AIDEEN BARRY-The Song of the Bleeding Tree                             

TARIK KISWANSON-Afterwards

Kunst zum Nachdenken!

Im Salzburger Kunstverein sind bis zum 10. September 2023 zwei interessante Ausstellungen zu sehen.

Zum einen zeigt die irische Künstlerin Aideen Barry im Kabinett unter dem Titel „The Song oft he Bleeding Tree“ eine Serie von Zeichnungen und eine 3-Kanal-Videoinstallation mit 4-Kanal-Sound. Aideen Barry ließ sich von ihren Forschungen in den UCD Folk Archives inspirieren, wo sie sich mit der irischen Tradition auseinandersetzt.

Aideen Barry mit einer interessanten Videoproduktion im Salzburger Kunstverein / Foto: © Christa Linossi

Eine beeindruckende und vielschichtige Installation mit neuen Arbeiten von Tarik Kiswanson ist im Großen Saal zu sehen. In poetischen skulpturalen und architektonischen Gesten werden Aspekte von Wurzellosigkeit, Regeneration und Erneuerung miteinander verbunden.

„The Song of the Bleeding Tree” von:

Aideen Barry (*1979) lebt und arbeitet in Irland, den Vereinigten Staaten und Europa. Ihre Ausdrucksmittel sind vielfältig. Dazu gehören Performance, Film und skulpturale Manifestationen. Der gemeinsame Nenner von Barrys Arbeiten ist der Versuch, mit Ängsten umzugehen. Dabei bedient sie sich visueller Tricks, um eine verstärkte Aufhebung der Realität zu erreichen.

Worum geht es in Aideen Barrys Arbeit? Es geht um die existenzielle Bedrohung des Planeten ERDE. In dieser Zeit großer Unsicherheit, des ökologischen Zusammenbruchs und der Aussicht auf eine Welt in der Endzeit untersucht Barry die Rolle der Kunst und der Künstler: innen. Der Leitgedanke, die letzte Generation von Künstler: innen zu sein, zieht sich wie ein roter Faden durch die vorliegende Arbeit.

Aideen Barry Video Bild „The Song of the Bleeding Tree” / Foto: © Christa Linossi

Aideen Barry verbrachte viel Zeit mit Recherchen in den Irish Folk Archives des University College Dublin. Eine der Geschichten, die in den Archiven zu finden sind, ist ein Lied über den Baum oder über die Beziehung zu einem blutenden Baum. Menschliche und tierische Nachkommen auf die Wurzeln eines Weißdornbaums zu legen, ist eine irische Tradition.

Aideen Barry Video „The Song of the Bleeding Tree” / Videoaufnahme kurz: © Christa Linossi

Genau das zeigt das Video in einer Endlosschleife: den weinenden, Tränen vergießenden Baum inmitten einer dunklen, purpurnen, apokalyptischen Landschaft. Das Video zieht einen in seinen Bann, man spürt, wie der Baum blutet, wie sich die welken Blätter vor dem schwarzen Hintergrund noch einmal aufbäumen wollen. Im Hintergrund die zerstörte Landschaft, in blutendes Rot getaucht und von schwarzen Bergen umgeben. Der Baum, der eher einem Skelett gleicht, versucht vergeblich mit seinen Armen oder Zweigen eine Richtung zu geben. Die Musik im Hintergrund ergibt ein stimmiges, geheimnisvolles und trauriges Bild…

Dieses immersive Kunstwerk wird auf die Wände und den Boden des Kabinetts projiziert. Es ist eine Szenografie der Entfremdung und der Trauer über unsere Beziehung zur natürlichen Welt. In Zusammenarbeit mit dem Komponisten Stephen Shannon entstand die Klanginstallation.

„AFTERWARDS“ von:

Tarik Kiswanson (*1986) lebt und arbeitet in Paris. Er wurde im schwedischen Halmstad geboren, seine Familie emigrierte aus Palästina ins Exil. In seiner künstlerischen Praxis beschäftigt er sich mit der Poetik der Metamorphose. Sie ist eine Möglichkeit, zwischen verschiedenen Bedingungen und Kontexten zu schreiben und zu überleben. Seine breit gefächerte künstlerische Praxis kann als Kosmologie verwandter Begriffsfamilien verstanden werden. Tarik Kiswanson wurde für den Marcel Duchamp Preis 2023 nominiert.

