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Über Christa Linossi

Ich bin freischaffende Künstlerin, Autorin und Kulturjournalistin. Meine Texte sind keine bloßen Berichte, sondern kleine Szenen, die das aktuelle Kunstgeschehen und die kulturelle Transformation literarisch inszenieren. Für meine Leserinnen und Leser bleibe ich stets am Puls der Zeit – nicht massenhaft, sondern intensiv. Mein Blog ist ein Kammerspiel der Kultur: ein Ort für Kunstaffine, die Tiefe suchen statt Oberfläche. Ich verstehe Kunst als „kulturelle Transformation“ – ein fortwährender Prozess des kritischen Weiterdenkens. Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit unterschiedlichsten Kunstrichtungen und sehe im Potenzial der Kunst die Chance, Horizonte zu öffnen und Perspektiven zu verschieben.

PHILIPP TIMISCHL – DUMMODO ME AMES

„KI in der Kirche? Waschbären singen Boygroup-Hymnen? Willkommen in der Andräkirche – wo Philipp Timischl den Altar neu denkt.“

KI-generiertes Video/Bild von Philipp Timischl: Waschbären mit Bierkrug? KI weiß, wie man in Salzburg ankommt.“ Foto: © Christa Linossi 2025

Die St. Andrä-Kirche am Mirabellplatz prägt mit ihren markanten Türmen das Stadtbild der rechten Altstadt Salzburgs. Schlichte, kräftige Formen des 20. Jahrhunderts kennzeichnen ihr Äußeres, während neugotische Grundstrukturen und Details aus der Erbauungszeit deutlich sichtbar bleiben.

„Der Hochaltar bleibt – doch die Predigt kommt jetzt in Pixeln.“ Foto: © Christa Linossi 2025

Den einzigen bildnerischen Schmuck der Westfassade schuf Max Rieder: kubisch-flächige Steinstatuen der Salzburger Patrone Rupert und Erentrudis flankieren ein schlankes Mittelfenster. Der Innenraum der Kirche ist zurückhaltend gestaltet – er spiegelt eine abgewandelte Frömmigkeit der Gegenwart wider und kommt mit wenigen Akzenten aus. Im Kontrast dazu dominieren der Hochaltar, das Kreuz mit Christus, das Marienfenster und die Heiligenfenster den Raum.

Und genau diese Kirche hat sich nun entschlossen, Kunst zu zeigen – vielleicht sogar als Gegenspielerin zur Kollegienkirche. Künstliche Intelligenz in der Andräkirche!

Beim Betreten der Kirche werden Besucher:innen von einer großen LED-Wand empfangen, die den zentralen Bogen ausfüllt. Eine Leere in Form eines Kreuzes durchbricht die Fläche – eine Öffnung für Glauben oder Skepsis.

KI-generiertes Video/Bild von Philipp Timischl „Kaum drin, schon mittendrin: Der Screen zwingt zum Hinschauen – und liefert den ersten Wow-Moment.“© Christa Linossi 2025

Auf dem Bildschirm wiederholen sich KI-generierte Visionen: Landschaften, die schmelzen und sich neu formen, Gesichter, die fast existieren. Das Digitale Erhabene tritt dort auf, wo einst das göttliche Drama inszeniert wurde. Doch dieses Spektakel ist nicht passiv – es scrollt, glitcht, verlangt danach, gleichzeitig gesehen und hinterfragt zu werden. Timischls Altar ist agnostisch, aber intim. Seine Botschaft: Etwas kann Bedeutung haben, auch wenn es von einer Maschine erschaffen wurde.

KI-generiertes Video/Bild von Philipp Timischl: „Mann? Frau? KI? Vor dem Christus-Kreuz verschwimmen die Grenzen.“ © Christa Linossi 2025

In den Seitengängen stehen freistehende LED-Skulpturen, kombiniert mit französischen Zierrahmen – ein deutlicher Verweis auf das private Wohnzimmer, platziert im öffentlichen, sakralen Raum. Auf den Bildschirmen laufen KI-generierte Sequenzen: fehlerhaft, unvollständig, manchmal schön, oft irritierend. Es ist keine göttliche Ordnung, sondern das Ergebnis algorithmischer Prozesse – maschinell erzeugt, aber nicht neutral.

Gezeigt werden auch Videos, in denen Tiere sich anders darstellen: ein Flusspferd mit Pfauenfedern auf dem Rücken, ein Dachs mit dem Körper einer Schildkröte, Fische mit Geweihen. Eine verrückte Welt, generiert durch KI – abhängig von den Vorgaben des Künstlers. Teils lustig, teils verstörend. Die Frage stellt sich: Wer ist der Schöpfer – der Künstler oder die KI? Klar ist: Der Künstler gibt der KI die Anweisungen.

In einer Seitenkapelle spielt sich stündlich eine Art Miniaturwunder ab: Auf den Screens erscheint eine Gruppe von Waschbären – ein Markenzeichen des Künstlers – umgeben von digitalen Kerzen. Sie singen Daphne Ahlers’ beruhigende Version von As Long As You Love Me. Danach verschwinden sie, und nur die flackernden Kerzen bleiben zurück. Es ist komisch. Es ist berührend. Es ist ein wenig albern. Und doch bleibt etwas hängen – eine Art Aufrichtigkeit, die sich nicht auflösen lässt.

KI-generiertes Video/Bild von Philipp Timischl:„LOVE in Fragmenten, KI in Bewegung – und echte Kerzen für echte Verluste.“ © Christa Linossi 2025

Die Ausstellung mag auf den ersten Blick eigenartig wirken – irritierend, verspielt, schwer greifbar. Doch gerade darin liegt ihre Kraft. KI hält Einzug in die Kunst, nicht als Ersatz, sondern als Spiegel, als Werkzeug, als Provokation. Was wir hier sehen, ist nicht das Ende, sondern der Anfang – die Spitze eines Eisbergs, unter dem sich neue Formen, neue Fragen und neue Möglichkeiten verbergen. Immer mehr Künstler:innen werden sich bewusst oder intuitiv mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen – und dabei Räume betreten, die bisher niemand kannte.

