Ich bin freischaffende Künstlerin, Autorin und Kulturjournalistin. Meine Texte sind keine bloßen Berichte, sondern kleine Szenen, die das aktuelle Kunstgeschehen und die kulturelle Transformation literarisch inszenieren.
Für meine Leserinnen und Leser bleibe ich stets am Puls der Zeit – nicht massenhaft, sondern intensiv. Mein Blog ist ein Kammerspiel der Kultur: ein Ort für Kunstaffine, die Tiefe suchen statt Oberfläche.
Ich verstehe Kunst als „kulturelle Transformation“ – ein fortwährender Prozess des kritischen Weiterdenkens. Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit unterschiedlichsten Kunstrichtungen und sehe im Potenzial der Kunst die Chance, Horizonte zu öffnen und Perspektiven zu verschieben.
„Avatare statt Augen: Die Videoinstallation (Screenshot aus dem Video „BEYOND THE SCREENS“, gezeigt im Rahmen der Ars Electronica 2025. Quelle: @cds_competition) zeigt, wie KI unsere Vorstellung von Nähe und Identität verzerrt. Sie stellt dabei Fragen, die wir noch nicht beantworten können.“ Foto: Christa Linossi 2025
so lautete der Titel der diesjährigen Ars Electronica. Es war ein Festival, das sich der allgegenwärtigen Ungewissheit im Schatten zahlreicher Krisen widmete. Die Veranstaltung zeigte, wie Kunst zur Bewältigung beitragen kann.
Der Startschuss fiel am 3. September 2025, das Festival dauerte bis zum 7. September. Für mich war es wie jedes Jahr ein Pflichttermin. Kaum ist es vorbei, beginnt schon wieder die Vorbereitung für 2026.
Zurück zum heurigen Festival: Die Stadt vibrierte. Nicht nur vor digitaler Energie, sondern auch vor Fragen, die unsere Zukunft formen. Ich war bei der Eröffnung dabei. Und obwohl ich nur einen Bruchteil der Ausstellungen gesehen habe – in der PostCity, im Lentos und an der Kunstuniversität.
Zwei Start-ups haben mich besonders fasziniert:
GODOT, ein japanisches Unternehmen mit Wiener Forschungsbasis, das mit drei KI-Systemen die menschliche Entscheidungsfähigkeit neu denkt.
SHOW ME YOUR FACE, ein Projekt der JKU Linz, das mithilfe von DNA-Daten und KI unsere Gesichter vorhersagen will – oder zumindest die Idee davon. Science oder Fiction? Vielleicht beides. Was mich hier besonders faszinierte: Man bekam eine 3D-Brille aufgesetzt und konnte die Personen in der eigenen Umgebung wahrnehmen. Doch plötzlich erschienen links und rechts davon überdimensionale Roboter- und Avatar-Gesichter – wie aus einer anderen Realität. Es war irritierend und gleichzeitig hypnotisch.
Ein besonders eindrucksvolles Objekt war LIMINAL RING von Jin Lee (KR). Sein begleitender Text: „Der Mensch neigt dazu, alles ersetzen zu wollen, was er nicht direkt kontrollieren kann.“
Foto: Christa Linossi / Installation „LIMINAL RING“ von Jin Lee (KR), Ars Electronica 2025Foto: Christa Linossi / Installation „LIMINAL RING“ von Jin Lee (KR), Ars Electronica 2025
Ein Werk, das mich besonders beeindruckt hat, war LIMINAL RING von Jin Lee (KR). Sein begleitender Text lautete: „Der Mensch neigt dazu, alles ersetzen zu wollen, was er nicht direkt kontrollieren kann.“
LIMINAL RING ist eine Studie über den menschlichen Drang, Chaos zu zähmen. 384 präzise eingestellte Ventilatoren erzeugen ringförmige Luftströme – flüchtige Strukturen, die sich in einem größeren, turbulenten Feld verlieren. Was entsteht, ist ein Wechselspiel aus Ordnung und Auflösung. Ein Versuch, das Unkontrollierbare zu beherrschen – und zugleich ein Beweis für die Grenzen dieses Vorhabens. Die Installation greift Ideen der postindustriellen Kultur auf, in der Technik als ultimatives Werkzeug zur Kontrolle gilt. Doch hier zeigt sich: Kontrolle ist Illusion. Schönheit entsteht im Moment des Scheiterns.
Im Lentos Kunstmuseum Linz, zwischen Lichtreflexen und digitalen Klanglandschaften, stand ich vor einem vier Meter hohen Roboter. Starr, skelettartig, fast sakral. Die Installation „Requiem for an Exit“ von Frode Oldereid und Thomas Kvam war kein technisches Spektakel – sie war ein philosophischer Schock. Der Roboter sprach. Nicht laut, nicht reißerisch. Sondern mit einer Stimme, die sich wie ein liturgischer Monolog durch den Raum zog. Er sprach von Genozid, von kollektiver Erinnerung, von der dunklen DNA der Menschheit. Keine Erlösung. Kein Trost. Nur ein Spiegel, der uns zwingt, hinzusehen. Was mich besonders berührte: Der Roboter wandte sich immer wieder dem Publikum zu – als würde er jeden Einzelnen direkt adressieren. Diese schaurige Botschaft wurde nicht einfach präsentiert, sie wurde überbracht. Und das hyperrealistische Gesicht erzeugte Nähe und Unbehagen zugleich. Es war kein Musikstück, sondern ein akustisches Feld, das den Raum durchdrang. Kritik und Komplizenschaft – ein Werk, das uns mit unserer eigenen Rolle in historischen Zyklen konfrontierte.
Videostill aus „Requiem for an Exit“ von Frode Oldereid & Thomas Kvam – aufgenommen im Lentos Kunstmuseum Linz Foto: Christa Linossi 2025Videostill aus „Requiem for an Exit“ von Frode Oldereid & Thomas Kvam – aufgenommen im Lentos Kunstmuseum Linz Foto: Christa Linossi 2025
Auch die Ars Electronica Campus-Ausstellung – seit Bestehen des Formats eine Kooperation mit der Kunstuniversität Linz – bot wieder eine Plattform. Sie wurde genutzt, um zu erkunden, wie angehende Künstler:innen geprägt werden. Dies geschieht nicht nur durch technologische Entwicklungen, sondern auch durch ihre Lernumgebung. Die Kunstuniversität Linz präsentierte ihr Motto: ALLES.IMMER.OFFEN. Eine überdimensionierte Zunge am Infopoint reagierte auf Passant:innen, während die Soundinstallation mit singenden Schiebetüren am Hauptplatz für akustische Irritationen sorgte.