TARIK KISWANSON-Afterwards im Salzburger Kunstverein mit seinen Objekten Foto: © Christa Linossi

Betritt man die große Halle des Salzburger Kunstvereins, in der die Arbeit von Tarik Kiswanson zu sehen ist, fällt der Blick zunächst auf ein großes, oval geformtes Objekt (es handelt sich um eine Kokonskulptur).  Der Blick wandert weiter nach links, wo ein Stuhl steht, auf dessen Sitzfläche sich ebenfalls ein eiförmiges Objekt (eine Kokonskulptur) befindet. Eine riesige Spiegelfläche an der Rückwand lässt den Blick noch einmal aus einer anderen Perspektive durch den Raum schweifen. Dreht man sich um, steht ein weiterer Stuhl im Raum. Dieser ist als Kunstobjekt gestaltet. (Es handelt sich um einen Franz Schuster: Bicolor Stuhl von 1959) und in der Mitte des Raumes steht ein Objekt aus Kunstharz mit einer Flamme im Inneren oder korrekter „Respite, 2020“ Kunstharz, Kerze.

Der Betrachter oder die Betrachterin wird, wenn er oder sie den Kontext nicht kennt, Schwierigkeiten haben, diese Objekte zu verstehen, obwohl sie harmonisch im Raum stehen. Worum geht es dem Künstler eigentlich?

ARIK KISWANSON-Afterwards im Salzburger Kunstverein mit seinen Kokon-Skulpturen Foto: © Christa Linossi

Im Zentrum der Arbeit von Tarik Kiswanson steht die Idee der Transformation. Es ist ein Weg der Veränderung. Dies geschah in Tariks früheren Arbeiten häufig unter dem Aspekt der Migration. Diese persönliche Erfahrung, die Sehnsucht nach Heimat – die jedoch eine instabile, von ständigen Konflikten und Besetzungen geprägte ist – klingt bis heute in seinen Werken nach und verdeutlicht sein ständiges Ringen um die eigene Identität.

Die Kokon-Skulpturen selbst sind natürlich aus der Faszination des Künstlers für die sublime Verwandlung einer Raupe in einen Schmetterling entstanden, die er in physischer Form mit Vorstellungen von Diaspora (= lebende konfessionelle oder nationale Minderheit), Wachstum, Entropie (= Entropie ist eine physikalische Größe, die die Unordnung in einem Teilchensystem beschreibt) und Werden parallelisiert.

Auch in diesen Werken ist eine gleitende Bedeutung zwischen Ei und Samen, zwischen Leben und Geburt und Tod zu erkennen. Die Skulpturen erscheinen an den Wänden wie außerirdische Hüllen, die sowohl an Science-Fiction-Geschichten als auch an geopolitische Realitäten erinnern. Wie ein Wesen, das sich in einen Kokon an den Wänden der Galerie eingesponnen hat, sind die Arbeiten größer, monumentaler und in ihrer Interaktion mit der Architektur freundlicher geworden.

Der Künstler beschäftigte sich auch mit dem Wiederaufbau der Nachkriegszeit, vor allem in Frankreich, Deutschland und Österreich. Dabei konzentrierte er sich auf das Mobiliar der Nachkriegszeit. Die in der Ausstellung gezeigten Stühle aus österreichischer Produktion, in Frankreich „mobiler sinister“ genannt, sind ein Beispiel für die Massenproduktion von Möbeln für die breite Bevölkerung: elegant, schlicht, pragmatisch und universell.

Der Künstler bezieht die Stühle bewusst in seine Arbeit ein. Er stellt diese Zeitlinie in den Mittelpunkt und spielt mit seinen Sorgen und Erfahrungen mit zeitgenössischer Migration, Flucht und den Schwierigkeiten der Wiederansiedlung. Als die Nachkriegsgesellschaft zusammenzubrechen drohte, taten sich Regierungen, Architekten und Designer zusammen, um den Wiederaufbau zu fördern.

Die verschiedenen Epochen der Geschichte und die geopolitischen Katastrophen, die das Leben unzähliger Menschen beeinflusst haben, sind für Tarik Kiswanson von großer Bedeutung. Was seine Eltern unmittelbar erlebt haben, spiegelt sich in seinen Werken wider und thematisiert ein breites Spektrum menschlicher Erfahrungen und Möglichkeiten.

Geboren im Exil, vermischt und geprägt von der Sehnsucht nach der fehlenden Heimat, blickt er hoffnungsvoll in die Zukunft.

Die Ausstellungen laden zum Nachdenken ein. Sie sind bis zum 10. September 2023 zu sehen.

Kuratiert wurde die Ausstellung von Séamus Kealy. (ehemaliger Direktor des Salzburger Kunstvereins von 2014 bis Mai 2023) v.l.n.r. Séamus Kealy, Künstler Tarik Kiswanson / Foto: © Christa Linossi

DAS KIND UND DIE ZAUBERDINGE!

