Der steirische herbst ist wieder da – und ich mittendrin. Nicht laut, sondern tastend, suchend. Graz empfängt mich mit einem leisen Flirren – zwischen Fassaden, Konzepten und Fragen, die das Festival stellt, ohne sie zu beantworten.
Das Motto „Never Again Peace“ klingt provokant – und ist es auch. Inspiriert von Ernst Tollers Exiltext aus den 1930er Jahren zeigt das Festival, wie schnell friedliebende Gesellschaften in Krieg und Hass kippen können. Intendantin Ekaterina Degot verweist auf aktuelle Konflikte und die Pervertierung antifaschistischer Begriffe durch neue Diktaturen. 42 Auftragsarbeiten hinterfragen die Idee eines endlosen Krieges – düster, aber nie ohne Humor.
Mein Streifzug beginnt im BAU – einer ehemaligen Destillerie, die zum Labyrinth der Geschichte wird. Ein Schiff erinnert an Flucht und Rettung, ein ruinierter Banker liegt zwischen Spirituosen, während künstliche Intelligenz das System übernimmt. Und dann Gelitin: Ich steige allein in den düsteren Keller, werde von einer Lumpenfigur in ein Boot geladen und lande in einem Feuerkreis aus Lampen. Große Gipsköpfe starren sich gegenseitig an – und ich frage mich: War das einst ein Verlies?
Im Kunsthaus Graz zeigt „Unseen Futures to Come“ zwölf Positionen zur Unsicherheit unserer Zeit. Keine Antworten, aber Fragen, die bleiben. Im Forum Stadtpark geht es um „Besessene Berge“ – Besitz, Ausbeutung, juristische Magie. Wem gehört die Natur? Und was bedeutet Besitz in Zeiten des Extraktivismus?
Für mich bleibt die Frage: Warum immer wieder die Vergangenheit? Warum nicht endlich ein Festival, das sich dem FRIEDEN widmet? Künstler:innen könnten Konzepte entwerfen – für Gerechtigkeit, für Natur, für ein Leben in Zufriedenheit. Themen gäbe es genug.
Ich fühlte mich oft wie eine Suchende – zwischen Installationen, die mich zum Lachen brachten, und Räumen, die mich frösteln ließen. Der steirische herbst ist kein Spaziergang, sondern ein Gang durch die Gegenwart. Er bleibt für mich ein Ort der Reibung – zwischen Kunst und Welt, zwischen Konzept und Gefühl. Vielleicht braucht es gerade jetzt ein neues Flirren: nicht zwischen Krieg und Frieden, sondern zwischen Menschlichkeit und Mut.
Der Spätsommer hat sich bereits angekündigt, und der Herbstbeginn am 22. September 2025 steht in den Startlöchern. Wie jedes Jahr gibt es stimmungsvolle Herbstfeste. Der Bauernherbst, das „Aufsteirern“-Festival in Graz und zahlreiche Veranstaltungen im Salzburger Land feiern die Jahreszeit. Diese Feste bieten Brauchtum und Genuss.
In der Stadt Salzburg steht der Salzburger Rupertikirtag im Mittelpunkt – das charmante Pendant zum weltberühmten Oktoberfest in München, das heuer seine 190. Ausgabe auf der Theresienwiese feiert.
Bereits zum 48. Mal wird der Salzburger Rupertikirtag vom 19. bis 24. September 2025 gefeiert – sechs Tage lang Volksfeststimmung mitten in der Altstadt. Das traditionelle Domkirchweihfest zu Ehren des Landespatrons Rupert verwandelt die Stadt in ein buntes Festgelände.
Rund um den 24. September, den Namenstag des heiligen Rupert, wird die Altstadt zum Schauplatz des beliebtesten Volksfests im Bundesland Salzburg.
Hinter den Kulissen: Mein Blick als Journalistin
Dieses Jahr bin ich nicht mittendrin – aber ganz nah dran. Als Journalistin werfe ich einen exklusiven Blick auf den Aufbau des Salzburger Rupertikirtags. Der Mozart auf dem Mozartplatz scheint schon neugierig zum Residenzplatz zu blicken – denn dort haben die Aufbauarbeiten längst begonnen.