„Zwischen Holzrahmen und grünen Zeichen: Eine urbane Skulptur, die Sprache in Raum verwandelt – gesehen bei Ars Electronica 2025.“ Foto: Christa Linossi
Ich bin mit mehr Fragen gegangen, als ich gekommen bin – und das ist gut so. Seitdem kreisen die Gedanken wie Satelliten um ein Thema, das größer ist als ich. Was bleibt, ist nicht nur der Nachhall digitaler Klangräume. Es ist auch die Erkenntnis, dass Kunst uns nicht erlöst. Aber sie lehrt uns, genauer hinzusehen.
Alle gezeigten Fotos wurden im Rahmen des Ars Electronica Festivals 2025 aufgenommen. Einige Bilder zeigen Installationen oder Videostills aus urheberrechtlich geschützten Werken. Die Rechte an den gezeigten Inhalten liegen bei den jeweiligen Künstler:innen, Institutionen oder Projektpartner:innen. Die Verwendung erfolgt ausschließlich zu dokumentarischen und journalistischen Zwecken.
Wer in der Schönau am Königssee spazieren geht, sollte nicht nur auf den Weg achten – sondern auch auf die Hecken. Denn dort sitzt er: der stille Späher, der schwarze Beobachter, der Fernrohr-Freak. Beim ersten Mal dachte ich, da sitzt wirklich jemand. Ich wollte schon grüßen – bis ich das Fernrohr sah und merkte: Der beobachtet uns alle, aber sagt kein Wort. Auf einem Holzspalier, das eigentlich Rosen tragen sollte, thront eine etwa meterhohe Tonfigur – männlich, wetterfest, mit Fernrohr vor den Augen. Sein Blick schweift über die Reiteralm – gelegen im Gebiet der Ramsau – vielleicht auch zur Villa auf der Wiese oder zu den Nachbarn beim Grillen.
Was er sucht? Man weiß es nicht. Vielleicht wartet er auf UFOs. Vielleicht auf den Bus. Vielleicht auf Leon – eine lokale Legende, die sich manchmal rarmacht. Aber eines ist sicher: Er tut es mit Hingabe.
Tag für Tag sitzt er da – unbeweglich, unbeeindruckt, unübersehbar. Ein stiller Held der Schönau, der beweist: Auch eine Tonfigur kann neugierig sein. „Die Schönau hat viele Gesichter – und eines davon trägt ein Fernrohr.“
Als Künstlerin bin ich oft auf der Suche nach Ausdrucksformen jenseits der Leinwand. Dieser Blick vom Balkon war einer davon – ein Bild, das keine Farbe braucht, um zu wirken. Manchmal reicht ein Blick vom Balkon, um sich daran zu erinnern, was im Leben wirklich zählt. Täglich beobachte ich das bunte Treiben eines Kindergartens – voller Lachen, Fantasie und kleinen Dramen. Zwischen Schaukel und Sandkasten entfaltet sich eine Welt, die uns Erwachsenen viel zu sagen hätte, wenn wir nur wieder zuhören würden. Dieser Text ist eine Einladung, das Kindsein neu zu entdecken – und vielleicht auch ein Stück davon zurückzuholen.
Ich wohne in einem ruhigen Wohngebiet. Tag für Tag sehe ich einen Kindergarten, der voller Fantasie und kindlicher Energie lebt.
Der große Garten, der den Kindern zur Verfügung steht, ist ein kleines Paradies. Hier wird gelacht, gestritten, getröstet und gemeinsam gespielt. Es gibt Dreiräder, auf denen sie herumtollen, ein hölzernes Pferd, das sie durch imaginäre Wiesenlandschaften trägt, und einen kleinen Hügel, umgeben von Bäumen, der zum Herumtollen einlädt. Mehrere Schaukeln, eine ausrangierte Gondel, Sandkästen und viele weitere Spielmöglichkeiten machen diesen Ort zu einem Abenteuerland.
Täglich dürfen die Kinder hinaus in diesen Garten. Sie leben ihre Fantasie aus, spielen, schreien, lachen – und manchmal auch weinen. Weil sie von der Schaukel gefallen sind, gestolpert sind oder ein anderes Kind sie aus Versehen gestoßen hat. All das gehört dazu. Hier dürfen Kinder noch Kinder sein.
Ich beobachte dieses bunte Treiben mit Freude. Es ist berührend zu sehen, wie sie miteinander umgehen, sich zu kleinen Gemeinschaften zusammenschließen, neugierig auf alles Neue sind und immer wieder auf Entdeckungsreise gehen – selbst wenn sie den Garten schon in- und auswendig kennen. Denn für Kinder gibt es immer etwas Neues zu entdecken.
Doch sobald sie in die Schule kommen, scheint diese Unbeschwertheit zu enden. Der „Ernst des Lebens“ beginnt. Wir Erwachsenen drillen sie auf Muster, auf Leistung, auf System. Warum eigentlich? Um ein System zu erhalten? Um erfolgreich zu sein? Um zu funktionieren wie kleine Roboter?
Warum haben wir unsere eigene Unbeschwertheit verloren? Warum können wir nicht auch mit mehr Leichtigkeit durch unseren Alltag gehen? Müssen wir immer nach Höherem streben – vielleicht, um in unserer materiellen Gesellschaft zu überleben?
Vielleicht sollten wir wieder von den Kindern lernen. Dass man mit wenig viel machen kann. Dass Lachen, Neugier und Fantasie keine Kindheitssymbole sind, sondern Lebenselixiere. Denn wer das Kindsein nicht vergisst, verliert nie ganz den Zugang zur eigenen Lebendigkeit.
Loferer Alm, September 2025 Ein Besuch bei den Hirtenkindern, die zwischen Almwiesen und Adventsklängen ihre Rollen fürs große Festspielhaus finden. Die Gondelfahrt hinauf zum Soder-Kaser war bereits ein Erlebnis für sich: strahlend blauer Himmel, herrlicher Sonnenschein – ein Auftakt, wie er schöner nicht sein könnte. Oben angekommen wartete die Pressekonferenz der „Hirtenkinder“, die heuer ihr 75-jähriges Jubiläum feiern.
Probenarbeit mit Herz und Hingabe: Vier Tage lang verwandelte sich die urige Almhütte mit Matratzenlager in ein lebendiges Probenzentrum. Kinder aus dem Bundesland Salzburg bereiteten sich hier auf das große Salzburger Adventsingen vor, das im November und Dezember 2025 wieder im Großen Festspielhaus über die Bühne gehen wird.
Die Rollen für das kommende Hirtenspiel wurden vergeben, erste Kostüme anprobiert, und die Probenarbeit begann mit spürbarer Energie. Ich war nach sieben Jahren wieder dabei – und diesmal war etwas Besonderes in der Luft. Die Kinder waren aufgeregt, neugierig, voller Freude. Ihre Augen leuchteten, wenn wir Journalist:innen sie befragten oder um ein Foto baten. Es war, als würde die Bühne bereits in ihrem Herzen beginnen.