(L’Enfant et les sortilèges)

TerrassenTalk Das Kind und die Zauberdinge: v.l.n.r. Ursula Gessat, Giulia Giammona, Anna Handler, Foto: © Christa Linossi

Eine Oper für Kinder wird nun schon zum dritten Mal im Rahmen des Kinder- und Jugendprogramms der Salzburger Festspiele aufgeführt. Anna Handler (Musikalische Leitung) und Giulia Giammona (Regie) bringen in diesem Jahr diese besondere Oper auf die Bühne.

Ein kurzer Rückblick zeigt, wie kam es dazu, diese Oper zu wählen:

Es war ein Auftragswerk für die Pariser Oper, dass mitten im Ersten Weltkrieg entstand. Komponist der Oper war der französische Komponist Joseph-Maurice Ravel. Er war einer der Hauptvertreter des Impressionismus in der Musik. Die Oper, die 1925 uraufgeführt wurde, konnte sich nie so richtig durchsetzen, was sehr schade ist, denn das Werk fällt in vielerlei Hinsicht aus dem Rahmen.

Was die Musik betrifft, will Colette, die (das Libretto von Sidonie-Gabrielle Colette verfasst hat) nur Ravel als Komponisten will. Ravel setzte sich tatsächlich hin und schreibt, und zwar für großes Orchester, gemischten Chor, Kinderchor und acht Solisten. Da ist Musik drin. Und zwar alle. Stilmix von Bach bis Gerswin, von Barock bis Jazz, alles dabei, aber eben à la Ravel. Umwerfend charmant.

Terrasentalk der Salzburger Festspiele „Das Kind und die Zauberdinge“ mit Giulia Giammona, Anna Handler und Ursula Gessat Foto: Neumayr/Leopold 12.07.2023

Giulia Giammona war vor allem von der Musik dieser Oper fasziniert. Sie fand es auch spannend, die Reise des Kindes vom Nachmittag bis zum Morgen durch seine Augen mitzuerleben. Das Werk habe sehr viele wechselnde Nuancen und Stimmungen, man sei „vielen überraschenden Wendungen ausgeliefert. Dazu kommt ein besonderer musikalischer Reichtum mit Elementen aus Jazz, Varieté oder Walzer.

Als die Dirigentin Anna Handler von Ursula Gessat gefragt wurde, ob sie die musikalische Leitung dieser Oper übernehmen wolle, musste sie nicht lange überlegen. Anna Handler über Ravel: „Er war im Grunde ein hervorragender Instrumentator, was man zum Beispiel an seiner Orchestrierung von Mussorgskys Bilder einer Ausstellung sehen kann.

Terrasentalk der Salzburger Festspiele „Das Kind und die Zauberdinge“ mit Giulia Giammona, Anna Handler und Ursula Gessat Foto: Neumayr/Leopold 12.07.2023

Angesichts der kleineren Besetzung in der vorliegenden Bearbeitung von Didier Puntos hat sie zwar zunächst „geschluckt“, ist sich aber sicher, dass sich der Farbenreichtum von Ravels Musik auch so erzeugen lässt, und sieht darin eine Chance, sich noch intensiver auf die Musik einzulassen: “Giulia Giammonas Bild einer Reise gefällt mir, weil das Stück auch musikalisch viele Metamorphosen durchläuft“.

Interessant sei auch, wie Ravel das Geschehen durch musikalische Intervalle symbolisiere: „So kehren wir am Ende zum Anfang zurück“. Das Werk, an dem Ravel fünf Jahre lang komponierte, zählt für sie zu den Höhepunkten seines Schaffens. Zur Spieldauer von nur 50 Minuten sagt sie: „Ich finde es großartig, dass er in so kurzer Zeit so viel sagen und auf den Punkt bringen kann.

Terrasentalk der Salzburger Festspiele „Das Kind und die Zauberdinge“ mit Giulia Giammona, Anna Handler und Ursula Gessat Foto: Neumayr/Leopold 12.07.2023

Worum geht es inhaltlich in dem Stück? Das Kind brütet missmutig über den Hausaufgaben, will lieber spielen. Die Mutter schimpft – ein Streit, knallende Türen, Hausarrest und ein wütender Tobsuchtsanfall. Erschöpft sinkt das Kind in den Sessel. Überraschend rutscht dieser zur Seite. Was tun, wenn sich Sessel und Stuhl plötzlich verbünden und mit der Standuhr um die Wette ticken? Was passiert, wenn man sich im eigenen Garten nicht mehr auskennt? Und wie kann man dem Spuk ein Ende bereiten? Zum Glück gibt es ein Zauberwort…