KUNST trifft KI – und nichts bleibt, wie es war.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 31. August 2025.

„Wenn Köche feiern – Ein Blick auf den Laurentius Tag in Salzburg“

„Laurentius-Feier: Bayerische Kochkunst trifft Salzburger Gastlichkeit“ Foto: © Christa Linossi 2025

Laurentius, Löffel und Leidenschaft – Ein Fest für die Kochkunst

Die Köche aus Bayern, Salzburg und Tirol versammeln sich in ihren weißen Jacken. Sie werden von einer Trachtenkapelle begleitet. Der Duft von Tradition liegt in der Luft. Dann ist klar: Der Schutzpatron der Köche, der heilige Laurentius, wird gefeiert. Jedes Jahr um den 10. August verwandelt sich die Stadt in eine Bühne für ein Ritual, das mehr ist als nur ein Fest – es ist ein stiller Protest gegen das Vergessen eines Handwerks, das einst als Kunst galt.

„Musik mit Herz: Die Trachtenkapelle aus Salzburg als klangvoller Teil der Laurentius-Feier“ Foto: © Christa Linossi 2025
Verleihung der Auszeichnung Koch der Köche an Bernhard Zimmerl (3. von links) Alexander Forbes, Mike Pansi, Bernhard Zimmerl, Koch der Köche 2025, Restaurant Zimmerl, —waidhofen an der Thaya, Lukas Kaiblinger, Laurentiustag der Köche, Umzug und Fest, 2025, Salzburg, © Manfred Siebinger

Ich war dabei. Ich habe mit Köchen gesprochen, die seit Jahrzehnten Teil dieser Tradition sind. Einer erzählte mir, wie dieses Treffen der Köche vor 38 Jahren ins Leben gerufen wurde – aus Liebe zum Beruf und zur Gemeinschaft.

„Wenn Köche erzählen: Ein kleiner Plausch aus dem Nähkästchen – mit doppelter Expertise.“ © Christa Linossi 2025
Wenn Köche erzählen: Ein kleiner Plausch mit einem Koch / Onlinejournalistin Christa Linossi/ © Manfred Siebinger
„Rückansicht mit Charakter: Die Köche zeigen Flagge – und Mütze“ Foto: © Christa Linossi 2025

„Damals waren wir noch viele – heute sind wir nur noch ein kleiner Kreis“, sagte er mit einem Blick, der zugleich stolz und melancholisch war.

Ein anderer sprach mit leiser Sorge über die Zukunft:

„In unserer Küche wird noch alles frisch gemacht. Aber ich weiß, dass viele Kollegen inzwischen mit Fertigprodukten arbeiten. Das tut weh.“

Die Zeremonie zum Laurentius-Tag war feierlich, die Musik der Trachtenkapelle hallte durch die Gassen, und doch lag etwas Nachdenkliches in der Luft. Wie in der Malerei, wo die Acrylfarbe die Öltechnik verdrängt hat, scheint auch in der Küche die Schnelligkeit über die Sorgfalt zu siegen.

Was bedeutet es, wenn ein Handwerk wie das Kochen an Bedeutung verliert? Wenn junge Menschen lieber Convenience-Produkte servieren als mit Hingabe zu kochen? Es ist ein kultureller Wandel – und ein Verlust an Sinnlichkeit, an Kunst, an Identität.

Ich habe an diesem Tag nicht nur Köche gesehen, sondern Künstler. Menschen, die mit Hitze, Zeit und Hingabe etwas schaffen, das verbindet. Vielleicht sind es weniger geworden – aber ihr Feuer brennt. Und das sollte nicht nur gefeiert, sondern bewahrt werden.

Der Laurentius-Tag ist mehr als ein Fest. Er ist ein Denkmal für eine Kunst, die schmeckt. Und ich bin froh, dass ich dabei war.

„Leider musste ich mich vor dem kulinarischen Finale verabschieden. Die Hitze hat mich zurück zum Auto gelotst. Auch die Sorge um meine Parkuhr trieb mich dorthin. Wie sich herausstellte: völlig unbegründet. Aber so ist das eben, wenn man mit einem halben Kopf schon wieder woanders ist.

„Danke an alle Köche, die mir ihre Gedanken und Geschichten anvertraut haben“.

SALZBURG SEIN „JEDERMANN“ – EIN HYPE 2025

Philipp Hochmair der JEDERMANN / Foto: © Christa Linossi 2025

Kennen SIE ihn schon? Nein? Dann erzähle ich Ihnen eine Geschichte über einen besonderen Hype in Salzburg.

Worum geht es eigentlich, fragen Sie sich? Berechtigte Frage!

Jedermann war gestern. Heute ist Hochmair. Was passiert, wenn ein Rockstar das Heiligtum der Salzburger Festspiele übernimmt? Willkommen im Jahr 2025 – wo Hofmannsthal auf Hochmair trifft und der Domplatz bebt.

Philipp Hochmair in der Besetzung der Hauptrolle JEDERMANN / Foto: © Rudi Gigler 2025

Seit 2024 verkörpert Philipp Hochmair die Titelrolle des Jedermann bei den Salzburger Festspielen. In einem leidenschaftlichen Kraftakt schlüpft er in die klassische Rolle und verwandelt Hugo von Hofmannsthals Stück in das, was sich Regisseur Carsen erträumt hat.

Ich gebe es zu: Ich war skeptisch. Jedermann als Rockstar? Hochmair als apokalyptischer Performer? Doch dann stand ich auf dem Domplatz – und sah ihn in der klassischen Rolle. Kein Gitarrenlärm, keine Lichtshow – sondern Hochmair pur, in Hofmannsthals Text versunken.

Philipp Hochmair in der Besetzung der Hauptrolle JEDERMANN und die Buhlschaft Deleila Piasko / Foto: © Rudi Gigler 2025

Und morgen? Da spielt er „Jedermann Reloaded“ in Gmunden. Gestern war es Burg Clam, übermorgen vielleicht ein Festivalgelände. Zwei Bühnen, zwei Welten – und ein Schauspieler, der beide beherrscht.

