise mit dieser Oper werden würde, habe er sich gar nicht ausmalen können, sagt der Regisseur. Er habe einen sehr multikulturellen Ansatz verfolgt, habe Künstler aus Sri Lanka, Südafrika und vielen weiteren Ländern auf die Bühne geholt. Gerade nach Bewegungen wie #blacklivesmatter und #metoo habe er als weißer Regisseur diese Ansätze aufnehmen müssen in seine Arbeit, wie er sagt.

Von seinem Sänger-Ensemble zeigt sich Dirigent Ingo Metzmacher sehr begeistert: Sean Panikkar (Un emigrante) habe den musikalisch schwierigsten Part, er habe einige hohe C’s zu singen und habe diese selbst bei den Proben immer mit Bravour ausgesungen. Sarah Maria Sun habe in ihrer Rolle als La sua compagna hingegen die schönste Musik von allen. „Sehr hohe Soprane haben bei Nono Tradition“, sagt er. „Ich liebe auch die Farbe des Chors. Es ist äußerst schwierig, diese Partie auswendig zu singen.“ Wer Teil des Chores und wer Teil der Tänzer ist, sei oft nicht so leicht auszumachen. Chorsängerinnen und –sänger seien es ja nicht unbedingt gewöhnt, zu tanzen, ergänzt Jan Lauwers. (“Aufwärmen für Nono zu Disco-Musik”) Doch sein Choreograph Paul Blackman habe eine sehr gute Idee gehabt: Aufwärmen zu Disco-Musik. „Das öffnet den Körper und hat dem Chor die Angst vor dem eigenen Körper genommen“, sagt er.

Jan Lauwers setzt im zweiten Teil der Inszenierung einen blinden Poeten ein. Warum? „Ich hoffe, dass man in dieser Figur Hoffnung findet“, sagt Lauwers. Ich wollte diese Figur bewusst einführen. Wir leben in einem Zeitalter der sozialen Medien, wo viel Vulgarität herrscht. Wir haben schlicht und einfach die Poesie im Leben verloren“. Die Zeiten haben sich zwar geändert aber im Grunde ist es nicht viel anders, wie damals. Was passiert in diesem Stück? Menschen sterben, Menschen werden gefoltert und ich wollte aber auch in all dem, die Hoffnung finden, denn es handelt sich um ein komplexes Stück.

Die Musik wurde mit viel Herzblut geschrieben und die Zeitlosigkeit und die Emotionen wurden bewahrt.

Intolleranza 1960 ist auf jeden Fall eine direkte Verbindung zur Gesellschaft. Es ist ein Meisterwerk und es ist zeitlos. Liebe, Hoffnung, Vertrauen, Liebe zu Kindern all das ist gültig für jede Rasse auf diesem Planeten, für jeden Menschen. Wenn wir auch Intolleranza 1960wie einen Faustschlag ins Gesicht empfinden, hat diese Oper ein sehr sensibles, zartes Element in sich, wenn wir der Musik zu hören. Die Lautstärke der Trommel und darauf antwortet ganz zart eine Flöte, das ist eine wichtige Dynamik, die ich hier einfangen will, so der Dirigent Metzenbacher.

Intolleranza 1960 | 2021 · Schlussapplaus: Ensemble
© SF / Marco Borrelli

Luigi Nono der Komponist dieser Oper, meinte damals: „Mit offenen Ohren hören und es verändert das Denken“.

Die Oper dauert nur 1 Stunde und 25 Minuten, sie gibt sehr viele Informationen sowohl musikalische wie visueller Art, lassen Sie sich auf diese wunderbare Oper und Aufführung ein.

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