Auf die Frage von Ursula Gessat an die Regisseurin Giulia Giammona nach ihrer Herangehensweise an die Geschichte, ob sie im Hinblick auf die Wandlung des Kindes im Laufe der Geschichte von einem Stück mit einem überholten Erziehungsmodell sprechen würde, antwortet Giulia Giammona: „Es war die Auseinandersetzung mit den Charaktereigenschaften eines Kindes von heute. Worüber ich gestolpert bin, ist die Frage nach dem Wutausbruch des Kindes und der Zerstörung von Prestigeobjekten, die ein Stück auch die gesellschaftlichen Verhältnisse der damaligen Zeit darstellen. Durch das Auftauchen der anderen Figuren, auch der Tiere, von denen es sich beschuldigt fühlt, beginnt das Kind zu verstehen, dass sein eigenes Handeln Auswirkungen auf andere hat. Seine Wut ist der Aufhänger für die Aufforderung: Seid mutig und geht auch mal raus!“

Für mich ist wichtig: Wie können wir den Stoff von damals aktuell machen, meint auch Anna Handler. Daher hat es mich sehr gefreut, dass der Text in diesem Sinne umgeschrieben wurde und zeigt: Das Kind hat Mut und tut Gutes. Zum Umgang mit dem Text bemerkt Giulia Giammona: Ausgehend vom französischen Wort ’sage‘ (artig) habe ich mich gefragt: Ist, dass das richtige Wort, denn „artig“ ist im Deutschen anders konnotiert“.

Der Konflikt mit den Eltern dauert schließlich lebenslang, reflektiert Anna Handler den Kern der Geschichte.

The disappearance of dreams!

experimental photo work by © Christa Linossi 2023 – From the series „Dreams“

What are wishes? What are dreams? Don’t we always get these things mixed up in reality? And if the wish, the dream does not come true? Then we are disappointed! But why are we disappointed? Because perhaps we don’t put the wish into action properly, the dream into words properly?

Don’t Let me down!

experimental photo work by © Christa Linossi 2023 – From the series „Dreams“

I was inspired by the song „Don’t let me down! Don’t let me down, we encounter this statement constantly and daily. It is a jumble of language, a jumble of images and again and again this phrase appears in our vocabulary: „Don’t let me down“.

Brandneue Arbeit von Christa Linossi zum Theaterstück „Jedermann“ Christa Linossi 2023

STORIES OF AN ENCOUNTER

GERHARD MARCKS & JOSEF ZENZMAIER

Keltenmuseum Ausstellung „Geschichten einer Begegnung“ Gerhard Marcks & Jeosef Zenzmaier/ Bildcredit: Coen Kossmann
Josef Zenzmaier der am 29. Januar 2023 verstarb, konnte dieses Projekt leider nicht mehr miterleben Bildmontage: © Christa Linossi

Das Keltenmuseum Hallein schafft mit der neuen Ausstellung einen besonderen Dialog zwischen Gerhard Marcks und Josef Zenzmaier. Den beiden Künstlern ist eine Ausstellung gewidmet, die auch als Hommage bezeichnet werden kann.

Letzte Arbeit vor seinem Tod von Josef Zenzmaier / Foto: © Christa Linossi

Sie erzählt von der Wertschätzung des österreichischen Bildhauers Josef Zenzmaier für den deutlich älteren Gerhard Marcks anhand der Gegenüberstellung ausgewählter Werke beider Künstler. Marcks galt als einer der bekanntesten Bildhauer Deutschlands zum Zeitpunkt ihrer ersten persönlichen Begegnung in den 1950er Jahren. Seine konsequente Auseinandersetzung mit dem Körper und der existenziellen Verfasstheit des Menschen hat Zenzmaier nachhaltig geprägt und ihn zu einem Künstler gemacht.

Beide Künstler waren Bildhauer und arbeiteten in Bronze. Die Bronzen der beiden Künstler entstanden auf sehr unterschiedliche Weise. Gerhard Marcks fertigte seine Gussmodelle meist in Gips an. Im Gegensatz zu Marcks arbeitete oder konstruierte Zenzmaier seine raumgreifenden Formen aus Wachs mit bloßen Händen, Gasbrenner und Metallspachtel.

Marcks war schon früh von den Griechen begeistert. Seit seiner Reise 1928 fühlte er sich noch stärker von der griechischen Plastik angezogen. Zenzmaier hingegen war stets ein Entdecker, offen für seine Umwelt, unbeirrbar und konsequent, auch in existenziellen Notzeiten. Das temperamentvolle italienische Lebensgefühl hat er sich zu eigen gemacht. Giacomo Manzù galt ihm als väterliches Vorbild und Mentor, ebenso prägend war die Begegnung mit Oskar Kokoschka, als er 1953 die Sommerakademie als „Schule des Sehens“ gründete.