Am Domplatz gibt er den traditionellen Jedermann – kraftvoll, konzentriert, ganz im Geist der Festspiele. Doch außerhalb Salzburgs verwandelt er das Mysterienspiel in ein apokalyptisches Sprech-Konzert. Getrieben von Gitarrenriffs und den experimentellen Sounds der Band Die Elektrohand Gottes spielt Hochmair alle Rollen selbst. Ein vielstimmiger Monolog, ein performativer Rausch – Jedermann auf Speed.

Philipp Hochmair & Die Elektrohand Gottes Jedermann Reloaded / Foto: © Rudi Gigler 2025

Philipp Hochmair ist einer der beliebtesten Schauspieler des Landes, gefeierter Jedermann bei den Salzburger Festspielen. 2025 ist der Hype um ihn endgültig ausgebrochen. Hochmair ist nicht nur Schauspieler, sondern ein performativer Wirbelwind-Rockstar, Provokateur, Jedermann und Jedermanns Gegenspieler zugleich.

„Wer Hochmair als Erlkönig erlebt hat, versteht, warum sein Jedermann bebt.“
Philipp Hochmair & DER ERLKÖNIG / Foto: © Rudi Gigler 2025

Hochmair polarisiert – und genau das macht ihn spannend. Er ist nicht nur Künstler, sondern ein Spiegel unserer Sehnsucht nach charismatischen Einzelgängern. Er inszeniert sich selbst, erschafft seine Marke – und bleibt dabei überraschend nahbar. „Hochmair spielt nicht nur Jedermann – er spielt mit dem Format selbst.“

Vielleicht ist das der wahre Hype: ein Jedermann, der keiner sein will – und gerade deshalb alle fasziniert.

Er mischt sich unter das Volk, lässt sich mit Jederfrau-Jedermann fotografieren, ist auch gegen einen Smalltalk nicht abgeneigt. Pünktlich zu den Festspielen erschien auch seine Biografie „Hochmair, wo bist du?„, verfasst von Katharina von der Leyen.

Für mich stellt sich die Frage: Wie schafft er es, die Festspiele zu dominieren, obwohl sie voller Stars sind? Gerade weil er polarisiert, bleibt er im Gespräch – und das macht ihn zur Figur unserer Zeit.

Hochmair ist nicht nur Jedermann – er ist ein Ereignis. Er spielt mit Erwartungen, mit Formaten, mit sich selbst. Und vielleicht ist das der wahre Hype: ein Künstler, der sich nicht festlegen lässt – und gerade deshalb alle in seinen Bann zieht.

Salzburger Festspiele (offizielle Website): www.salzburgerfestspiele.at

 → Infos zu Programm, Tickets, Hintergrund

Philipp Hochmair (offizielle Website): www.philipphochmair.com

→ Biografie, Projekte, Termine

„In die Höhe gefallen – Leselust mit Meyerhoff“ Wortkunst in Gmunden

Salzkammergut Festwochen Gmunden 2025. Zwischen Traunsee und Theaterbühne vermischen sich Stimme und Text zu einem Erleben der besonderen Art – Joachim Meyerhoff liest, lebt, berührt.

Lesung Stadttheater Gmunden – Joachim Meyerhoff liest aus „Man kann auch in die Höhe fallen“ Foto: © Rudi Gigler 2025

Ein Schauplatzwechsel von der Festspielstadt Salzburg nach Gmunden! Das Salzkammergut zählt mit seiner landschaftlichen Schönheit zu den berühmtesten Regionen Österreichs. In dieser eindrucksvollen Naturkulisse präsentieren die Salzkammergut Festwochen Gmunden ihr vielfältiges Kulturprogramm von Anfang Juni bis Anfang August.

Ich beobachte Gmunden und seine Festwochen seit Jahren und stelle fest: Gmunden wächst heran – fast zur kulturellen Konkurrenz Salzburgs

Das Stadttheater in Gmunden / Foto: © Rudi Gigler 2025

Heuer entschied ich mich, eine Veranstaltung der Salzkammergut Festwochen in Gmunden zu besuchen – eine Lesung im Stadttheater. Schon beim Betreten dieses Hauses hat man ein gutes Gefühl: klein, aber fein.

Das Stadttheater in Gmunden Innenansicht / Foto: © Rudi Gigler 2025

Meine Wahl fiel auf Joachim Meyerhoff und sein Buch „Man kann auch in die Höhe fallen“. Ich kannte ihn weder als Autor noch als Schauspieler und ließ mich auf dieses Abenteuer ein.

Literatur mit Tiefgang und Höhenflug: Wenn Schauspielkunst auf Wortmagie trifft und Gmunden zur Bühne großer Erzählkunst wird – Joachim Meyerhoff liest, lebt und bewegt. Ein Abend ohne Pomp, aber mit umso mehr Gefühl.
Lesung Stadttheater Gmunden – Joachim Meyerhoff liest aus „Man kann auch in die Höhe fallen“ Foto: © Rudi Gigler 2025

Wer ist Joachim Meyerhoff? Er ist deutscher Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller. 2018 erlitt er einen Schlaganfall, den er literarisch in „Hamster im hinteren Stromgebiet“ verarbeitete.

Es war eine sehr gute Entscheidung, ihn live zu erleben. Da er auch Schauspieler ist, verstand er es meisterhaft, seinen Text zu präsentieren. Man lebte mit dem Text – im Kopf entstanden Bilder, etwa wenn er humorvoll Szenen mit seiner Mutter beschrieb. Das Publikum schmunzelte und lachte.

Er las aus seinem neuen Roman „Man kann auch in die Höhe fallen“. Worum geht es?

„Mit Mitte fünfzig zieht es Joachim Meyerhoff zu seiner Mutter aufs norddeutsche Land, um dort an einem Roman über das Theater mit dem Titel Scham und Bühne zu schreiben. Es werden unvergleichliche, ereignisreiche Wochen, in denen er durch die Hilfe seiner Mutter aus einer tiefen Lebenskrise findet.“

Während er las und erzählte – eben nicht nur als Autor, sondern als Schauspieler – hatte man das Gefühl, einem Menschen beim Leben zuzusehen.