Es gibt viel zu tun: 25 Kunsthandwerkshütten werden am Alten Markt aufgestellt – nur hier wird echtes Handwerk vermittelt. Währenddessen entstehen auf dem Residenzplatz und dem Kapitelplatz die Fahrgeschäfte: das Riesenrad, das Autodrom und kleine Karussells für die jüngsten Besucher:innen. Und natürlich dürfen die zahlreichen Hütten für den kulinarischen Genuss nicht fehlen.
Auf der SalzburgerRupertibühne am Domplatz erwartet die Besucher:innen ein vielfältiges Volkskulturprogramm. Auch musikalisch wird es wieder bunt und klangvoll – mit einem abwechslungsreichen Line-up, das für Stimmung sorgt.
Die Eröffnung des 48. Domkirchweihfests findet am Freitag, den 19. September 2025 um 11:30 Uhr statt. Gegen 11:50 Uhr marschiert der Salzburger Hanswurst. Die Trachtenmusikkapelle Maxglan folgt. Ehrengäste, Vertreter:innen der Aussteller, die Bindertanzgruppe Salzburg, die Salzburger Bürgergarde und die Stiegl-Bierkutsche schließen sich an. Sie ziehen alle in einem festlichen Zug zum Domplatz.
Der historische Salzburger Rupertikirtag erfreut sich jedes Jahr großer Beliebtheit. Tausende Einheimische und Gäste aus dem In- und Ausland reisen an. Sie kommen, um das große Domkirchweihfest zu erleben.
Was ist neu am Salzburger Rupertikirtag?
Am Mozartplatz lädt heuer erstmals ein Schmankerlmarkt zum gemütlichen Verweilen ein – mit einer vielfältigen Auswahl an regionalen Spezialitäten. Ganz neu ist auch der „eat&meet“-Kulinarik-Spot, wo ausgewählte Altstadt-Gastronomiebetriebe ihre exklusiven Salzburger Rupertikirtag-Kreationen präsentieren.
Für alle, die ein Andenken mitnehmen möchten, gibt es ein besonderes Souvenir. Der originale Salzburger Rupertikirtag-Flaschenöffner ist in limitierter Auflage. Er ersetzt den traditionellen Hirschfänger und kann direkt bei der Infostelle am Residenzplatz erworben werden.
Auch die ökumenische Citypastoralstelle „Der Offene Himmel“ ist wieder mit einem kreativen Mitmach-Stand am Domplatz vertreten. Unter dem Motto „Erinnerungen prägen“ können Besucher:innen mit einem beherzten Hammerschlag ihre eigene SalzburgerRupertimünze gestalten – eine Seite zeigt den heiligen Rupert, die andere das offizielle Logo des Salzburger Rupertikirtags 2025.
Quer_BEET meets Salzburger Rupertikirtag
Wer schon vor dem offiziellen Start Kirtagsluft schnuppern möchte, sollte sich den 17. September 2025 vormerken: Von 18 bis 20 Uhr wird das Pop-Up-Format Quer_BEET „G’magde Wies’n“ am Residenzplatz vertreten sein – inklusive zwei Stunden Gratisfahrt am Riesenrad (Familie Gschwandtner).
Was ist Quer_BEET? Ein neues, zweistündiges Veranstaltungsformat, das versteckte Orte der Altstadt ins Rampenlicht rückt – mit modernen Beats, großartigen Performances und entspannter Feierabendstimmung. Eintritt? Fehlanzeige. Konsumzwang? Gibt’s nicht. Einfach kommen, Musik genießen und die Altstadt neu erleben.
Alle Programminfos gibt’s auf der Website des Altstadtverbandes Salzburg: www.salzburg-altstadt.at/de/quer_beet
Freie Fahrt zum Fest
Ein besonderes Zuckerl gibt es auch dieses Jahr wieder: Freie Fahrt zum Salzburger Rupertikirtag vom 19. bis 24. September 2025. Dank der Benzinfrei-Tage des Salzburger Verkehrsverbundes können Besucher:innen sechs Tage lang kostenlos mit den Öffis im gesamten Bundesland Salzburg anreisen.