Mehr als Musik – Gemeinschaft und Tradition: Was hier entsteht, ist weit mehr als musikalische Vorbereitung. Es ist ein Miteinander, ein Wachsen, ein stilles Staunen über die Kraft der Gemeinschaft. Kein Smartphone, kein Fernseher stört die Atmosphäre. Nur Kinderlachen, manchmal auch ein paar Tränen – und Musik, die zum Hauptakteur wird.
Vom 1. bis 4. September reisten 6 Hiatabuam und 11 Hiatamadln im Alter zwischen 7 und 13 Jahren auf die Alm, um Texte und Lieder für ihre Auftritte einzustudieren. Die Proben gehen in Salzburg bis zur Aufführung weiter. Am Abschlusstag präsentierten die 17 Hirtenkinder, was sie gelernt hatten – darunter auch ein „Ausseer Steirer“ mit darauffolgender Schleunige und Pasch.
Inszenierung mit Tiefgang: Die diesjährige Inszenierung stellt den „blinden Hirten“ in den Mittelpunkt. Regisseurin Gerda Gratzer erklärt:
„Der Fokus liegt heuer auf dem blinden Hirten und seinen Begleitern. Diese Gruppe ist von Anfang an dabei. Ich habe schon vorab geschaut, wer von den Kindern diese anspruchsvolle Rolle übernehmen kann.“
Der Schauspieler Edwin Hochmuth übernimmt die Rolle des blinden Hirten – nicht als gebrechlicher Alter, sondern als junger Mann mit innerer Vision.
„Allein mit seinen offenen, leeren Augen und seiner Körperhaltung kann er diese Beeinträchtigung glaubhaft darstellen. Die Verbindung von innen mit außen ist in diesen Szenen schön zu erleben.“
Tradition trifft Bühne – die Kostüme: Kostümbildnerin Brigitte Schiebler setzt auf Loden, Leinen und gewalkte Stoffe. Die Buben tragen Stutzen, feste Schnürschuhe, Hemd, Gilet und Joppe. Die Mädchen erscheinen in Leibrock, Bluse, Joppe, dicker Strumpfhose und festen Schuhen. Die Tracht wurde an die Kulisse des steinigen Dachsteinmassivs angepasst – eine Landschaft, die klimatisch an das biblische Judäa erinnert.
Stimmen der Kinder – ein Blick ins Herz: Interview mit Valentina (10 Jahre, Abersee): „Ich bin das erste Mal dabei und es ist richtig guat! Mein Kostüm gefällt mir sehr, ich fühl mich wohl. Ich spiele seit drei Jahren Geige und freu mich riesig auf den Auftritt im Großen Festspielhaus.“
Interview mit Valentin (9 Jahre, Salzburg): „Ich spiele seit zweieinhalb Jahren Trompete, Unterricht habe ich seit eineinhalb Jahren. Die Alm ist super, auch wenn ich am ersten Tag ein bisserl Heimweh hatte. Jetzt fühl ich mich richtig wohl. Ich bin schon zum zweiten Mal dabei und freu mich sehr auf den Auftritt.“
„Es ist schön, wenn man selbst den Zeitpunkt bestimmen kann. Nach 27 Jahren bin ich dankbar für diese Zeit. 2026 feiern wir das 80-jährige Jubiläum und die 1.000. Aufführung im Großen Festspielhaus. Ab 2027 wird das Adventsingen in die Felsenreitschule übersiedeln.“
Mein persönlicher Eindruck: Diese Pressekonferenz war ein großartiges Erlebnis. Der Blick auf die Kinder, ihre Musikstücke, ihr Leuchten – all das zeigte: Hier brennt Herzblut. Viele Kinder sind bereits erfahrene Bühnenakteure, für einige wird es der erste große Auftritt. Das heurige Adventsingen ist eine Hommage: an den Dachstein, an unsere ländliche Kultur, an die Schönheit der Landschaft.
Und als stille Erinnerung wird auch Bodo Hell, der vor einem Jahr im Dachsteingebiet verschwand und jahrzehntelang als Senner auf der Grafenbergalm wirkte, in die Inszenierung eingebaut – ein Schriftsteller, ein Senner, ein Teil dieser Geschichte.
Ein letzter Blick auf die Hirtenkinder – zwischen Almwiesen und Adventsklängen, wo Musik zur Erinnerung wird und gelebte Tradition weit über die Bühne hinausstrahlt.
Und während die Kinder schweigend Abschied nehmen, bleibt ihr Lachen im Wind, ihr Klang in den Bergen – wie ein Echo der Zeit, das weiterlebt.
Die Probenarbeiten auf der Loferer Alm fanden im Rahmen der Vorbereitung für das Salzburger Adventsingen 2025 im Großen Festspielhaus statt. Eine eigene Pressekonferenz zur Veranstaltung folgt in Kürze.
Ein Blick hinter die Kulissen der Osterfestspiele Salzburg 2026
Gestern bei der Pressekonferenz zu den Osterfestspielen 2026 – ich habe zugehört, mitgeschrieben und für euch die spannendsten Aussagen und Hintergründe zusammengetragen
Ein neues Kapitel beginnt Die Osterfestspiele Salzburg schlagen 2026 ein neues Kapitel auf: Die Berliner Philharmoniker kehren an die Salzach zurück. 1967 wurden sie von Herbert von Karajan für die Osterfestspiele ins Leben gerufen. Damals wählte Karajan die Tetralogie als erstes Opernwerk und inszenierte den ersten „Ring“ der Festspielgeschichte persönlich. Anstelle der „Walküre“, mit der das Festival 1967 begann, startet der neue „Ring“ 2026 gemäß der Chronologie des Werkzyklus mit „Das Rheingold“.
Wagner und Petrenko – eine vertraute Verbindung Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen – Das Rheingold“ ist für Dirigent Kirill Petrenko kein Neuland. Seine erste Tetralogie dirigierte er von 2001 bis 2004 am Theater Meiningen, gefolgt von der legendären Castorf-Inszenierung bei den Bayreuther Festspielen 2013–2015.
(Was bedeutet Tetralogie? Der Begriff stammt aus der Antike und bezeichnet eine Vierergruppe inhaltlich zusammenhängender Werke, insbesondere Theaterstücke.)