Der Roman ist mit Sicherheit gelungen. Die deutsche Wochenzeitung DIE ZEIT lobte ihn in höchsten Tönen: Es sei das literarischste und anspruchsvollste Werk, das Meyerhoff bislang geschrieben hat.

Zum Abschluss präsentierte er noch eine Kurzgeschichte, die in Zusammenarbeit mit Claus Peymann entstand – der kürzlich verstarb. Diese Geschichte, ursprünglich am Berliner Theater aufgeführt, brachte viel Witz und Charme mit sich.

Ein Abend, der zeigte: Gute Literatur braucht keine großen Kulissen, sondern große Erzähler – wie das Salzkammergut selbst: charmant, vielschichtig.

„Secret Garden – Jaume Plensas träumende Skulpturen auf dem Residenzplatz“

„Inmitten von Wasser und Stein: Der Residenzbrunnen flankiert von fünf Skulpturen – Jaume Plensa in Salzburgs Herz.“ Foto: © Christa Linossi 2025

Einführung & persönliche Perspektive

Seit Sonntag, dem 27. Juli 2025 wurde der Residenzplatz in Salzburg von dem Künstler Jaume Plensa mit seinen überlebensgroßen, träumenden Metallköpfen in einen stillen Garten der Reflexion verwandelt.

Eröffnung von „Secret Garden“ Jaume Plensa, Residenzplatz Salzburg/ Von links nach rechts: Dr. Kristina Hammer (Präsidentin der Salzburger Festspiele), Jovanka Porsche (Unternehmerin und Mitbegründerin von Global Neighbours), Christian Kern (ehemaliger österreichischer Bundeskanzler), Jaume Plensa (Künstler), Daniel Richter (Künstler, mit seiner Frau Hanna Putz), Prof. Walter Smerling (Vorsitzender der Stiftung für Kunst und Kultur, Bonn), Thaddaeus Ropac (Galerist) und Philipp Hochmair (Schauspieler, derzeit in der Rolle des „Jedermann“).

„Ein faszinierender Anblick: Die monumentalen Skulpturen verwandeln den Residenzplatz und ziehen Besucher:innen magisch an – wie Motten das Licht.“

Künstlerische Reflexion und Dialog mit Mozart

„Diesmal begegne ich diesem Kunstwerk nicht als Online-Journalistin, sondern als Künstlerin – mit einem Blick für das Unsichtbare zwischen Form und Gefühl.“

Der Residenzplatz atmet Geschichte – heute jedoch schwebt über den steinernen Boden eine neue Sprache: die Sprache der Skulpturen von Jaume Plensa. Gesichter ohne Worte, Körper ohne Bewegung – und doch eine Stille, die spricht.

Im Hintergrund, unbewegt und doch ewig präsent, blickt Mozart – das Genie der Musik – auf diesen Dialog der Formen. Was sieht er? Was hört er? Vielleicht den Klang der Gedanken, die Kunst in uns auslöst.

Wie fühlt er sich? So in den Hintergrund gedrängt und doch auch präsent und mit einem Blick Richtung dieser monumentalen Skulpturen. Ein Dialog aus dem Hintergrund mit den „fünf Frauen, die unterschiedlicher Herkunft und Nationalität sind und mit geschlossenen Augen, vielleicht Träume und Sehnsüchte für sich behalten wollen?“

„Mozart, der ewige Klangpoet, blickt aus dem Hintergrund auf diese neue Sprache der Formen. Lauscht er dem inneren Dialog der Skulpturen? Oder hört er die Gedanken, die sie in uns auslösen?“

Die Installation dieser Skulpturen rund um den Residenzbrunnen – ebenfalls ein monumentaler barocker Brunnen – zu installieren, war eine großartige Idee – denn auch der Brunnen erzählt Geschichte. Er besteht aus drei Brunnenbecken und vier Figurengruppen, alle aus Untersberger Marmor. Tommaso di Garona war der Meister des Residenzbrunnen, jedoch aber nicht unumstritten?

Hier trifft sich Vergangenheit und Zukunft zugleich. Der Dialog zwischen den fünf Frauenköpfen und dem Brunnen, bringen einen auch zum Nachdenken. Was war Geschichte, was ist Zukunft?

Technische Details der Skulpturen

Entstanden im Jahr 2023 im Plensa Studio Barcelona, das Werk besteht aus fünf überlebensgroßen Köpfen, die mit jeweils 11 Metern Höhe aus Gusseisen gefertigt wurden und pro Skulptur ca. 30 Tonnen wiegen.

Die Skulpturen mit den Namen Minna, Rui Rui, Wilsis, Rose und Soribel sind in einem offenen Raster von 24 × 24 Metern angeordnet.

Jede Figur setzt sich aus 22 bis 26 einzelnen Fragmenten zusammen, die mit Edelstahlbolzen verbunden sind. Durch die modulare Konstruktion kann jede Skulptur segmentweise montiert werden.

Der geheime Garten – Plensas Idee

„Der Künstler und seine Vision: Jaume Plensa steht neben einem der monumentalen Köpfe aus dem ‘Secret Garden’.“ Foto: © Christa Linossi 2025

Das Statement von Jaume Plensa läßt aufhorchen: „Fünf Frauen unterschiedlicher Herkunft und Nationalität, die mit geschlossenen Augen zu uns über den inneren Weg sprechen, über all die Schönheit, die wir in uns verborgen halten. Eine unbekannte und einzigartige Landschaft, die tief in unserem Wesen verborgen bleibt – der geheime Garten unseres Lebens, der wertvollste Ort, das Zentrum unserer Träume und Sehnsüchte.“ 

Walk of Modern Art

„Secret Garden“ ist gewissermaßen eine Fortsetzung des vielbeachteten Projekts Walk of Modern Art, das zwischen 2002 und 2011 in Salzburg entstanden ist und die internationale Gegenwartskunst dauerhaft und frei zugänglich in den öffentlichen Raum bringt. Es setzt die Kunstwerke in einen lebendigen Dialog mit der historischen Altstadt Salzburgs. 