Der Veranstalter des Salzburger Rupertikirtags ist der Altstadtverband Salzburg. Er organisiert das Fest mit viel Herzblut und Liebe zum Detail. Dadurch wird ein sicheres und stimmungsvolles Erlebnis gewährleistet.
Wer den Salzburger Rupertikirtag live erleben möchte, sollte sich den 19. bis 24. September 2025 vormerken – und vielleicht beim Riesenrad eine Runde für mich mitdrehen
„Avatare statt Augen: Die Videoinstallation (Screenshot aus dem Video „BEYOND THE SCREENS“, gezeigt im Rahmen der Ars Electronica 2025. Quelle: @cds_competition) zeigt, wie KI unsere Vorstellung von Nähe und Identität verzerrt. Sie stellt dabei Fragen, die wir noch nicht beantworten können.“ Foto: Christa Linossi 2025
so lautete der Titel der diesjährigen Ars Electronica. Es war ein Festival, das sich der allgegenwärtigen Ungewissheit im Schatten zahlreicher Krisen widmete. Die Veranstaltung zeigte, wie Kunst zur Bewältigung beitragen kann.
Der Startschuss fiel am 3. September 2025, das Festival dauerte bis zum 7. September. Für mich war es wie jedes Jahr ein Pflichttermin. Kaum ist es vorbei, beginnt schon wieder die Vorbereitung für 2026.
Zurück zum heurigen Festival: Die Stadt vibrierte. Nicht nur vor digitaler Energie, sondern auch vor Fragen, die unsere Zukunft formen. Ich war bei der Eröffnung dabei. Und obwohl ich nur einen Bruchteil der Ausstellungen gesehen habe – in der PostCity, im Lentos und an der Kunstuniversität.
Zwei Start-ups haben mich besonders fasziniert:
GODOT, ein japanisches Unternehmen mit Wiener Forschungsbasis, das mit drei KI-Systemen die menschliche Entscheidungsfähigkeit neu denkt.
SHOW ME YOUR FACE, ein Projekt der JKU Linz, das mithilfe von DNA-Daten und KI unsere Gesichter vorhersagen will – oder zumindest die Idee davon. Science oder Fiction? Vielleicht beides. Was mich hier besonders faszinierte: Man bekam eine 3D-Brille aufgesetzt und konnte die Personen in der eigenen Umgebung wahrnehmen. Doch plötzlich erschienen links und rechts davon überdimensionale Roboter- und Avatar-Gesichter – wie aus einer anderen Realität. Es war irritierend und gleichzeitig hypnotisch.
Ein besonders eindrucksvolles Objekt war LIMINAL RING von Jin Lee (KR). Sein begleitender Text: „Der Mensch neigt dazu, alles ersetzen zu wollen, was er nicht direkt kontrollieren kann.“
Foto: Christa Linossi / Installation „LIMINAL RING“ von Jin Lee (KR), Ars Electronica 2025Foto: Christa Linossi / Installation „LIMINAL RING“ von Jin Lee (KR), Ars Electronica 2025
Ein Werk, das mich besonders beeindruckt hat, war LIMINAL RING von Jin Lee (KR). Sein begleitender Text lautete: „Der Mensch neigt dazu, alles ersetzen zu wollen, was er nicht direkt kontrollieren kann.“
LIMINAL RING ist eine Studie über den menschlichen Drang, Chaos zu zähmen. 384 präzise eingestellte Ventilatoren erzeugen ringförmige Luftströme – flüchtige Strukturen, die sich in einem größeren, turbulenten Feld verlieren. Was entsteht, ist ein Wechselspiel aus Ordnung und Auflösung. Ein Versuch, das Unkontrollierbare zu beherrschen – und zugleich ein Beweis für die Grenzen dieses Vorhabens. Die Installation greift Ideen der postindustriellen Kultur auf, in der Technik als ultimatives Werkzeug zur Kontrolle gilt. Doch hier zeigt sich: Kontrolle ist Illusion. Schönheit entsteht im Moment des Scheiterns.