Statement von Kirill Petrenko„Für mich ist diese Rückkehr in vielerlei Hinsicht etwas ganz Besonderes – fast wie eine Heimkehr. Österreich war über viele Jahre hinweg ein zentraler Ort meines künstlerischen Werdegangs, angefangen in Bregenz, später an der Staatsoper. Dass die Berliner Philharmoniker nun wieder hierherkommen, erfüllt mich mit großem Stolz. Es ist nicht nur eine künstlerische Zusammenarbeit, sondern auch eine emotionale Verbindung, die über Jahre gewachsen ist. Der ‚Ring des Nibelungen‘ wird hier aufgeführt. Ich und das Orchester sind mit diesem Werk tief vertraut. Doch ich wünsche mir, dass wir über das Gewohnte hinausgehen. Wir sollen Mut zeigen. Wir müssen musikalisch neue Wege beschreiten, etwa mit weniger bekannten Komponisten wie Schönberg. Unser Anspruch ist es, das Publikum nicht nur zu begeistern, sondern auch herauszufordern. Salzburg bietet dafür den perfekten Rahmen. Diese Rückkehr ist für mich persönlich ein Höhepunkt – ein solitäres Ereignis in meiner Laufbahn. Es ist schön, wieder hier zu sein. Das Ambiente der Felsenreitschule, die Inszenierung von Kirill Serebrennikov, unsere Sängerbesetzung – all das verspricht eine inspirierende Kombination zu werden.“https://www.berliner-philharmoniker.de/ueber-uns/kirill-petrenko/
Programmhighlights & Künstlerische Vision In den ersten fünf Jahren werden zwei Werke aus Wagners Tetralogie sowie Arnold Schönbergs einzige Oper „Moses und Aron“ neu inszeniert. Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov übernimmt die Regie des neuen „Rings“, Christian Gerhaher gibt sein Rollendebüt. Kirill Petrenko dirigiert Gustav Mahlers monumentale 8. Symphonie. Weitere Konzerte gestalten u.a. Janine Jansen (Violine), Daniel Harding und Tugan Sokhiev.
KirillSerebrennikovbeschreibt seine Herangehensweise als persönliche, fast obsessive Suche nach Ausdruck und Bedeutung. Drei Begriffe prägen seine Vision: Schock, Geist und Gefühl. Er sieht den „Ring“ als globales Projekt, das kulturelle Unterschiede sichtbar macht und universelle Themen wie Macht, Identität und Transformation neu beleuchtet. Die Sängerbesetzung folgt seiner Idee: eine junge Generation internationaler Wagner-Interpret:innen.
Vielfalt & PartnerschaftenAndrea Zietzschmann, Intendantin der Stiftung Berliner Philharmoniker, betont die künstlerische Tiefe des Programms. Neben Wagner und Schönberg dirigiert Daniel Harding zwei Konzerte, darunter Haydns „Schöpfung“ – ein Schlüsselwerk der Musikgeschichte. Die Berliner Philharmoniker feiern Hardings 50. Geburtstag und würdigen seine langjährige Zusammenarbeit mit dem Ensemble.
Ein besonderes Anliegen ist die Einbindung von Laienmusiker:innen in ein partizipatives Orchesterprojekt, das den Dialog zwischen Publikum und Künstler:innen fördert.
Internationale Perspektiven Die Osterfestspiele 2026 stehen für Aufbruch und Kontraste: Wagners monumentaler „Ring“ trifft auf Schönbergs radikale Klangsprache. Serebrennikovs Inszenierung verspricht eine globale Lesart – vielschichtig, provokant und poetisch.
Künstlerische Partnerschaften Die Berliner Philharmoniker bringen musikalische Exzellenz und langjährige Wegbegleiter:innen mit:
Daniel Harding dirigiert Haydns „Schöpfung“
Tugan Sokhiev und Janine Jansen gestalten das Orchesterkonzert mit Werken von Brahms, Bruch und Berlioz
Diese Künstler:innen stehen für eine Generation, die das Festival prägen wird. Nachwuchsprojekte und Laienbeteiligung zeigen: Die Osterfestspiele öffnen sich – ohne ihre Tiefe zu verlieren.
Kultur für alle – mit der Volkswagen Group In Kooperation mit der Volkswagen Group entsteht ein neues Konzertformat, das die Stadt durch Auftritte an öffentlichen Plätzen und sozialen Einrichtungen bereichert. Diese Veranstaltungen sind kostenfrei und tragen Kunst und Kultur mitten in die Gesellschaft.
Education-Programm: Be Phil Orchestra Ein Herzensprojekt der Berliner Philharmoniker. Es lädt 100 Hobbymusiker:innen aus Österreich und den Nachbarländern ein. Sie können sich für das „Be Phil Orchestra Salzburg Easter Festival 2026“ bewerben. Dirigent: Tugan Sokhiev Probenstart: 29. März 2026 Abschlusskonzert: 2. April 2026 im Großen Festspielhaus
Bewerbung per Video über die Website der Berliner Philharmoniker. Weitere Infos: Be Phil Orchestra
Die Osterfestspiele 2026 versprechen nicht nur große Musik, sondern auch große Gedanken!
Ars Electronica Festival 20252025 – Das Beste des Festivals Beyond the Screens, City Digital Skin Art Festival (CDSA) / China Academy of Art Hangzhou (CN), Bauhaus-Universität Weimar (DE), Nanyang Technological University Singapore (SG)
Linz wird wieder zum globalen Resonanzraum für Kunst, Technologie und Gesellschaft. Vom 3. bis 7. September 2025 lädt Ars Electronica ein. Sie stellt die großen Fragen unserer Zeit nicht nur, sondern lädt dazu ein, sie künstlerisch zu durchleben: Wie gehen wir mit Krisen um? Was bedeutet Hoffnung im Zeitalter der KI? Und was passiert, wenn die POSTCITY zum letzten Mal ihre Tore öffnet?
Der Countdown läuft! Der Sommer verabschiedet sich langsam. Der Herbst steht bereits in den Startlöchern. Wie jedes Jahr beginnt der September mit einem Höhepunkt: dem ARS ELECTRONICA Festival. Linz beginnt zu leuchten – als Epizentrum für Kunst, Technologie und gesellschaftliche Visionen!
Die Ideenschmiede der Zukunft
Das Festival bringt kreative Köpfe aus aller Welt zusammen. Visionär:innen, Forscher:innen, Künstler:innen – sie alle präsentieren, was sie bewegt und was sie bewegt haben. Der diesjährige Titel lautet: PANIC yes/no!
Ein Thema, das aktueller nicht sein könnte: Die Ungewissheit im Schatten globaler Krisen. Doch was kann die Kunst zur Bewältigung beitragen?
Ich bin gespannt auf die neuen Errungenschaften, auf die digitalen Visionen, auf das, was Zukunftsdenker:innen bereits mit Künstlicher Intelligenz gestalten. In Ausstellungen, Performances, Konferenzen und Workshops greifen Kunst und Wissenschaft ineinander – ein Festivalprogramm, das umfassender kaum sein könnte.
Letzter Akt in der POSTCITY
2025 wird die POSTCITY zum letzten Mal zentraler Schauplatz des Festivals sein. Ab 2026 kehrt Ars Electronica zurück in die Linzer Innenstadt – ein Abschied mit Symbolkraft.
KRISEN ÜBERALL – UND MITTENDRIN: DIE KUNST
Ronald Reagan sagte einst: „Status quo“ – auf Deutsch: „Das Chaos, in dem wir stecken.“ Und dieses „Status quo“ trifft 2025 ins Mark:
Die politische Weltordnung ist ins Wanken geraten.