Statement: Walter Smerling, Vorsitzender der Stiftung für Kunst und Kultur e.V. und Kurator

„Mit Secret Garden wird der Walk of Modern Art eindrucksvoll weitergeschrieben: Kunst, die allen gehört – mitten im Leben, mitten in Salzburg. Jaume Plensa gelingt es, mit Stille und Schönheit einen Raum für Menschlichkeit zu schaffen.“

Jaume Plensa erlangte internationale Bekanntheit durch Werke wie der „Crown Fountain“ in Chicago oder die Installation „Behind the Walls“ im Rockefeller Center in New York, darüber hinaus entwickelte er auch gefeierte Bühnenbilder u. a. am Liceu Barcelona. In Salzburg ist er bereits mit dem Werk „Awilda“ im Arkadenhof der Universität (2010) Teil des renommierten Walk of Modern Art der Salzburg Foundation.

Während der Salzburger Festspiele verwandeln Plensas Skulpturen den Residenzplatz in einen Ort stiller Poesie. Besucher:innen begegnen ihnen mit Staunen – setzen sich, verweilen, halten den Moment fest. Und mitten in Salzburg entfaltet sich der geheime Garten – offen, universell, tief in uns.

Die Skulpturen sind während der Salzburger Festspiele, vom 27. Juli bis 29. August, für alle frei zugänglich – mitten in der Altstadt – und verwandeln den Residenzplatz in einen Ort stiller Poesie und universeller Begegnung. 

Secret Garden – Jaume Plensa’s Dreaming Sculptures on Salzburg’s Residenzplatz

View of Residenzplatz, encircled by sculptures Jaume Plensa that whisper history. Photo: © Christa Linossi 2025

Introduction & Personal Perspective Since Sunday, July 27, 2025, the Residenzplatz in Salzburg has been transformed by the artist Jaume Plensa into a silent garden of reflection, graced with his monumental, dreaming heads made of metal. “A mesmerizing sight: The monumental sculptures redefine the Residenzplatz and attract visitors like moths to a flame.”

Left to right: Dr. Kristina Hammer (President of the Salzburg Festival), Jovanka Porsche (entrepreneur and co-founder of Global Neighbours), Christian Kern (former Austrian Chancellor), Jaume Plensa (artist), Daniel Richter (artist, with his wife Hanna Putz), Prof. Walter Smerling (Chairman of the Foundation for Art and Culture, Bonn), Thaddaeus Ropac (gallerist), and Philipp Hochmair (actor, currently starring as “Jedermann”). Photo: © Christa Linossi 2025

Artistic Reflection and Dialogue with Mozart “This time I’m not encountering this artwork as an online journalist, but as an artist – with a keen eye for the invisible space between form and emotion.” The Residenzplatz breathes history – but today, a new language floats above its cobbled stones: the language of Jaume Plensa’s sculptures. Faces without words, bodies without movement – and yet a silence that speaks. In the background, unmoved but eternally present, Mozart – the genius of music – witnesses this dialogue of forms. What does he see? What does he hear? Perhaps the sound of thoughts that art awakens within us. How does he feel? Pushed into the background, yet present, his gaze meets these monumental sculptures. A quiet dialogue with the “five women of differing origins and nationalities who, with closed eyes, might be guarding their dreams and longings?” “Mozart, the eternal poet of sound, observes this new language of forms from afar. Does he listen to the inner dialogues of the sculptures? Or hear the thoughts they awaken in us?”

The installation around the Residenzbrunnen – a magnificent baroque fountain with its own story – was a brilliant idea. Crafted from Untersberg marble by Tommaso di Garona, though not without controversy, the fountain consists of three basins and four sculptural groups. Past and future converge in a dialogue between the five women’s heads and the fountain. A moment of reflection: what is history, what is the future?

Technical Details of the Sculptures Created in 2023 in the Plensa Studio Barcelona, the work consists of five oversized heads, each measuring 11 meters in height and weighing approximately 30 tons. The sculptures – named Minna, Rui Rui, Wilsis, Rose, and Soribel – are arranged in an open grid measuring 24 × 24 meters. Each figure is made up of 22 to 26 individual fragments connected by stainless steel bolts. Thanks to their modular structure, the sculptures can be assembled piece by piece.

Artistic Reflection and Dialogue with Mozart “This time I’m not encountering this artwork as an online journalist, but as an artist – with a keen eye for the invisible space between form and emotion.” The Residenzplatz breathes history – but today, a new language floats above its cobbled stones: the language of Jaume Plensa’s sculptures.
Jaume Plensa beside one of his dreaming sculptures – a quiet encounter between creator and creation. Photo: © Christa Linossi 2025

Plensa’s Concept of the Secret Garden Jaume Plensa’s statement resonates: “Five women of different origins and nationalities who, with closed eyes, speak to us through inner paths, of all the beauty we hold within ourselves. An unknown and unique landscape that remains hidden deep within our being – the secret garden of our lives, the most valuable place, the center of our dreams and longings.”

Walk of Modern Art “Secret Garden” continues the acclaimed project Walk of Modern Art, established between 2002 and 2011 in Salzburg. It brings contemporary international art into the public space, creating a vibrant dialogue with the historic city center. Statement from Walter Smerling, Chairman of the Stiftung für Kunst und Kultur e.V. and curator: “With Secret Garden, the Walk of Modern Art continues impressively: art that belongs to everyone – in the midst of life, in the heart of Salzburg. Jaume Plensa creates space for humanity through silence and beauty.”

Jaume Plensa became internationally known through works like the “Crown Fountain” in Chicago and the “Behind the Walls” installation at Rockefeller Center in New York. He also designed acclaimed stage sets, for example at the Liceu Barcelona. In Salzburg, he’s already part of the Walk of Modern Art with his work “Awilda” in the arcaded courtyard of the university (2010).

During the Salzburg Festival, Plensa’s sculptures transform the Residenzplatz into a site of silent poetry. Visitors approach them with awe – sitting down, lingering, capturing the moment. And in the heart of Salzburg, the secret garden unfolds – open, universal, deep within us.

