The Myth of Normal: Körper und Gesellschaft in der Kunst

Der Salzburger Kunstverein beschreitet neue Wege mit dem Themenschwerpunkt People – Health – Mind – What’s Normal and What’s Not?

The Myth of Normal Foto: © Kunst-Dokumentation

Die Ausstellung „Der Mythos des Normalen, Chronische Widersprüche“ ist eine Gruppenausstellung, die in Zusammenarbeit mit dem Kunstverein Hannover konzipiert wurde. Die Ausstellung steht in engem Zusammenhang mit der Schwesterausstellung im Kunstverein Hannover „Der Mythos des Normalen vom “Können und Gönnen“. Sie zeigt:

„Die Gruppenausstellung The Myth of Normal. Vom Können und Gönnen beleuchtet zentrale Fragen des Verhältnisses von Körper und Gesellschaft. Vor dem Hintergrund der UEFA EURO 2024, die im Juni und Juli Hochleistungskörper in den sportlichen Wettkampf schickt, präsentiert der Kunstverein Hannover künstlerische Perspektiven zur Wahrnehmung und Erfahrung von Vulnerabilität, zu individuellen und kollektiven Traumata, zur Auseinandersetzung mit Schmerz, Krankheit und Therapie, zur Heilarbeit und – letztlich – Fürsorge und (Ver-)Teilung“. https://www.kunstverein-hannover.de/de/ausstellungen/4056-the-myth-of-normal-vom-knnen-und-gnnen

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Von Konkurrenz und Zugeständnissen untersuchen beide die Normen der „Normalität“ im Gesundheitswesen und die Erwartungen der Gesellschaft, inspiriert von den Erkenntnissen des renommierten Traumaforschers Dr. Gabar Maté. Ergänzend dazu erforscht die von beiden Kunstvereinen gemeinsam produzierte Performance-Reihe When the Body Says Yes (or Maybe) die Nuancen des Könnens.

Die erste Frage, die ich mir stellte, war: Wie wird der Besucher den Ausstellungsraum sehen? Erschrocken, irritiert oder gleichgültig, sich fragend, warum die Papierstapel, warum der Rollwagen, auf dem Gehirne liegen, oder die herabhängenden, seltsamen, nicht zuzuordnenden Säcke? Was ist die Botschaft, was wollen die Künstler damit ausdrücken?

The Myth of Normal (?San Daniel Schinken?) Foto: © Kunst-Dokumentation

Als ich den Ausstellungsraum betrat, erinnerte mich mein erster Blick auf die 20 hängenden Exponate an den berühmten San Daniele Schinken (italienisch Prosciutto di San Daniele). (Dieser luftgetrocknete italienische Schinken stammt aus der kleinen Stadt San Daniele in der Region Friaul im Nordosten Italiens.) Nein, es geht nicht um den berühmten Schinken, sondern darum, dass Formen mehrdeutig sein können. Diese Objekte des Künstlers Itamar Gov, deren Länge zwischen einhundert und einhundertachtzig Zentimetern variiert, evozieren einen Einblick in die intimen Kämpfe und Triumphe des Lebens mit der Krankheit und verwandeln es in einen Akt des Überlebens.

Ein weiteres Kunstobjekt desselben Künstlers fällt sofort ins Auge. Es handelt sich um 33 identische Gehirne aus Gips, die in Wachs getaucht auf einem metallenen Operationstisch präsentiert werden. Ihre Präsentation verbindet klinische Distanz mit kulinarischer Ästhetik. Obwohl die Gehirne optisch weich und fast durchscheinend erscheinen, sind sie in Wirklichkeit eher steinern. Govs Aneinanderreihung der Gehirne in dieser Installation verstärkt die Spannung zwischen dem Idealen und dem Realen, dem Organischen und dem Künstlichen.

Gleichzeitig spielt die Arbeit mit der Tatsache, dass das Gehirn als zentrales Denk- und Identitätsorgan im Gegensatz zu allen anderen Teilen des menschlichen Körpers nicht reproduziert oder ersetzt werden kann. Damit greift der Künstler Themen aus der Frankenstein-Geschichte und E.T.A. Hoffmanns „Sandmann“ auf, in dem die Figur der Olympia ein ebenso überzeugendes wie groteskes künstliches Ideal darstellt.

The Nursery und Olympia (CER.810), zwei Werke von Itamar Gov, untersuchen die Auswirkungen der Behandlung des menschlichen Körpers und Geistes als Bereiche technologischer Eroberung und Perfektion. Das Werk greift Themen aus der Frankenstein-Geschichte und E.T.A. Hoffmanns „Der Sandmann“ auf, in dem die Figur der Olympia ein ebenso überzeugendes wie groteskes künstliches Ideal darstellt.

The Myth of Normal Foto: © Kunst-Dokumentation

Auch die blaue Liege mit der sanften, aber überzeugenden Botschaft READY TO PUT MY FEET UP. REST HERE IF YOU AGREE im Ausstellungsraum lädt dazu ein, Stellung zu beziehen. Sind Sie bereit, sich hinzusetzen und sich neu zu positionieren? Dieses Element stammt von der Künstlerin Finnegan Shannon, die damit einen proaktiven Ansatz verfolgt, um das Problem der Verfügbarkeit von Ruheplätzen im öffentlichen Raum zu thematisieren. 

Die Ausstellung ist auf jeden Fall einen Besuch wert. https://salzburger-kunstverein.at/themythofnormal