Gerhard Marcks war Zenzmaiers konsequenter Gegenpart. Nüchtern, mit einer abgekühlten, sehr sachlichen Leidenschaft. Den großen Traditionen verpflichtet, entwickelten beide sehr unterschiedliche, eigenständige Ausdrucksformen.

Josef Zenzmaier war auch von seiner Heimat geprägt. Er setzte die Bergwelt in seinen Skulpturen um. Sein zentrales Schaffensmotiv war die Beobachtung der Natur, der Menschen und ihrer Gesten.

Das Kuratorische Team, v.l.n.r.: Florian Knopp, Arie Hartog, Martin Hochleitner / Bildcredit: Coen Kossmann

Statement Florian Knopp/ Leiter des Keltenmuseums Hallein: Sein Werk hat in den letzten Jahren immer wieder Aufmerksamkeit erregt und diese Ausstellung ist ein ganz besonderes Projekt anlässlich des 90. Geburtstages von Josef Zenzmaier. Die Freude über diese Anregung trieb ihn an. Ermöglicht wurde das Projekt durch die umfassende und sehr entgegenkommende Zusammenarbeit mit dem Gerhard-Marcks-Haus in Bremen.

Statement Martin Hochleitner / Direktor Salzburg Museum: Durch die Kooperation ist ein einzigartiges Projekt entstanden. Dafür sind wir Direktor Arie Hartog und der Familie Zenzmaier sehr dankbar. Vor allem die große Wertschätzung für den Menschen und Künstler Josef Zenzmaier soll mit dieser ersten posthumen Ausstellung zum Ausdruck gebracht werden.

Skulptur von Josef Zenzmaier Blick auf die Salzach vom Keltenmuseum aus / Foto: © Christa Linossi

www.keltenmuseum..at

FRAUENDRAMA

Die Wut, die bleibt
Veränderungen können auch im Kleinen beginnen.

am 11.07.2023 – während des Terrassentalks zu Die Wut, die bleibt, Festspielhaus, Salzburg, Österreich Foto: JAN FRIESE –

Mareike Fallwickl, Jorinde Dröse und Bettina Hering sprachen beim Salzburger Festspiele Terrassen Talk über den Roman Die Wut, die bleibt

Mareike Fallwickl ist in Salzburg keine Unbekannte, schrieb sie doch regelmäßig in den Salzburger Nachrichten unter der Rubrik „Zuckergoscherl“ über Alltagsgeschichten und Geschichten, die die Menschen bewegen.

Mareike Fallwickl hat mit ihrem Roman Die Wut, die bleibt (Erscheinungsjahr 2022) die Chance, ihren Roman im Rahmen der Salzburger Festspiele auf die Bühne zu bringen. Die Uraufführung findet am 18. August 2023 im Landestheater ihrer Heimatstadt Salzburg statt. Regie führt Jorinde Dröse.

am 11.07.2023 – während des Terrassentalks zu Die Wut, die bleibt, Festspielhaus, Salzburg, Österreich Foto: JAN FRIESE –

Jorinde Dröse erzählt, dass sie Die Wut, die bleibt gleich nach Erscheinen des Buches im März 2022 gelesen hat. „Ich war verblüfft, wie toll das Thema ’Frau und Mutter sein‘ in einer so spannenden Geschichte behandelt wird, und habe sofort gedacht: Das will ich machen, wenn ich die Chance bekomme, das auf die Bühne zu bringen.

am 11.07.2023 – während des Terrassentalks zu Die Wut, die bleibt, Festspielhaus, Salzburg, Österreich Foto: JAN FRIESE –

Sie hat einige Intendant/-innen kontaktiert und ist unter anderem auf Betina Hering gestoßen. Mit Bettina Hering (Leitung Schauspiel der Salzburger Festspiele) hat sie darüber gesprochen, ob man das Buch überhaupt dramatisieren kann, weil das immer eine gewisse Verdichtung und Verdichtung mit sich bringt. Und so haben sich die beiden Frauen nach dem Sommer noch einmal getroffen und waren der Meinung, ja, das kann man machen.

Bettina Hering wollte von Mareike Fallwickl wissen: Wie ist das Buch auf ihren zahlreichen Lesereisen und Einladungen angekommen? Und sind auch die Männer zu den Lesungen gekommen?

Mareike Fallwickl zu Herings Frage: „Ich habe meine Vorträge immer mit statistischen Fakten untermauert. Denn Themen wie die chronische, unbezahlte Überlastung von Müttern in der Gesellschaft und das nach wie vor reformbedürftige weibliche Rollenbild werden von uns nicht so deutlich benannt und öffentlich diskutiert. Dafür habe ich jede Bühne genutzt. Und ich war sehr überrascht, wie heftig die Welle der Reaktionen zurückgeschlagen ist. Von all meinen Büchern war das bei „Die Wut, die bleibt“ besonders heftig. Die Männer kamen selten, aber unter den Frauen war oft so etwas wie ein kollektiver Schmerz zu spüren.