🗓 The sculptures are freely accessible during the Salzburg Festival, from July 27 to August 29 – located in the historic old town – turning Residenzplatz into a place of silent poetry and universal encounter.

„Mahler, Schönberg, Webern – Peter Sellars’ Triptychon bei den Festspielen“

TT „One Morning Turns into an Eternity” 2025: Ausrine Stundyte (Eine Frau), Peter Sellars (Regie), Wiebke Lehmkuhl (Alt)
© SF/Jan Friese

Kunst zwischen Abschied und Erwartung – Eindrücke zur Pressekonferenz One Morning Turns Into an Eternity

Ein Morgen, der zur Ewigkeit wird – Regisseur Peter Sellars hat mit seiner neuen Inszenierung ein musikalisches Triptychon geschaffen, das zwischen westchinesischer Dichtung, buddhistischer Lehre und expressionistischer Seelenschau oszilliert. Ausgehend von Gustav Mahlers Der Abschied und Arnold Schönbergs Erwartung entfaltet sich ein Raum, in dem Schmerz, Sehnsucht und das menschliche Überleben ihre Stimmen finden. Ergänzt wird dieses Spannungsfeld durch Anton Weberns Fünf Orchesterstücke op. 10, die als verbindendes Element zwischen Mahler und Schönberg fungieren. Gemeinsam bilden diese drei Werke die Grundlage der szenischen Neuproduktion One Morning Turns Into An Eternity, deren Premiere am 27. Juli bevorsteht.

Sellars sprach bei der Pressekonferenz über den Einfluss alter chinesischer Texte – etwa ein Gedicht von Wang Wei – und darüber, wie Krisenjahre von Mahler und Schönberg sich in diesen musikalischen Werken widerspiegeln. 1909, ein Jahr voller Brüche und Einsamkeit: Mahler verliert sich im Schmerz über Almas Affäre, Schönberg kämpft mit inneren Dämonen. Beide Komponisten begegnen sich nicht nur musikalisch, sondern auch emotional. Der Titel der Produktion leitet sich aus der Textzeile „Ein Morgen wandelt sich in Ewigkeit“ ab – aus einem Gedicht von Wang Wei, dessen Verse in der deutschen Nachdichtung von Hans Bethge Mahlers Vertonung zugrunde liegen.

Die Musik wird nicht nur als Ausdruck, sondern als Organismus begriffen – nicht glatt, nicht schön, sondern fragmentiert und herausfordernd. Sellars zeigt eindrücklich, dass wahre Kunst nicht darin besteht, Schmerz zu überdecken, sondern ihn sichtbar zu machen. Sein Dialog mit dem Dirigenten offenbart eine gemeinsame Vision: Musik soll ein 3D-Raum werden, spürbar, lebendig und manchmal auch beängstigend. Unterstützt wird das Projekt von zwei großartigen Sängerinnen – Ausrine Stundyte und Wiebke Lehmkuhl – deren Interpretationen den Werken eine neue Tiefe verleihen. In ihrer Unterschiedlichkeit entsteht ein gemeinsamer emotionaler Kosmos.

Diese Inszenierung ist keine nette Rose auf samtigem Tuch – sie ist ein seelisches Erdbeben, das sich nicht erklären lässt, sondern erlebt werden muss.

Die Welt der hohen Kunst fasziniert mich seit jeher – und doch ertappe ich mich manchmal dabei, wie ich vor ihren tiefen Türen stehe: neugierig, bewegt, aber noch auf der Suche nach dem passenden Schlüssel. Diese Inszenierung hat mir einen Spalt geöffnet, durch den Licht fällt. Mit offenem Herzen für große Kunst – und mit digitaler Unterstützung, um meine Eindrücke in Worte zu fassen.

Peter Sellars – ein Porträt
© Christa Linossi 2025
Ein persönliches Dankeschön Als ich mich mit Peter Sellars’ Arbeit für diese Inszenierung beschäftigte, wurde mir bewusst, wie tief seine künstlerische Vision wirkt. Diese Vision beeinflusst nicht nur die Bühne, sondern auch mich. Das Porträt, das ich von ihm gemalt habe, ist mein Versuch, diese Wertschätzung sichtbar zu machen. Es ist kein offizielles Bild – sondern ein persönlicher Ausdruck von Respekt und Dankbarkeit gegenüber einem Künstler, der Räume öffnet: für Musik, für Menschlichkeit, für Licht.

Premiere ist: am Sonntag, 27. Juli 2025 um 19:00 Uhr in der Felsenreitschule Salzburger Festspiele

„Zwischen Stein und Stimme – Tony Cragg im Dialog mit der Zeit“

Ausstellung Tony Cragg „Zeiten“ in der Residenz Galerie in Salzburg/ Fotomontage: © Christa Linossi 2025

Mit den Skulpturen von Tony Cragg, in Kooperation mit Thaddaeus Ropac, zeigt die Residenzgalerie Salzburg in den Prunkräumen der Residenz eine Ausstellung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Schon damals erhielten herausragende Künstler Aufträge von den Salzburger Erzbischöfen – ihre Werke prägen die Räume bis heute. Auch sie mussten sich mit vorhandenen künstlerischen Ausdrucksformen auseinandersetzen. In dieser Tradition begegnet auch Tony Cragg dem bedeutungsvollen Ort mit Respekt und kreativer Neugier.

Zeitgenössische Kunst im historischen Kontext eröffnet neue Perspektiven. In den Prunkräumen der Residenz entfalten Craggs Arbeiten eine besondere Resonanz. Sie treten in Dialog mit Architektur und Ausstattung. Diese haben seiner Kunst unmittelbare Impulse verliehen.

Ausstellung Tony Cragg „Zeiten“ in der Residenz Galerie in Salzburg/Fünf Köpfe aus Travertin-Stein Foto: © Christa Linossi 2025

Besonders fasziniert haben mich die fünf Köpfe (Untitled, 2019) aus Travertin-Stein. Betrachtet man diese aus Marmor anmutenden Blöcke, erkennt man je nach Blickwinkel einen anderen Ausdruck. Craggs Skulpturen muss man in Ruhe umrunden. Aus einer Position zeigen sie Gesichter und Körper. Aus einer anderen Position wirken sie wiederum wie abstrakte Formen, die an Schwämme oder andere Naturstrukturen erinnern.