Im Lentos Kunstmuseum Linz, zwischen Lichtreflexen und digitalen Klanglandschaften, stand ich vor einem vier Meter hohen Roboter. Starr, skelettartig, fast sakral. Die Installation „Requiem for an Exit“ von Frode Oldereid und Thomas Kvam war kein technisches Spektakel – sie war ein philosophischer Schock. Der Roboter sprach. Nicht laut, nicht reißerisch. Sondern mit einer Stimme, die sich wie ein liturgischer Monolog durch den Raum zog. Er sprach von Genozid, von kollektiver Erinnerung, von der dunklen DNA der Menschheit. Keine Erlösung. Kein Trost. Nur ein Spiegel, der uns zwingt, hinzusehen. Was mich besonders berührte: Der Roboter wandte sich immer wieder dem Publikum zu – als würde er jeden Einzelnen direkt adressieren. Diese schaurige Botschaft wurde nicht einfach präsentiert, sie wurde überbracht. Und das hyperrealistische Gesicht erzeugte Nähe und Unbehagen zugleich. Es war kein Musikstück, sondern ein akustisches Feld, das den Raum durchdrang. Kritik und Komplizenschaft – ein Werk, das uns mit unserer eigenen Rolle in historischen Zyklen konfrontierte.
Videostill aus „Requiem for an Exit“ von Frode Oldereid & Thomas Kvam – aufgenommen im Lentos Kunstmuseum Linz Foto: Christa Linossi 2025Videostill aus „Requiem for an Exit“ von Frode Oldereid & Thomas Kvam – aufgenommen im Lentos Kunstmuseum Linz Foto: Christa Linossi 2025
Auch die Ars Electronica Campus-Ausstellung – seit Bestehen des Formats eine Kooperation mit der Kunstuniversität Linz – bot wieder eine Plattform. Sie wurde genutzt, um zu erkunden, wie angehende Künstler:innen geprägt werden. Dies geschieht nicht nur durch technologische Entwicklungen, sondern auch durch ihre Lernumgebung. Die Kunstuniversität Linz präsentierte ihr Motto: ALLES.IMMER.OFFEN. Eine überdimensionierte Zunge am Infopoint reagierte auf Passant:innen, während die Soundinstallation mit singenden Schiebetüren am Hauptplatz für akustische Irritationen sorgte.
„Zwischen Holzrahmen und grünen Zeichen: Eine urbane Skulptur, die Sprache in Raum verwandelt – gesehen bei Ars Electronica 2025.“ Foto: Christa Linossi
Ich bin mit mehr Fragen gegangen, als ich gekommen bin – und das ist gut so. Seitdem kreisen die Gedanken wie Satelliten um ein Thema, das größer ist als ich. Was bleibt, ist nicht nur der Nachhall digitaler Klangräume. Es ist auch die Erkenntnis, dass Kunst uns nicht erlöst. Aber sie lehrt uns, genauer hinzusehen.
Alle gezeigten Fotos wurden im Rahmen des Ars Electronica Festivals 2025 aufgenommen. Einige Bilder zeigen Installationen oder Videostills aus urheberrechtlich geschützten Werken. Die Rechte an den gezeigten Inhalten liegen bei den jeweiligen Künstler:innen, Institutionen oder Projektpartner:innen. Die Verwendung erfolgt ausschließlich zu dokumentarischen und journalistischen Zwecken.
Wer in der Schönau am Königssee spazieren geht, sollte nicht nur auf den Weg achten – sondern auch auf die Hecken. Denn dort sitzt er: der stille Späher, der schwarze Beobachter, der Fernrohr-Freak. Beim ersten Mal dachte ich, da sitzt wirklich jemand. Ich wollte schon grüßen – bis ich das Fernrohr sah und merkte: Der beobachtet uns alle, aber sagt kein Wort. Auf einem Holzspalier, das eigentlich Rosen tragen sollte, thront eine etwa meterhohe Tonfigur – männlich, wetterfest, mit Fernrohr vor den Augen. Sein Blick schweift über die Reiteralm – gelegen im Gebiet der Ramsau – vielleicht auch zur Villa auf der Wiese oder zu den Nachbarn beim Grillen.