Trumps Rückkehr auf die Bühne hat globale Dynamiken verändert.
Der Konsens in Wirtschaft und Sicherheit scheint zu bröckeln.
Die rasante Entwicklung der KI stellt Fragen an Arbeit, Bildung und Ethik.
Und das Klima? Es kippt. Es fordert Leben, zerstört Existenzen, befeuert Konflikte und Migration.
Ungewissheit. Angst. PANIC.
Wie gehen wir mit dem Unbekannten um? Wie überwinden wir die Angst vor dem, was wir nicht kontrollieren können?
Ars Electronica 2025 plädiert dafür, von der Kunst zu lernen. Sie zeigt uns: Ungewissheit ist nicht nur Bedrohung – sie birgt Hoffnung. Denn sie bedeutet, dass unsere Zukunft noch nicht geschrieben ist. Dass alles möglich bleibt. Selbst wenn es genügend Gründe gäbe, in Panik zu verfallen.
FESTIVAL-HIGHLIGHTS
Ich werde bei der Eröffnung dieses Großereignisses dabei sein und für euch berichten:
Mittwoch, 3. September 2025, 19:30 UhrOrt: Mariendom Linz Mit inklusivem Chor, KI-Walzersymphonie und einer feierlichen Inszenierung des Mottos PANIC yes/no!
Linzer Klangwolke 2025 – „Urban Pulse“
Samstag, 6. September 2025, 20:30 UhrOrt: Donaupark Linz Eintritt frei Ein audiovisuelles Spektakel, präsentiert von Sparkasse OÖ & LINZ AG – ein urbaner Herzschlag, der die Stadt vibrieren lässt.
Gedanken zum Festival – was bedeutet PANIC yes/no für Sie? Lasst uns gemeinsam herausfinden, wie Kunst helfen kann, mit der Ungewissheit unserer Zeit umzugehen.
Manchmal braucht es keinen Plan, keine Route, keine Absicht – nur ein paar Schritte durch die Stadt. Salzburg zeigt sich dabei von seiner besten Seite: zwischen Literaturaktionen, Kunstabbau, Festspieltrubel und rotem Teppich entfaltet sich ein ganz eigenes Schauspiel. Ich war mittendrin – als stille Beobachterin, als Zaungast, als jemand, der einfach nur schlendern wollte. Und dabei mehr gesehen hat, als man auf den ersten Blick vermuten würde.
Kein Berg, keine Landschaft – heute hatte ich einfach Lust auf ein Schlendern. Und zwar mitten durch die Stadt Salzburg.
Vom Parkplatz in Nonntal aus ging ich Richtung Innenstadt. Am Residenzplatz angekommen, begegneten mir bereits zahlreiche Menschen: Touristen, Einheimische – es war lebendig, fast trubelig.
Am Mozartplatz machten es sich viele gemütlich: in Sitzsäcken, Liegestühlen, auf Bänken. Was war los? „Salzburg liest“ – ein charmantes Event, bei dem Bücherregale aufgestellt werden und Literatur zum Schmökern einlädt.
Mozart hatte alles im Blick. Es war ein buntes Treiben: Die einen relaxten, die anderen vertieft in Bücher oder stöberten neugierig durch die Regale.
Mich zog es weiter zum Residenzplatz. Auch hier: Menschen, Absperrungen, gezückte Handys. Was gab es zu sehen? Die monumentalen Skulpturen von Jaume Plensa wurden Stück für Stück abgebaut.
Die fünf gigantischen Frauenköpfe verlassen Salzburg. „Secret Garden“ ist Geschichte. Einen Monat lang waren die Werke des katalanischen Künstlers zu sehen – nun gehen sie zurück nach Spanien und weiter nach Mexiko. Ein Kunsthändler hat sie für rund 185 Millionen Euro erworben.
Mozart hat nun wieder freie Sicht auf den Residenzplatz – keine Skulpturen mehr, die ihm den Blick verstellen.
„Secret Garden“ wurde zum Publikumsliebling. Die Podeste blieben sauber, die Besucher achteten auf die Kunst. Die Skulpturen verliehen dem Platz eine besondere Atmosphäre – schade, dass sie gehen mussten.
Ein Stück weiter, kurz vor der Residenz: erneut eine Menschenschlange. Es war die vorletzte Aufführung des Jedermann. Zaungäste hofften, einen Promi zu erspähen.
Ich gesellte mich dazu, lauschte Gesprächen. Eine ältere Dame erzählte einer jüngeren, sie habe heuer eine Karte ergattert – zweite Reihe, € 200. Die Jüngere staunte: „Nicht mehr? Ich dachte, die kosten über € 500!“
Die ältere Dame meinte, man müsse sich zwei Jahre im Voraus Karten sichern – was natürlich übertrieben war. Aber die Szene war köstlich: Halbwissen und Begeisterung schaukelten sich gegenseitig hoch. Ein Theater vor dem Theater. Ich stand daneben und musste schmunzeln.
Dann marschierte die Tischgesellschaft am Seitenausgang vorbei, die Festspielpräsidentin begrüßte mich herzlich. Manch ein Zaungast war irritiert: Wer ist diese Frau, dass sie so begrüßt wird?
Im Hintergrund: die amfAR-Gala. Vor der Alten Residenz wurde der rote Teppich ausgerollt. Glamour in Salzburg – fast eine halbe Million Euro wurde für die AIDS-Forschung gespendet.
Ich aber blieb Zaungast. Keine Onlinejournalistin heute. Nur stille Beobachterin.
Mit all diesen Eindrücken schlenderte ich zurück zu meinem Auto. Im Kopf bereits die Idee: Ich werde über diesen Spaziergang schreiben.
Probieren Sie es auch einmal aus – einfach durch die Stadt schlendern, innehalten, beobachten. Es ist erstaunlich, wie viele kleine Details man entdecken kann.
Ich liebe es, zu schlendern. Meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.
Matthew David Burke, geboren 1972 in Sydney, Australien, ist Leadsänger, Songwriter und Gitarrist. Er studierte Informatik und Mathematik – doch mit einem Around-the-World-Ticket und seiner Gitarre im Gepäck zog es ihn hinaus in die Welt.
Seine Lebensreise ist geprägt von Höhen und Tiefen: Matt lebt mit der Diagnose Bipolare Störung. Seine Songs erzählen von dieser inneren Achterbahn, vom Reisen, Verlieren und Wiederfinden. Sie laden nicht nur zum Zuhören, sondern auch zum Nachdenken ein.
Seit zwei Jahrzehnten lebt er in Österreich. Aus seiner persönlichen Geschichte heraus setzt er sich mit Herzblut für die Enttabuisierung psychischer Erkrankungen ein. Er tut dies als Musiker. Er ist auch Mitbegründer des Salzburger „Peer Center“. Zudem möchte er anderen Mut machen, ihren eigenen Weg zu gehen.