Ausstellung Tony Cragg „Zeiten“ in der Residenz Galerie in Salzburg/Kopf aus Travertin-Stein Foto: © Christa Linossi 2025

Auch andere Werke laden zur Entdeckung ein: Etwa „Level Surface“, eine rosa getönte Skulptur, die auf einem 3D-Modell eines Prunkraum-Tisches basiert. Sie ist Craggs erste Arbeit mit einem 3D-Scanner und verströmt trotz ungewöhnlicher Form eine stille Eleganz.

Ausstellung Tony Cragg „Zeiten“ in der Residenz Galerie in Salzburg/Level Surface Foto: © Christa Linossi 2025

Die Skulptur „Rem“, gefertigt aus patinierter weißer Bronze, greift die Form einer traditionellen afrikanischen Kopfstütze auf. In aufgestapelter Komposition entsteht ein neues Bild – fast wie verzerrte Buchstaben einer fremden Sprache.

Ausstellung Tony Cragg „Zeiten“ in der Residenz Galerie in Salzburg/“REM“ Foto: © Christa Linossi 2025

Cragg verwendet vielfältige Materialien wie Holz, Glas und Kunststoff. Seine Werke wirken wie sichtbare Energie, basierend auf einem künstlerischen Konzept, das aus den Naturwissenschaften abgeleitet ist.

Bei der jüngsten Pressekonferenz (Juli 2025) präsentierte sich Tony Cragg nicht nur als Bildhauer. Er trat auch als leidenschaftlicher Denker über Kunst auf. Er sprach über die Gesellschaft und die Rolle des Einzelnen im kreativen Prozess. „Wer ist der schönste Mensch?“ – mit dieser provokanten Frage eröffnet Cragg eine Debatte über Identität und Wert. Seine Sprache, wie seine Skulpturen: roh, fragmentarisch, vielschichtig – und gerade deshalb voller Ausdruckskraft.

Für Cragg ist Kunst stets auch politisch. Sie steht nicht losgelöst von gesellschaftlichen Fragen, sondern spiegelt Positionen zu Umwelt, Menschenrechten und Gleichstellung wider.

Für mich ist Kunst wie ein Inselchen im Gehör, ein Bild aus Staub auf den Fingern, eine Melodie aus Material und Bedeutung. Sie zeigt nicht nur, was ist – sondern auch, was sein könnte. Jede Form, jedes Zeichen öffnet ein Fenster zur Welt und macht Kultur als lebendiges Experiment erfahrbar.

„In einer Welt, die ständig Form verliert und neue sucht, zeigen Craggs Skulpturen uns: Auch das Flüchtige hat Gewicht – und das Fragmentierte seine eigene Wahrheit.“

https://www.tony-cragg.com/

FACE TO FACE – Begegnung im Spiegel der Kunst: Die Magie des gemalten Blicks

Dom Quartier Residenzgalerie Salzburg, Ausstellung: FACE TO FACE  Gustav Klimt
Bildnis einer unbekannten Frau (Frau Heymann?), ca. 1894
 © Wien Museum / Birgit u. Peter Kainz
 
Dom Quartier Residenzgalerie Salzburg, Ausstellung: FACE TO FACE Anton Einsle, Anna Hüffel, geb. Einsle, die Tochter des Künstlers, ca. 1870 Copyright: © 2025 RGS/Ghezzi

„Ein Regentag erzeugt Frustration — um diesem zu entfliehen, widme ich mich einer faszinierenden Ausstellung im DomQuartier Salzburg.“ Es ist eine Ausstellung, die zum Dialog mit der Vergangenheit einlädt.

Face to Face österreichische Porträtmalerei des 19. Jahrhunderts.

Im 19. Jahrhundert erlebte das Bürgertum einen rasanten Aufstieg. Mit zunehmender Bildung und vermehrtem Wohlstand wuchsen Ansehen und Selbstbewußtsein.

So vollzog sich in der österreichischen Porträtmalerei ein bemerkenswerter Wandel. Es kam zu einer Vielfalt an Ausdrucksformen und zu einer Öffnung der Porträtkunst für das Selbstbewusstsein des Bürgertums.

Der Trend, sich porträtieren zu lassen, bot ein Mittel zur Repräsentation und Selbstdarstellung. Die so entstandenen Porträts bestechen durch eine Fülle an Malweisen, Stilen und Typen.

In der Ausstellung werden Herrscherbildnisse, Familien- und Kinderporträts, Damen- und Herrenbildnisse, Selbstporträts sowie Atelierszenen vereint. Sie setzen die Dargestellten so in Szene, wie diese gesehen werden wollten.

Die ausgestellten Werke üben für mich immer wieder eine Faszination aus. Mit welchem Feingefühl die Künstler:innen an ihre Werke herangegangen sind. Beim Betrachten hat man das Gefühl, der Blick der Person richtet sich an dich und will mit dir kommunizieren. Die Augen sind das emotionale Epizentrum jedes Porträts. Es sind die Augen, die mich fesseln — gemalt mit solcher Intensität, dass sie mir Geschichten zuflüstern.

Auch die Details von Licht und Schatten, die Kleidung usw. Haben sie sich schon einmal versucht ein Porträt zu malen? Wenn ja, dann wissen sie vielleicht, wie schwierig es ist, die Person so darzustellen, wie sie ist.

Dom Quartier Residenz Galerie Ausstellung FACE TO FACE Selbstporträt des Künstlers in seinem Atelier, 1892 oder 1902
© Salzburg Museum

Das Gemälde von Hans Makart ist für mich ein sehr ausdrucksstarkes Porträt seiner Frau Amalie Makart ca. 1871. Ihr Blick scheint eine Frage zu stellen — nicht an den Betrachter, sondern direkt an ihren Mann. Eine stumme Konfrontation in Öl.