Was er sucht? Man weiß es nicht. Vielleicht wartet er auf UFOs. Vielleicht auf den Bus. Vielleicht auf Leon – eine lokale Legende, die sich manchmal rarmacht. Aber eines ist sicher: Er tut es mit Hingabe.
Tag für Tag sitzt er da – unbeweglich, unbeeindruckt, unübersehbar. Ein stiller Held der Schönau, der beweist: Auch eine Tonfigur kann neugierig sein. „Die Schönau hat viele Gesichter – und eines davon trägt ein Fernrohr.“
Als Künstlerin bin ich oft auf der Suche nach Ausdrucksformen jenseits der Leinwand. Dieser Blick vom Balkon war einer davon – ein Bild, das keine Farbe braucht, um zu wirken. Manchmal reicht ein Blick vom Balkon, um sich daran zu erinnern, was im Leben wirklich zählt. Täglich beobachte ich das bunte Treiben eines Kindergartens – voller Lachen, Fantasie und kleinen Dramen. Zwischen Schaukel und Sandkasten entfaltet sich eine Welt, die uns Erwachsenen viel zu sagen hätte, wenn wir nur wieder zuhören würden. Dieser Text ist eine Einladung, das Kindsein neu zu entdecken – und vielleicht auch ein Stück davon zurückzuholen.
Ich wohne in einem ruhigen Wohngebiet. Tag für Tag sehe ich einen Kindergarten, der voller Fantasie und kindlicher Energie lebt.
Der große Garten, der den Kindern zur Verfügung steht, ist ein kleines Paradies. Hier wird gelacht, gestritten, getröstet und gemeinsam gespielt. Es gibt Dreiräder, auf denen sie herumtollen, ein hölzernes Pferd, das sie durch imaginäre Wiesenlandschaften trägt, und einen kleinen Hügel, umgeben von Bäumen, der zum Herumtollen einlädt. Mehrere Schaukeln, eine ausrangierte Gondel, Sandkästen und viele weitere Spielmöglichkeiten machen diesen Ort zu einem Abenteuerland.
Täglich dürfen die Kinder hinaus in diesen Garten. Sie leben ihre Fantasie aus, spielen, schreien, lachen – und manchmal auch weinen. Weil sie von der Schaukel gefallen sind, gestolpert sind oder ein anderes Kind sie aus Versehen gestoßen hat. All das gehört dazu. Hier dürfen Kinder noch Kinder sein.
Ich beobachte dieses bunte Treiben mit Freude. Es ist berührend zu sehen, wie sie miteinander umgehen, sich zu kleinen Gemeinschaften zusammenschließen, neugierig auf alles Neue sind und immer wieder auf Entdeckungsreise gehen – selbst wenn sie den Garten schon in- und auswendig kennen. Denn für Kinder gibt es immer etwas Neues zu entdecken.
Doch sobald sie in die Schule kommen, scheint diese Unbeschwertheit zu enden. Der „Ernst des Lebens“ beginnt. Wir Erwachsenen drillen sie auf Muster, auf Leistung, auf System. Warum eigentlich? Um ein System zu erhalten? Um erfolgreich zu sein? Um zu funktionieren wie kleine Roboter?
Warum haben wir unsere eigene Unbeschwertheit verloren? Warum können wir nicht auch mit mehr Leichtigkeit durch unseren Alltag gehen? Müssen wir immer nach Höherem streben – vielleicht, um in unserer materiellen Gesellschaft zu überleben?
Vielleicht sollten wir wieder von den Kindern lernen. Dass man mit wenig viel machen kann. Dass Lachen, Neugier und Fantasie keine Kindheitssymbole sind, sondern Lebenselixiere. Denn wer das Kindsein nicht vergisst, verliert nie ganz den Zugang zur eigenen Lebendigkeit.
Loferer Alm, September 2025 Ein Besuch bei den Hirtenkindern, die zwischen Almwiesen und Adventsklängen ihre Rollen fürs große Festspielhaus finden. Die Gondelfahrt hinauf zum Soder-Kaser war bereits ein Erlebnis für sich: strahlend blauer Himmel, herrlicher Sonnenschein – ein Auftakt, wie er schöner nicht sein könnte. Oben angekommen wartete die Pressekonferenz der „Hirtenkinder“, die heuer ihr 75-jähriges Jubiläum feiern.