Eigentlich, erzählt Mareike Fallwickl, wollte sie ein Buch mit „etwas Nettem“ schreiben. Doch dann kam der von vielen als sehr düster empfundene Lockdown. „Ich bekam fast täglich Nachrichten wie: ‚Ich will nicht mehr‘, ‚Ich kann nicht mehr. Ich springe vom Balkon‘. Da hat es mich gepackt, da habe ich mir die Frage gestellt: „Was ist, wenn es wirklich so ist?'“

Unter diesem Eindruck habe sie dann mitten im „Homeschooling“ ihre erste Seite geschrieben und festgestellt: Das war viel besser und authentischer als das, was sie ursprünglich schreiben wollte.

Ob das Stück durch die Begegnung zweier Generationen auch ein „Jugendstück“ sei, fragt Bettina Hering die Regisseurin Jorinde Dröse. Eine solche Einordnung findet sie – auch als Mutter – schwierig. Sie selbst habe die Erfahrung gemacht, dass so genannte Kinder- oder Jugendstücke genauso die Kinderseele im Erwachsenen ansprechen und diese Einordnung an den Rand drängen. Für sie geht es in Die Wut, die bleibt ganz klar um die Frage „Wie will ich als Frau leben?“, unabhängig von den Generationen. Generell sei die jüngere Frauengeneration durch mehr Wissen schneller und könne dadurch radikaler sein. Daraus ergäben sich interessante Dialoge zwischen den Generationen.

Mareike Fallwickl betont, dass sie tatsächlich von interessierten jungen Frauen zu ihrem Roman inspiriert wurde. Sie hätten sich nicht gescheut, alles zu sagen, etwas sehr Reales getroffen habe. Ihr sei klar geworden, dass diese Generation durch mehr Wissen und bessere Vernetzung einen Startvorteil gegenüber ihrer eigenen Generation habe. Unklar sei jedoch, was dies für die Umsetzung von Veränderungen bedeute.

Die Jugend von heute habe die Rebellion nicht erfunden. Es habe sie schon früher gegeben, ergänzt Jorinde Dröse. Das bestätigt auch Bettina Hering, blickt etwa auf Simone de Beauvoirs Grundlagentext Das andere Geschlecht aus den 1970er Jahren, den sie für die Marathonlesung am Ende der diesjährigen Spielzeit gründlich durchforstet hat, und stellt in diesem Zusammenhang klar: „Solange die Verhältnisse so sind, wie sie sind, bleibt noch viel zu tun, um das gesellschaftliche Frauenbild zu verändern.

https://www.salzburgerfestspiele.at/

https://www.mareikefallwickl.at/

https://www.rowohlt.de/buch/mareike-fallwickl-die-wut-die-bleibt-9783498002961

Mareike Fallwickl (1983) DIE WUT, DIE BLEIBT

In einer Dramatrisierung des gleichnahmigen Romans

Uraufführung in deutscher Sprache

Premiere: 18. August 2023

„MORDGEDANKE, WOHER KOMMST DU?“

Terrassen Talk der Salzburger Festspiele 2023 zu Giuseppe Verdis  Oper MACBETH

Asmik Grigorian (spielt heuer in der Oper MACBETH die Lady Macbeth) beim Terrassen Talk der Salzburger Festspiele 2023 Foto: © Christa Linossi

Die Salzburger Festspiele 2023 stehen bereits in den Startlöchern, ab 21. Juli 2023 geht es Schlag auf Schlag in den Festspielsommer.

Auch die Terrassengespräche geben wieder Einblicke in neue Produktionen und Inszenierungen, und wie das Genie Shakespeare, der Welttheatermacher, der Weisheit ebenso verstand wie das schallende Gelächter und den Schrecken der Erkenntnis, steht uns – Hand in Hand mit Verdi in MACBETH und FALSTAFF – zur Seite.