Residenz Galerie Dom Quartier Ausstellung FACE TO FACE/ Hans Makart, Amalie Makart, um 1871 © RGS/Ghezzi

In den 1850er Jahren begann das Aufkommen der Fotografie. In der Gegenwart haben wir modernste Elektronik und Kameras. Handys und die Inszenierung auf diversen Social-Media-Plattformen sind die Folge.

So stellte ich mir die Frage: „Gibt es heute im 21.Jhd. noch Porträtmaler?“ Ja, sie gibt es noch! Es ist nur ein kleiner Auszug von Porträtisten unserer Zeit. Heute nennt man es Neo-Porträtismus in der Gegenwartskunst. Diese Künstler:innen verweigern sich der glatten Oberfläche und suchen stattdessen nach der Wahrheit im Gesicht.

Künstler:inStilmerkmale
Elizabeth PeytonGlühende Farben, Lasur, Popkultur-Ikonen3
Lucian FreudRadikale Ehrlichkeit, fleischliche Direktheit5
Gerhard RichterFotorealismus trifft Abstraktion7

Des Weiteren beschäftigt mich die Frage, ob sich die Porträtmalerei heute noch lohnen würde. Diese Frage kann man mit Ja beantworten. Es findet eine Renaissance des Analogen inmitten digitaler Überflutung statt. Sie zielt aber auch auf Diversität ab, der wir im 21. Jahrhundert tagtäglich ausgesetzt sind.

Es gibt einen Unterschied. Früher war es anders. Heute ist es anders. Für viele Menschen ist es ein großer Wunsch, von einem Künstler porträtiert zu werden. Ein Porträt ist wie eine Statue, die einen Künstler ehrt und von anderen bewundert wird.

Heute ist es jedoch eine Ära der pixelgenauen Selbstvermarktung und digitaler Selbstinszenierung geworden, die sich in den letzten Jahren immer weiterverbreitet hat.

Ein Porträt kann viele verschiedene Aufgaben erfüllen. Wir sehen solche Bilder ständig, beispielsweise in Reisepässen oder Führerscheinen. Dort dient es der Identifizierung. Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem Informationen gesammelt und verarbeitet werden, um die Identität einer Person zu bestimmen.

Wer sich für Zeichnung, Malerei und im speziellen für die Porträtmalerei interessiert, sollte sich diese Ausstellung ansehen und eintauchen in die Welt des Porträts.

„Porträts sind keine stummen Bilder. Sie sind Spiegel, die Gesichter, Zeiten und Geschichten reflektieren. In einer Ära der pixelgenauen Selbstvermarktung und ständig neu erfundenen Identitäten durch digitale Filter, erinnert uns die Porträtmalerei an die Tiefe im echten Blick. Sie zeigt uns, wie viel mehr als nur das Offensichtliche in einem Blick steckt. Wer einem gemalten Blick begegnet, trifft nicht nur auf die dargestellte Person – sondern auch auf sich selbst. FACE TO FACE ist nicht nur ein Ausstellungstitel. Es ist eine Einladung zum Dialog: zwischen den Jahrhunderten, zwischen Kunst und Betrachter. Es ist ein Gespräch zwischen dem äußeren Bild und dem inneren Erkennen.“

Die Ausstellung ist zu sehen: Residenzgalerie in Salzburg bis 29. September 2025

Face to Face – Österreichische Porträtmalerei des 19. Jahrhunderts

Jaume Plensa verwandelt den Residenzplatz in Poesie – und lässt uns das Menschliche im Menschen spüren

Jaume Plensa, Stiftung Kunst, Bonn/ Foto: © Roberto Ruiz

Jaume Plensas Garten spricht die Sprache der Stille – und lehrt uns das Zuhören in einer Welt, die alles andere ist als still.“

Ein poetischer Essay über die neue Installation „Secret Garden“ von Jaume Plensa in Salzburg, ab 27. Juli 2025

„Secret Garden“ heißt die monumentale Skulptureninstallation von Jaume Plensa. Er ist jener Künstler, der bereits 2010 mit seiner geheimnisvollen „Awilda“ in der Dietrichsruh der Universität Salzburg ein Zeichen setzte. Das Werk ist ein Mädchenkopf aus schichtweisem aufgeschichtetem Marmor. Es ist durchscheinend und fast schwebend.

Jaume Plensa „„Awilda“ in der Dietrichsruh der Universität Salzburg 2010 / Foto: © Christa Linossi 2025

Nun kehrt Plensa in der Festspielzeit zurück – diesmal mit fünf überlebensgroßen Porträts junger Frauen, deren Augen geschlossen sind. Ihre Gesichter – Minna, Wilsis, Rose, Rui Rui und Soribel – stammen aus verschiedenen Kulturen und Lebensrealitäten. Dennoch sind sie verbunden. Sie teilen das Schweigen und die Hoffnung. Außerdem besitzen sie eine tief empfundene innere Würde.

Simulation-1030×656 Private Collection USA Courtesy of The Artist and GRAY Gallery/ Foto von Jaume Plensa am Residenzplatz freigegeben von Stiftung Kunst Bonn

Gemeinsam umringen sie den Residenzbrunnen, in der Anordnung eines pythagoreischen Sterns – Sinnbild für Harmonie, Perfektion und das Maß des Menschen.

Die stille Resonanz der Kunst

„Secret Garden“ ist mehr als eine Skulpturengruppe. Es ist ein Bekenntnis zur Kraft der Kunst in einer Welt, die sich neu erfinden muss. Während die Salzburger Festspiele Musik, Drama und Vision vereinen, antwortet Plensas Werk mit einer stillen Resonanz auf das, was uns verbindet: das Menschliche im Menschen.

Gerade im Zeitalter Künstlicher Intelligenz, in dem Maschinen beginnen, mit uns zu denken, zu sprechen – vielleicht sogar zu fühlen – stellt Plensa die entscheidende Frage: Was macht uns aus?

Seine Kunst erinnert uns daran, dass es keine Nebensache ist, darüber nachzudenken. Sie ist der Kern.

Und vielleicht ist genau das das wahre Geheimnis dieses Gartens: dass wir uns wieder erkennen – in einem Gesicht, das die Augen geschlossen hält, und doch alles sieht.