Probenarbeit mit Herz und Hingabe: Vier Tage lang verwandelte sich die urige Almhütte mit Matratzenlager in ein lebendiges Probenzentrum. Kinder aus dem Bundesland Salzburg bereiteten sich hier auf das große Salzburger Adventsingen vor, das im November und Dezember 2025 wieder im Großen Festspielhaus über die Bühne gehen wird.
Die Rollen für das kommende Hirtenspiel wurden vergeben, erste Kostüme anprobiert, und die Probenarbeit begann mit spürbarer Energie. Ich war nach sieben Jahren wieder dabei – und diesmal war etwas Besonderes in der Luft. Die Kinder waren aufgeregt, neugierig, voller Freude. Ihre Augen leuchteten, wenn wir Journalist:innen sie befragten oder um ein Foto baten. Es war, als würde die Bühne bereits in ihrem Herzen beginnen.
Mehr als Musik – Gemeinschaft und Tradition: Was hier entsteht, ist weit mehr als musikalische Vorbereitung. Es ist ein Miteinander, ein Wachsen, ein stilles Staunen über die Kraft der Gemeinschaft. Kein Smartphone, kein Fernseher stört die Atmosphäre. Nur Kinderlachen, manchmal auch ein paar Tränen – und Musik, die zum Hauptakteur wird.
Vom 1. bis 4. September reisten 6 Hiatabuam und 11 Hiatamadln im Alter zwischen 7 und 13 Jahren auf die Alm, um Texte und Lieder für ihre Auftritte einzustudieren. Die Proben gehen in Salzburg bis zur Aufführung weiter. Am Abschlusstag präsentierten die 17 Hirtenkinder, was sie gelernt hatten – darunter auch ein „Ausseer Steirer“ mit darauffolgender Schleunige und Pasch.
Inszenierung mit Tiefgang: Die diesjährige Inszenierung stellt den „blinden Hirten“ in den Mittelpunkt. Regisseurin Gerda Gratzer erklärt:
„Der Fokus liegt heuer auf dem blinden Hirten und seinen Begleitern. Diese Gruppe ist von Anfang an dabei. Ich habe schon vorab geschaut, wer von den Kindern diese anspruchsvolle Rolle übernehmen kann.“
Der Schauspieler Edwin Hochmuth übernimmt die Rolle des blinden Hirten – nicht als gebrechlicher Alter, sondern als junger Mann mit innerer Vision.
„Allein mit seinen offenen, leeren Augen und seiner Körperhaltung kann er diese Beeinträchtigung glaubhaft darstellen. Die Verbindung von innen mit außen ist in diesen Szenen schön zu erleben.“
Tradition trifft Bühne – die Kostüme: Kostümbildnerin Brigitte Schiebler setzt auf Loden, Leinen und gewalkte Stoffe. Die Buben tragen Stutzen, feste Schnürschuhe, Hemd, Gilet und Joppe. Die Mädchen erscheinen in Leibrock, Bluse, Joppe, dicker Strumpfhose und festen Schuhen. Die Tracht wurde an die Kulisse des steinigen Dachsteinmassivs angepasst – eine Landschaft, die klimatisch an das biblische Judäa erinnert.
Stimmen der Kinder – ein Blick ins Herz: Interview mit Valentina (10 Jahre, Abersee): „Ich bin das erste Mal dabei und es ist richtig guat! Mein Kostüm gefällt mir sehr, ich fühl mich wohl. Ich spiele seit drei Jahren Geige und freu mich riesig auf den Auftritt im Großen Festspielhaus.“
Interview mit Valentin (9 Jahre, Salzburg): „Ich spiele seit zweieinhalb Jahren Trompete, Unterricht habe ich seit eineinhalb Jahren. Die Alm ist super, auch wenn ich am ersten Tag ein bisserl Heimweh hatte. Jetzt fühl ich mich richtig wohl. Ich bin schon zum zweiten Mal dabei und freu mich sehr auf den Auftritt.“
„Es ist schön, wenn man selbst den Zeitpunkt bestimmen kann. Nach 27 Jahren bin ich dankbar für diese Zeit. 2026 feiern wir das 80-jährige Jubiläum und die 1.000. Aufführung im Großen Festspielhaus. Ab 2027 wird das Adventsingen in die Felsenreitschule übersiedeln.“
Mein persönlicher Eindruck: Diese Pressekonferenz war ein großartiges Erlebnis. Der Blick auf die Kinder, ihre Musikstücke, ihr Leuchten – all das zeigte: Hier brennt Herzblut. Viele Kinder sind bereits erfahrene Bühnenakteure, für einige wird es der erste große Auftritt. Das heurige Adventsingen ist eine Hommage: an den Dachstein, an unsere ländliche Kultur, an die Schönheit der Landschaft.