Seine Musik kennt keine Grenzen – sie berührt Menschen in Salzburg ebenso wie in Sydney, wo der Umgang mit mentaler Gesundheit oft offener ist als in Europa.
Matt, du lebst seit über 20 Jahren in Österreich und engagierst dich intensiv für psychische Gesundheit. Du selbst hast Erfahrungen mit einer bipolaren Störung gemacht – wie hat dich das persönlich und musikalisch geprägt?
Matt: Matt—Baseline— steht für Klang mit Haltung – für Mut, Heilung und Wahrhaftigkeit.
Linossiartstory:
Was hat dich dazu bewegt, eine Band zu gründen, die sich für psychische Gesundheit einsetzt? Gab es einen entscheidenden Schlüsselmoment?
Matt: Das war ein Prozess über viele Jahre. Ein Schlüsselmoment war, als mir Prof. Aichhorn, Primarius, die Möglichkeit gab, mit meiner Band dorthin zurückzukehren, wo ich selbst Heilung erfahren hatte – in die Christian-Doppler-Klinik Salzburg. Nicht als Patient, sondern als Musiker. Dieser Auftritt hat alles verändert: Aus Musik wurde Mission.
Dabei wurde ich auch von anderen Musikerinnen mit Fokus auf Mental Health inspiriert und unterstützt. Der Austausch mit Künstlerinnen, die ähnliche Wege gehen, hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, gemeinsam Tabus zu brechen und Hoffnung zu schenken.
Linossiartstory:
Welcher persönliche Bezug zur seelischen Belastung hat dich dazu gebracht, für psychisch Erkrankte zu spielen – und dich über Musik für das Thema stark zu machen?
Matt: Ich habe in Kliniken auf beiden Seiten gestanden – als Patient und als Musiker. Und ich weiß, wie tief der Wunsch ist, gesehen zu werden – nicht als Diagnose, sondern als Mensch. Musik ist für mich eine Brücke. Wenn ich spiele, geht es nicht darum, zu heilen, sondern da zu sein. Echt. Und das hat Kraft.
Linossiartstory:
2012 hast du begonnen, regelmäßig „unplugged“ Solo-Auftritte in der psychiatrischen Christian-Doppler-Klinik in Salzburg zu geben. Wie kam es dazu? Was hat dich damals motiviert?
Matt: Die Idee kam aus einem tiefen inneren Drang. Musik sollte nicht nur als Ausdruck dienen, sondern als echte Verbindung für Menschen mit ähnlichen inneren Kämpfen. Hoffnung schenken, einfach durch ehrliches, verletzliches Dasein mit Musik.
Damals tourte ich durch Österreich und Bayern, trat auch in einigen Kliniken in Australien auf. Rückblickend war meine Haltung noch nicht in Balance, ich war innerlich nicht wirklich bereit. Es war, als wäre das Projekt ein paar Schritte weiter als ich selbst war.
Ich trat in einem psychiatrischen Krankenhaus auf – und war am nächsten Tag selbst Patient dort. Das war ein klarer Bruch, ein Moment der Wahrheit. Ein langer Weg zurück in die Harmonie begann.
Der Neustart 2022 kam zur richtigen Zeit. Ich hatte mich selbst besser kennengelernt und mein Umfeld stabilisiert. Nun durfte ich gemeinsam mit wundervollen, liebevollen Musiker*innen auftreten. Dieses Miteinander ist ein Geschenk. Und gibt dem Projekt eine Kraft, die damals gefehlt hat.
Linossiartstory:
Was hat dich schließlich dazu bewegt, aus deinen Solo-Auftritten heraus eine Band zu formen? Was war dabei ausschlaggebend?
Matt: Es ging nicht mehr nur um mich – es ging darum, etwas Größeres gemeinsam entstehen zu lassen. Die Band bringt eine neue Energie, eine neue Art von Verbindung. Wir unterstützen uns gegenseitig – musikalisch, aber auch menschlich. Ich habe erlebt, wie wichtig ein tragfähiges Netzwerk ist. Gemeinsam auf der Bühne zu stehen, ist ein starkes Zeichen: Wir sind viele, und niemand muss seinen Weg allein gehen.
Linossiartstory:
Musik kann ein Ventil sein für Schmerz, Angst oder Einsamkeit. Hast du Beispiele aus deinen Liedern, die genau das aufgreifen?
Matt: Ja, viele meiner Songs sind genau daraus entstanden. „Surrender“ beschreibt den Moment, in dem man aufhört zu kämpfen – nicht aus Resignation, sondern um Frieden mit sich selbst zu schließen. Es geht darum, tief durchzuatmen und loszulassen, was man nicht kontrollieren kann. Oft zeigen sich gerade in dieser neuen Ruhe – getragen von Vertrauen ins Leben und ins Universum – ganz von selbst die nächsten Schritte. Lösungen, die man im inneren Sturm nie gesehen hätte, treten plötzlich klar hervor.
„Mud Swim“ beschreibt das Gefühl, wie durch zähen Schlamm zu schwimmen – jeder Zug mühsam, jeder Atemzug schwer. Doch im Kampf gegen das Feststecken liegt eine stille Kraft: der Wille, nicht aufzugeben. Es ist ein Schwimmen durch Widerstand, das langsam, aber sicher zurück ins Licht führt.
Linossiartstory:
Wie sorgt ihr als Band für euer eigenes mentales Wohlbefinden? Gibt es Rituale oder Pausen, die euch helfen, in Balance zu bleiben?
Matt: Wir nehmen uns bewusst Zeit zum Reden. Nicht nur über Musik, sondern über das Leben. Vor jedem Auftritt checken wir nicht nur den Sound – sondern auch, wie es jedem geht. Und: Niemand muss performen, wenn er oder sie gerade nicht kann. Das ist unsere Basis – Respekt und Selbstfürsorge.
Unser gemeinsamer Backstage-Gruppen-Hug ist jedes Mal ein Highlight. Er stärkt das Vertrauen in das, was wir hier tun, und fokussiert uns darauf, unseren gemeinsamen Zweck zu teilen – unsere physische und emotionale Verbindung zueinander und zur Musik.
Linossiartstory:
Gab es Begegnungen mit Zuhörer*innen, die euch erzählt haben, wie sehr eure Musik ihnen geholfen hat?
Matt: Ja, viele. Manche schreiben, andere kommen nach dem Konzert. Besonders bewegt hat mich einmal eine einfache Beobachtung. Eine junge Frau war sichtbar schwer depressiv in der Christian-Doppler-Klinik. Sie lag zu Beginn unseres Sets zusammengerollt und schlief. Doch mit der Zeit wachte sie langsam auf – und beim letzten Song tippte sie mit dem Finger im Takt. Es war nur eine kleine Geste, aber sie hatte eine unglaubliche Kraft. Solche Momente sind größer als jede Bühne.