Beim ersten Terrassengespräch des Festspielsommers diskutierten Marie Therese Rudolph (österreichische Musikwissenschaftlerin und Autorin), der Regisseur Krzysztof Warlikowski, die Bühnenbildnerin Malgorzata Szczesniak und die Hauptdarstellerin Asmik Grigorian als Lady Macbeth (Opernsängerin), über Verdis Oper MACBETH.

tt_macbeth_2023_szczesniak_grigorian_warlikowski_Foto © jan_friese-scaled

Bei den Salzburger Festspielen inszeniert der Regisseur Krzysztof Warlikowski zum dritten Mal eine Oper.Für ihn ist es nicht nur eine neue Herangehensweise an das Werk, sondern nach seiner Pariser Hamlet-Inszenierung (französischer Komponist: Ambroise Thomas) im März bereits die zweite Auseinandersetzung mit einem Shakespeare-Stoff in diesem Jahr.

krzysztof-warlikowski-Foto © Anne Zauner Salzburger Festspiele  

„Beide Opern wurzeln in mythologischen Stoffen der Antike und basieren auf zwei großen Werken der Weltliteratur – musikalisch haben wir es aber mit zwei unterschiedlichen Welten zu tun“, sagt er. Die Handlung spielt in einer Zeit, in der die Figuren dem Wahnsinn verfallen sind. Bei der Frage, wie er sie gestalten solle, habe ihn die menschliche Dimension der Figuren interessiert – schließlich sei Macbeth eine Reise ins Inferno.

Worum geht es in Macbeth? Shakespeare erzählt die Geschichte der heimtückischen Ermordung des schottischen Königs Duncan. Der Feldherr Macbeth ermordet, angestachelt von drei Hexen und seiner bösen Frau Lady Macbeth, den beliebten schottischen König. Er verspricht sich davon Macht und Ruhm.

Warlikowski inspirierten bei seiner Arbeit Assoziationen zu Bernardo Bertoluccis Film „Der große Irrtum“ („Il conformista“). Der Moment, in dem Macbeth die Hexen über seine Zukunft befragt, sei ein besonderer Moment: „Das ist eine bewusste menschliche Entscheidung mit dem Ziel, sich davon leiten zu lassen. Also das Gegenteil von passiver Schicksalsergebenheit“, so Kryzstof Warlikowski.

Asmik Grigorian, in diesem Sommer als Lady Macbeth in Salzburg zu sehen, sagt über ihre Rolle: „Das ist eine sehr schwierige Rolle. Aber wie bei jeder Figur, die ich verkörpere, gebe ich mein Bestes und investiere viel Zeit in die Vorbereitung“. Eine grundsätzlich neue musikalische Erfahrung sei das aber nicht. Schon ihre Eltern hätten viel Verdi gesungen, so dass sie mit einem italienischen Repertoire aufgewachsen sei.

Asmik Grigorian (litauische Opernsängerin (Sopran)) Foto: © Christa Linossi

Eine weitere Frage war, ob sich Macbeth und Lady Macbeth als Paar auf Augenhöhe begegnen.  Asmik Grigorian antwortet: „Grundsätzlich versuche ich auf der Bühne, den Menschen hinter der Rolle zu ergründen. Ich will mich in die Situationen hineinversetzen, die sie erlebt.“ Eine Paarbeziehung sei immer dynamisch, deshalb wolle sie auch die Verletzlichkeit und die Schwächen herausarbeiten. Nur das Dunkle und Böse in dieser Figur darzustellen, interessiere sie nicht, betont sie: „Ich glaube nicht an eindimensionale Charaktere. Ich bin Krzysztof Warlikowski sehr dankbar, dass er die Geschichte so erzählt, dass alles, was passiert, eine Ursache und ein Motiv hat“.

Małgorzata Szczęśniak, die erneut für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich zeichnet, sagt: „Wir wollten einen Raum schaffen, den man gleichzeitig als universell, metaphorisch und poetisch bezeichnen kann. Von Bildern, die etwas Kriegerisches, Militärisches assoziieren, hat sich unser Konzept gelöst. Inspiriert wurde sie vom „Jeu de paume“, dem „Spiel der Könige“ aus der Renaissance, dem Vorläufer des heutigen Tennis. Zu den Kostümen sagt sie: „Sie sind angelehnt an den italienischen Stil der 1920/30er Jahre, an die Filmwelt von „Il Conformista“, in der sich nach außen hin ein normales Leben abspielt.

Nicht nur außergewöhnliche Stimmen, sondern auch außergewöhnliche Darsteller sind für eine Oper wie diese gefragt. In MACBETH geht es um unsere Verletzlichkeit und unser Bedürfnis nach Glauben, um das Unbekannte zu bewältigen.

Franz Welser-Möst, der die musikalische Leitung dieser Oper übernommen hätte, muss sich zu seinem großen Bedauern aufgrund einer akuten orthopädischen Erkrankung in ärztliche Behandlung begeben. Die Salzburger Festspiele danken Philippe Jordan, dass er kurzfristig zugesagt hat, die musikalische Leitung der Neuproduktion von Giuseppe Verdis Macbeth in der Regie von Krzysztof Warlikowski zu übernehmen.