Und als stille Erinnerung wird auch Bodo Hell, der vor einem Jahr im Dachsteingebiet verschwand und jahrzehntelang als Senner auf der Grafenbergalm wirkte, in die Inszenierung eingebaut – ein Schriftsteller, ein Senner, ein Teil dieser Geschichte.
Ein letzter Blick auf die Hirtenkinder – zwischen Almwiesen und Adventsklängen, wo Musik zur Erinnerung wird und gelebte Tradition weit über die Bühne hinausstrahlt.
Und während die Kinder schweigend Abschied nehmen, bleibt ihr Lachen im Wind, ihr Klang in den Bergen – wie ein Echo der Zeit, das weiterlebt.
Die Probenarbeiten auf der Loferer Alm fanden im Rahmen der Vorbereitung für das Salzburger Adventsingen 2025 im Großen Festspielhaus statt. Eine eigene Pressekonferenz zur Veranstaltung folgt in Kürze.
Ein Blick hinter die Kulissen der Osterfestspiele Salzburg 2026
Gestern bei der Pressekonferenz zu den Osterfestspielen 2026 – ich habe zugehört, mitgeschrieben und für euch die spannendsten Aussagen und Hintergründe zusammengetragen
Ein neues Kapitel beginnt Die Osterfestspiele Salzburg schlagen 2026 ein neues Kapitel auf: Die Berliner Philharmoniker kehren an die Salzach zurück. 1967 wurden sie von Herbert von Karajan für die Osterfestspiele ins Leben gerufen. Damals wählte Karajan die Tetralogie als erstes Opernwerk und inszenierte den ersten „Ring“ der Festspielgeschichte persönlich. Anstelle der „Walküre“, mit der das Festival 1967 begann, startet der neue „Ring“ 2026 gemäß der Chronologie des Werkzyklus mit „Das Rheingold“.
Wagner und Petrenko – eine vertraute Verbindung Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen – Das Rheingold“ ist für Dirigent Kirill Petrenko kein Neuland. Seine erste Tetralogie dirigierte er von 2001 bis 2004 am Theater Meiningen, gefolgt von der legendären Castorf-Inszenierung bei den Bayreuther Festspielen 2013–2015.
(Was bedeutet Tetralogie? Der Begriff stammt aus der Antike und bezeichnet eine Vierergruppe inhaltlich zusammenhängender Werke, insbesondere Theaterstücke.)