Linossiartstory:
Was wünschst du dir im gesellschaftlichen und musikalischen Umgang mit psychischer Gesundheit? Wo siehst du Veränderungspotenzial?
Matt: Mehr Mut zur Ehrlichkeit – auch bei Künstler*innen. Nicht jeder muss seine Seele auf der Bühne ausbreiten, aber weniger Versteckspiel würde helfen. Und: Mental Health darf nicht länger ein Nischenthema sein. In jeder Branche, in jedem Genre muss klar sein – das betrifft uns alle.
Linossiartstory:
Gibt es Tabus, die ihr mit eurer Musik bewusst brechen wollt?
Matt: Ja. Wir wollen zeigen: Auch wer stationär war, wer Diagnosepapiere trägt, kann kraftvoll leben, lieben, schaffen. Auch das Schweigen über Suizidalität brechen wir bewusst. Unsere Musik ist roh, ehrlich und manchmal unbequem – genau das braucht es.
Und wir feiern etwas, das lange als Schwäche galt: sich Hilfe zu holen. Hilfe zu suchen ist kein Scheitern – es ist ein mutiger, selbstbestimmter Schritt. Diese Haltung wollen wir mit jeder Note mittragen.
Linossiartstory:
Wenn eure Musik ein Licht wäre – wo sollte es deiner Meinung nach als Erstes hinscheinen?
Matt: In die Zimmer, wo Menschen gerade glauben, dass sie zu viel sind. Zu gebrochen. Zu laut. Zu traurig. Unser Licht ist für sie. Für alle, die kämpfen – oft leise.
Der größte Schmerz ist oft der Zweifel am eigenen Wert. Wenn unsere Musik da ein kleines Licht sein kann, dann schafft sie das vielleicht, indem sie spürbar macht, was schon immer in einem war. Auch wenn es gerade verschwommen erscheint. Manchmal braucht es nur einen Moment, einen Klang, der daran erinnert.
Linossiartstory:
Was bedeutet „Baseline“ für dich?
Matt: „Baseline“ ist für mich viel mehr als nur ein musikalischer Begriff. Es ist ein Prinzip, das mir hilft, mit Bipolarität zu leben. In den Höhen und Tiefen erinnere ich mich immer wieder daran, dass mein Ziel der Baseline-Zustand ist – ein inneres Gleichgewicht, wo ich klar denken, kreativ sein und authentisch handeln kann. Wenn ich zu hoch oder zu tief rutsche, mache ich einen konkreten Plan, um wieder zur Baseline zurückzukommen. Es ist wie mein innerer Kompass – und der Name erinnert mich daran, dass Musik und Stabilität Hand in Hand gehen können.
Linossiartstory:
Was ist ROCK for Mental Health?
Matt: ROCK for Mental Health ist eine neue Konzertreihe, bei der Musik und gelebte Erfahrung mit psychischen Herausforderungen zusammenkommen. Wir bringen echte Geschichten auf die Bühne – laut, ehrlich und mit bewegender Stimme. “Music that Inspires, Heals and Connects.”
Das Ziel ist, Hoffnung zu geben, das Schweigen zu brechen und eine Gemeinschaft zu schaffen – für alle, die selbst kämpfen oder jemanden kennen, der es tut. Mental Health steht im Mittelpunkt – offen, mutig und menschlich.
Linossiartstory:
Wann und wo werdet ihr auftreten?
Matt: Los geht’s am 24. Oktober 2025 mit dem Launch-Konzert im MARK Salzburg – gemeinsam mit moving voices und —Matt—Baseline—. Das ist der Auftakt zu einem jährlichen Konzert in Salzburg – einer wachsenden Bewegung, die zeigt, wie viel Kraft in Musik und Ehrlichkeit steckt.
Matt, ich danke dir von Herzen für dieses ehrliche und tiefgründige Gespräch. Ich wünsche dir weiterhin Mut und Leuchtkraft – und dass deine Musik viele Seelen berührt, Hoffnung schenkt und Menschen daran erinnert, dass sie nicht allein sind.
Was bedeutet „bipolare Störung“? Menschen mit bipolarer Störung erleben extreme Stimmungsschwankungen – von tiefer Depression bis zu übersteigerter Euphorie. Diese Phasen beeinflussen Denken, Fühlen und Verhalten und sind für Außenstehende oft schwer zu verstehen. Matt spricht offen darüber – und genau solche Einblicke helfen, mehr Verständnis zu schaffen.
Zwei Ausstellungen, zwei künstlerische Stimmen – und ein gemeinsamer Aufschrei gegen die Oberflächlichkeit unserer Zeit. Im Salzburger Kunstverein treffen digitale Ekstase und politischer Widerstand aufeinander. Esben Weile Kjær und Laila Shawa präsentieren Werke. Diese Werke wollen nicht nur gesehen werden, sondern auch gespürt werden. Ein Besuch, der nachhallt.
Farbenrausch und digitale Dekadenz – Esben Weile Kjær im Salzburger Kunstverein
Beim Betreten des Ausstellungsraumes trifft es einen mit voller Wucht. Ein Farbenrausch aus bunten Teppichfliesen lenkt den Blick auf den Boden. Sie ziehen nicht nur durch ihre Farbigkeit, sondern auch durch die darauf abgebildeten Motive an.
Der Raum wirkt wie ein Befreiungsschlag – offen, grell, fast provokativ. Die spärlich platzierten Skulpturen sprechen eine eigene, eindringliche Sprache. Zwei übergroße, von der Decke pendelnde Skulpturen erinnern an Totenköpfe in Schwarz und Blau. Leben und Tod? Warnung oder Inszenierung?
Weile Kjær schafft ein visuell überwältigendes Szenario, das sich mit Ästhetiken der Selbstoptimierung, Hyper-Sichtbarkeit und dem Spektakel des zeitgenössischen Lebens auseinandersetzt. Rokoko-Dekadenz kollidiert mit digitaler Reizüberflutung – eine unheimliche Landschaft entsteht, in der der Körper zur Ware und zum Avatar wird.
Der Künstler stellt sich der neoliberalen Gegenwart, in der das kommerzialisierte Selbst endlos optimiert, spektakulär inszeniert und konsumierbar gemacht wird.
Zur Person: Esben Weile Kjær (*1992, Kopenhagen) arbeitet mit Skulptur, Video und Performance. Seine Werke greifen die Geschichte der Popkultur und Popmusik auf, um Themen wie Nostalgie, Authentizität und generationenbedingte Ängste zu untersuchen. Er beleuchtet die heutige Ereignisökonomie mit einer aufmerksamen, unkonventionellen Bildsprache. Dabei verwendet er die Ästhetik der Unterhaltungsindustrie und ihre Marketingstrategien.