DIMENSIONS Digital Art since 1859

LU Yang Doku – Digital Alaya, 2022 Courtesy of the artist & Jane Lombard Gallery © Yang Lu Foto: Arturo Sanchez // Photo: Arturo Sanchez

Bereits seit April 2023 findet in den Pittler Werken Leipzig die interessante Ausstellung DIGITALE KUNST statt. Sie ist ein Sprung in die digitale Welt. Erst jetzt komme ich dazu, über diese interessante Ausstellung zu schreiben, die noch bis zum 09. Juli 2023 läuft.

Pittlerwerke Außenansicht 2023 Installationsansicht DIMENSIONS Digital Art since 1859, Leipzig 2023 // installation view DIMENSIONS – Digital Art since 1859, Leipzig 2023

Was zeigt die Ausstellung? Auf 10.000 Quadratmetern werden rund 60 Kunstwerke vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart gezeigt. So entsteht ein einzigartiges Ausstellungserlebnis, das den Zusammenhang von Kunst und technologischer Entwicklung auf faszinierende Weise erfahrbar macht. Internationale Shootingstars der Kunstszene wie Refik Anadol oder Lu Yang zeigen neben frühen Pionieren aktuelle Arbeiten. Die Schau ist eine Hommage an die Vielfalt der digitalen Kunst und die schöpferische Kraft des Menschen in der spektakulären Industriearchitektur der PittlerWerke.

Shiro TAKATANI
ST\LL for the 3D Water Matrix, 2014
© Shiro Takatani Photo: Patrik Alac

Die Ausstellung DIMENSIONS-Digitale Art since 1859 sorgte auch für viel Gesprächsstoff, Interesse und Nachfrage. Was hat digitale Kunst mit der analogen Kunst des 19. Jahrhunderts zu tun? Wie beeinflusst die Digitalisierung die Künstler*innen heute? Die Digitalisierung hat längst auch die Kunst erreicht – weltweit erfinden Künstler*innen neue digitale Räume und Erzählungen. DIMENSIONS zeigt, dass es sich dabei weniger um einen neuen Trend als vielmehr um eine Konstante in der Geschichte der Kunst handelt, die seit jeher durch den Dialog zwischen neuen Technologien und künstlerischen Ausdrucksformen geprägt wird.

Projet EVA
The Object of the Internet, 2017
Installationsansicht DIMENSIONS
Digital Art since 1859, Leipzig 2023
© Stiftung für Kunst und Kultur e.V.
Foto: Alexander Schippel /

Ein DIMENSIONS-SYMPOSIUM fand parallel zur Ausstellung statt. Zu Gast waren namhafte Expertinnen und Experten aus den USA und Europa, die über Chancen und Gefahren von Künstlicher Intelligenz (KI) in Kunst und Gesellschaft diskutierten. Das Fazit der Expertinnen und Experten: 1. KI kann ein hilfreiches Werkzeug zur Gestaltung unserer Gesellschaft im Sinne einer erweiterten Intelligenz (engl. Augmented Intelligence im Unterschied zu Artificial Intelligence) werden, aber gleichzeitig auch ein hochgefährliches Werkzeug, um kriminelle Machenschaften in bisher nicht gekannter Weise zu ermöglichen.

Stiftung für Kunst und Kultur

Es ist mehr als dringend notwendig, zu regulieren.  2. KI simuliert, sie schafft nichts! KI hat kein eigenes Bewusstsein und keine eigene Agenda. Dennoch muss die Gesellschaft wachsam sein und den Umgang mit KI-Simulationen angemessen regulieren, da diese sich ständig und sehr schnell weiterentwickeln.

Dies ist eine globale Aufgabe, und in der EU ist die Ausarbeitung von Rechtsvorschriften bereits im Gange. Von entscheidender Bedeutung ist die Bildung. Die Gesellschaft muss die Funktionsweise der KI im Rahmen der digitalen Transformation besser verstehen und kennen lernen. 3. Die Kunst bleibt unabhängig und frei. KI-basierte Software kann ein weiteres, sehr effektives Werkzeug für Künstlerinnen und Künstler sein, aber sie wird Künstler und Autoren – menschliche Kreativität, Authentizität und Originalität – nicht ersetzen.

https://www.dimensions-digital-art.de/

Die Ausstellung Dimensions – Digitale Kunst seit 1859 läuft noch bis zum 9. Juli 2023 und um noch mehr Menschen den Besuch der Ausstellung zu ermöglichen, entfällt ab dem 05. Juli 2023 der gesamte Eintrittspreis für alle Besucher*innen bis zum Ende der Ausstellung am 9. Juli 2023.