Statement von Kirill Petrenko„Für mich ist diese Rückkehr in vielerlei Hinsicht etwas ganz Besonderes – fast wie eine Heimkehr. Österreich war über viele Jahre hinweg ein zentraler Ort meines künstlerischen Werdegangs, angefangen in Bregenz, später an der Staatsoper. Dass die Berliner Philharmoniker nun wieder hierherkommen, erfüllt mich mit großem Stolz. Es ist nicht nur eine künstlerische Zusammenarbeit, sondern auch eine emotionale Verbindung, die über Jahre gewachsen ist. Der ‚Ring des Nibelungen‘ wird hier aufgeführt. Ich und das Orchester sind mit diesem Werk tief vertraut. Doch ich wünsche mir, dass wir über das Gewohnte hinausgehen. Wir sollen Mut zeigen. Wir müssen musikalisch neue Wege beschreiten, etwa mit weniger bekannten Komponisten wie Schönberg. Unser Anspruch ist es, das Publikum nicht nur zu begeistern, sondern auch herauszufordern. Salzburg bietet dafür den perfekten Rahmen. Diese Rückkehr ist für mich persönlich ein Höhepunkt – ein solitäres Ereignis in meiner Laufbahn. Es ist schön, wieder hier zu sein. Das Ambiente der Felsenreitschule, die Inszenierung von Kirill Serebrennikov, unsere Sängerbesetzung – all das verspricht eine inspirierende Kombination zu werden.“https://www.berliner-philharmoniker.de/ueber-uns/kirill-petrenko/
Programmhighlights & Künstlerische Vision In den ersten fünf Jahren werden zwei Werke aus Wagners Tetralogie sowie Arnold Schönbergs einzige Oper „Moses und Aron“ neu inszeniert. Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov übernimmt die Regie des neuen „Rings“, Christian Gerhaher gibt sein Rollendebüt. Kirill Petrenko dirigiert Gustav Mahlers monumentale 8. Symphonie. Weitere Konzerte gestalten u.a. Janine Jansen (Violine), Daniel Harding und Tugan Sokhiev.
KirillSerebrennikovbeschreibt seine Herangehensweise als persönliche, fast obsessive Suche nach Ausdruck und Bedeutung. Drei Begriffe prägen seine Vision: Schock, Geist und Gefühl. Er sieht den „Ring“ als globales Projekt, das kulturelle Unterschiede sichtbar macht und universelle Themen wie Macht, Identität und Transformation neu beleuchtet. Die Sängerbesetzung folgt seiner Idee: eine junge Generation internationaler Wagner-Interpret:innen.
Vielfalt & PartnerschaftenAndrea Zietzschmann, Intendantin der Stiftung Berliner Philharmoniker, betont die künstlerische Tiefe des Programms. Neben Wagner und Schönberg dirigiert Daniel Harding zwei Konzerte, darunter Haydns „Schöpfung“ – ein Schlüsselwerk der Musikgeschichte. Die Berliner Philharmoniker feiern Hardings 50. Geburtstag und würdigen seine langjährige Zusammenarbeit mit dem Ensemble.
Ein besonderes Anliegen ist die Einbindung von Laienmusiker:innen in ein partizipatives Orchesterprojekt, das den Dialog zwischen Publikum und Künstler:innen fördert.
Internationale Perspektiven Die Osterfestspiele 2026 stehen für Aufbruch und Kontraste: Wagners monumentaler „Ring“ trifft auf Schönbergs radikale Klangsprache. Serebrennikovs Inszenierung verspricht eine globale Lesart – vielschichtig, provokant und poetisch.
Künstlerische Partnerschaften Die Berliner Philharmoniker bringen musikalische Exzellenz und langjährige Wegbegleiter:innen mit:
Daniel Harding dirigiert Haydns „Schöpfung“
Tugan Sokhiev und Janine Jansen gestalten das Orchesterkonzert mit Werken von Brahms, Bruch und Berlioz
Diese Künstler:innen stehen für eine Generation, die das Festival prägen wird. Nachwuchsprojekte und Laienbeteiligung zeigen: Die Osterfestspiele öffnen sich – ohne ihre Tiefe zu verlieren.
Kultur für alle – mit der Volkswagen Group In Kooperation mit der Volkswagen Group entsteht ein neues Konzertformat, das die Stadt durch Auftritte an öffentlichen Plätzen und sozialen Einrichtungen bereichert. Diese Veranstaltungen sind kostenfrei und tragen Kunst und Kultur mitten in die Gesellschaft.
Education-Programm: Be Phil Orchestra Ein Herzensprojekt der Berliner Philharmoniker. Es lädt 100 Hobbymusiker:innen aus Österreich und den Nachbarländern ein. Sie können sich für das „Be Phil Orchestra Salzburg Easter Festival 2026“ bewerben. Dirigent: Tugan Sokhiev Probenstart: 29. März 2026 Abschlusskonzert: 2. April 2026 im Großen Festspielhaus
Bewerbung per Video über die Website der Berliner Philharmoniker. Weitere Infos: Be Phil Orchestra
Die Osterfestspiele 2026 versprechen nicht nur große Musik, sondern auch große Gedanken!
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