Kuratiert von Mirela Baciak
Islamo-Pop und Widerstand – Laila Shawa im Studio des Salzburger Kunstvereins
Im kleineren Studio begegnet man den Arbeiten von Laila Shawa – vielschichtige Kapseln, geografisch weitreichend und stilistisch hybrid. Ihre unverwechselbare Bildsprache, oft als „Islamo-Pop“ bezeichnet, vereint islamische Ornamentik. Sie kombiniert byzantinische Kalligrafie und westliche Pop-Art. Dies führt zu einer kritischen Reflexion globaler Machtverhältnisse.
Ihr bevorzugtes Medium, die Druckgrafik, war für sie nicht nur ästhetisches Ausdrucksmittel. Es war auch eine Kommunikationsstrategie. Wiederholung, Reproduktion und öffentliche Sichtbarkeit wurden zu Werkzeugen des sozialen Engagements.
In der Ausstellung sind Skulpturen weiblicher Körper zu sehen – mit Ledermieder und beidseitig befestigten Sprengkörpern. Das Mieder selbst erinnert ebenfalls an eine Bombe. Was will die Künstlerin damit sagen? Gewalt gegen Frauen? Oder müssen sich Frauen selbst „in die Luft sprengen“, um wahrgenommen zu werden?
Es ist ein Aufschrei – ein Aufruf gegen die Brutalität, mit der Frauen weltweit konfrontiert sind. Frauen, die Leben gebären. Frauen, die in vielen Gesellschaften noch immer in der letzten Reihe stehen.
Angesichts der eskalierenden Gewalt seit dem 7. Oktober 2023 erleben wir einen Zustand gesellschaftlicher und emotionaler Überforderung. Der öffentliche Diskurs ist polarisiert, schmerzhaft und von einem Mangel an Verständnis geprägt.
Die Ausstellung SCHOOL OF SEEING bietet eine retrospektive Auseinandersetzung mit dem Werk von Laila Shawa (1940–2022). Sie war eine Künstlerin, die aus palästinensischer Perspektive sprach. Jedoch ist sie vor der aktuellen Eskalation verstorben.
Zur Person: Laila Shawa (*1940, Gaza – †2022, London) erhielt ihre erste Ausbildung am Leonardo-da-Vinci-Kunstinstitut in Kairo (1957–1958), studierte bis 1964 an der Akademie der Bildenden Künste in Rom und verbrachte die Sommer an Oskar-Kokoschkas-SCHULE DES SEHENS in Salzburg. Nach ihrem Studium kehrte sie nach Gaza zurück, um für das UN-Hilfswerk Kunstunterricht in Flüchtlingslagern zu geben. Mit Ausbruch des libanesischen Bürgerkriegs siedelte sie nach London über, verbrachte jedoch weiterhin viel Zeit in Gaza. Bis zu ihrem Tod war sie in London künstlerisch aktiv.
Kuratiert von Jakub Gawkowski
Empfehlung
Ich empfehle Ihnen, diese Ausstellung zu besuchen. Sie regt zum Nachdenken an – über Kunst, Körper, Identität und die politische Gegenwart.
Ein Ort der Stille, der Kraft und der Kontemplation: Die Einsiedelei am Palfen thront seit dem 17. Jahrhundert auf einem Felsen oberhalb des Schlosses Lichtenberg. Als eine der letzten bewohnten Eremitagen Europas gilt sie als Rastplatz der Seele – mit Blick über das Saalfeldner Becken und einer spürbaren Energie, die viele berührt.
Seit 2024 ist dieser spirituelle Ort Teil des Jazzfestival Saalfelden. Am 22. August 2025 wurde die Kanzel im Felsen erneut zur Bühne für ein außergewöhnliches Konzert: Die britische Trompeterin Laura Jurd und der amerikanische Saxofonist Jon Irabagon spielten ein improvisiertes Intermezzo, das sich nahtlos in die Atmosphäre der Einsiedelei einfügte.
„Da die Tür zur Eremitage offenstand, warf ich einen Blick in den Wohnbereich des Einsiedlers. Eine schlichte Behausung, in Felsen geschlagen, die Wände weiß getüncht. Gleich beim Eingang hängen die Porträts der Männer, die hier lebten – zwei von ihnen waren über 25 Jahre Einsiedler.“
Laura Jurd (*1990, UK) verbindet Jazz mit Folk und klassischer Musik. Bekannt durch ihr Quartett Dinosaur, wurde sie mehrfach ausgezeichnet und komponierte u.a. für das BBC Concert Orchestra.
Jon Irabagon (*1979, USA) ist ein genreübergreifender Saxofonist mit philippinischen Wurzeln. Gewinner des Thelonious Monk Wettbewerbs, bekannt für seine virtuose Improvisation und kreative Vielseitigkeit.
Die Musik hallte zwischen den Felswänden, getragen von der Kanzel tief im Berg. Oberhalb lauschten die steinernen Heiligen mit Christus dem Konzert – eine Szenerie, surreal und berührend. Wanderer und Jazzliebhaber hatten sich auf den Weg gemacht, um diesen besonderen Moment zu erleben. Die Stimmung war still, konzentriert, fast meditativ.
Die drei Nischen der Einsiedelei – mit Kreuz, Grabnische und Kapelle – erzählen von christlicher Ikonografie. Doch der Eremitengedanke reicht weit über religiöse Grenzen hinaus. Bereits 1560 wurde hier ein Bildnis des Heiligen Georg verehrt. Der Franziskaner Thomas Pichler erhielt 1664 die Erlaubnis, sich hier als Einsiedler niederzulassen und errichtete mit seinen Brüdern die Klause, die bis heute Besucher in ihren Bann zieht.
Im Rückzug der Klause, wo Gedanken sich entkleiden,wächst Klang aus der Stille – wie Jazz, der nicht fragt, nur antwortet.Hier oben, wo der Wille Gottes leise spricht,verliert das Lautsein seine Dringlichkeit.Und doch: unten im Tal, ein Saxofon, das träumt –vom Alleinsein, das nicht einsam ist.
Der Palfen – mehr als ein Felsen
„Palfen“ bezeichnet ursprünglich einen überhängenden Felsen oder eine Höhle – ein Ort des Rückzugs und der Wandlung. Dass hier nun auch Jazz erklingt, ist eine poetische Erweiterung dieses Gedankens: Musik als spirituelle Erfahrung, als Brücke zwischen Welten.
Der Weg zur Einsiedelei beginnt nicht erst am Fuß des Berges – er beginnt im Inneren. Wir gingen falsch, standen vor Fels und Fall, mussten umkehren. Doch gerade das Umkehren war Teil der Befreiung. Denn wer den richtigen Pfad findet, findet nicht nur die Klause – sondern auch sich selbst in einer unscheinbaren Freiheit. Oben angekommen: kein Triumph, sondern Stille. Und in dieser Stille – ein Klang, der bleibt.
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