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Die Salzburger Festspiele, eines der angesehensten Kulturereignisse weltweit, feierten ihre Eröffnung mit der Premiere von „Jedermann“ am Samstag, den 20.07.2024, und dem Festspielauftaktfest 2024. Diese jährliche Veranstaltung lockt Künstler und Kulturliebhaber aus der ganzen Welt an und dient als Bühne für exzellente Darbietungen in Theater, Oper und Musik.
Derzeit folgt ein Terrassengespräch auf das nächste, und ich bin der Meinung, dass diese Gespräche einen ausgezeichneten Einstieg in die Darbietungen bieten. Sie liefern wertvolle Einblicke und Hintergrundinformationen, die das Verständnis und die Wertschätzung für die Aufführungen erhöhen.

Foto: Neumayr/Leopold 19.07.2024
Hier ist ein kurzer Überblick über die Neuinszenierung von Stefan Zweigs „Sternstunden der Menschheit“, inszeniert von Thom Luz, musikalisch geleitet von Mathias Weibel und dramaturgisch begleitet von Katrin Michaels sowie Schauspieldirektorin Marina Davydova, präsentiert beim Terrassengespräch am 19. Juli 2024.
Wie kam es zu dieser Neuinszenierung?

© SF/Neumayr/Leo
Mit der Regisseurin und (jetzt Schauspieldirektorin) Marina Davydova hat Thom Luz schon früher zusammengearbeitet. So war er zu Gast bei ihrem Moskauer Festival. Davydova: „Thoms Theaterästhetik ist meiner sehr ähnlich. Seine Arbeiten erinnern mich an abstrakte Malerei. Als ich ihn für das diesjährige Schauspielprogramm anfragte, kam er mit der Idee der Sternstunden auf mich zu und ich war sofort begeistert.“ Den Schriftsteller Stefan Zweig lernte sie bereits zu Zeiten der ehemaligen Sowjetunion kennen, wo er im Gegensatz zu vielen anderen westlichen Autoren jenseits des „Eisernen Vorhangs“ Anerkennung fand.
Der Titel „Sternstunden der Menschheit“ schwebte der Dramaturgin Katrin Michaels schon vor Jahren vor, um auf die heutige Zeit zu verweisen, in der die Menschheit in vielerlei Hinsicht das Gegenteil einer Sternstunde erlebt. Das sieht auch Luz so: „Wir leben in einer Zeit, die unsere Welt wahrscheinlich für viele Jahre nachhaltig prägen wird. Thomas Mann spricht sehr treffend vom ‘Edelrost der Geschichte’, der über den Erzählungen Stefan Zweigs liegt.“

Was macht den Text von Stefan Zweig so interessant?
Den Inhalt von Zweigs Text beschreibt Luz so: „Es sind 14 Miniaturen historischer Ereignisse, die Zweig ausgewählt hat, weil sich in ihnen in einem kurzen Augenblick die Welt schlagartig verändert. Zweig wählt etwa die Niederlage bei Waterloo, die Verlegung des ersten Tiefseekabels zwischen Europa und den USA, aber auch Goethes Schreibtisch – Momente oder Gegenstände, an denen etwas geschah, das unsere Welt – sei es politisch oder poetisch – nachhaltig prägt.“ Diese Momente sind oft Wendepunkte, die das Schicksal von Nationen und Menschen entscheidend beeinflusst haben.
Thom Luz, der sowohl Regie führt als auch für das Sounddesign verantwortlich ist, inszeniert diese Geschichten in einer modernen Version in einem Museumsdepot voller Statuen und Trümmer aus zweitausend Jahren europäischer Geschichte. Diese visuelle Kulisse dient als symbolischer Hintergrund für die historischen Miniaturen und unterstreicht die zeitlose Bedeutung der dargestellten Ereignisse.
In den vielen Verbindungen zwischen Zweig selbst, Salzburg, Brasilien, der Vergangenheit und der Gegenwart geht es letztlich darum, die Zeitlosigkeit der Themen erfahrbar zu machen. „In den Sternstunden sind eigentlich alle Themen enthalten, die uns als Menschen ausmachen“, sagt Luz und ergänzt: „Zweig träumt sehr oft auch sein eigenes Schicksal in die Sternstunden hinein. Eine seiner frühen Sternstunden wurde später zu seinem Schicksal: In der Cicero-Geschichte geht es um einen Mann, der ebenfalls vor politischen Unruhen ins Exil flieht und dort erkennt, dass der Weg in den Selbstmord für ihn der einzige Weg nach vorn ist. Genau das ist Zweigs eigene Geschichte geworden.“
In der Aufführung von „Sternstunden der Menschheit“ ist die Musik entscheidend, um die Stimmung und die emotionale Intensität der historischen Ereignisse zu unterstreichen. Mathias Weibel, zuständig für Komposition und musikalische Leitung, kooperiert eng mit Thom Luz, damit die Musik perfekt in das Stück integriert wird und die Handlung verstärkt.
Die visuelle Umsetzung von „Sternstunden der Menschheit“ verspricht eine beeindruckende und einzigartige Neuinszenierung zu werden. Thom Luz plant dafür den Bau einer ungewöhnlichen Bühne, die an ein Museumsdepot erinnert, voll mit Statuen und Ruinen aus zweitausend Jahren europäischer Geschichte. Diese Szenerie wird als symbolische Kulisse für Stefan Zweigs historische Miniaturen dienen und die zeitlose Relevanz der geschilderten Begebenheiten hervorheben.
Die Bedeutung von Zweig eigenem Buch über Brasilien mit dem Titel “Land der Zukunft” sei nicht zu unterschätzen, waren sich Weibel und Luz einig: Zweig habe sich das Land eher als einen die Realität verklärenden Ort vorgestellt. An seinem letzten Aufenthaltsort, einer eher ärmlichen Wohnung in Pétropolis, hätten sich Zweigs Hoffnungen wohl relativiert. Am Ende seiner von zunehmender Verzweiflung geprägten Reisen sei für ihn die Reise ins Nichts der letzte Fluchtpunkt gewesen.
Premiere: Landestheater Salzburg, Samstag, 27. Juli 2024
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