EGON SCHIELE Zeiten des Umbruchs Egon Schieles letzte Jahre 1914-1918

Tafelrunde. Plakat zur 49. Ausstellung
der Wiener Secession, 1918
Lithografie auf Papier | 68,5 × 53 cm
Leopold Museum, Wien
Foto: Leopold Museum, Wien

Das Leopold Museum widmet im Frühling 2025 eine große monografische Ausstellung: IN ZEITEN DES UMBRUCHS. EGON SCHIELES letzte Jahre 1914-1918. Der Fokus ist auf sein Spätwerk gerichtet.

Egon Schiele ist für mich ein einzigartiger Künstler, denn er vereint die Gegensätze des Lebens auf der Leinwand. Diese Gegensätze spiegeln nicht nur die Zerrissenheit seiner Zeit wider. Sie zeigen auch seine eigenen inneren Konflikte. Diese Themen beschäftigen auch mich als Künstlerin und Mensch. Es ist diese tiefe Verbundenheit mit Gegensätzen, die ich mit Schiele teile.

EGON SCHIELE 1890–1918/ Umarmung (Liebespaar II), 1917
Öl auf Leinwand | 100 × 170 cm
Belvedere, Wien
Foto: Belvedere, Wien/Johannes Stoll

Sie prägte auch meine Kunst ebenso wie meinen Blick auf die Welt. In seinen späteren Arbeiten, etwa die Porträts mit ihrer ruhigeren und fließenderen, sehe ich als eine Entwicklung, die mich zum Nachdenken anregt. Die Gegensätze, die Schiele in seinen Werken vereint, spiegeln sich auch in meinem künstlerischen Schaffen wider. In meinen Arbeiten experimentiere ich bewusst mit starken Kontrasten. Ich arbeite mit experimenteller Fotografie. Dabei versuche ich, die Landschaft mit einer von mir gestalteten Grafik zu vereinen.

Zwei Zitate von Egon Schiele, die zum Nachdenken anregen: „„Ich liebe die Gegensätze“, „Den Künstler hemmen ist ein Verbrechen, es heißt keimendes Leben morden“! Mit diesen Worten drückte Schiele sein tiefes Verständnis für künstlerische Freiheit aus, das sich in seinem Werk widerspiegelt.

EGON SCHIELE 1890–1918/ Sitzende Frau mit hochgezogenem Knie, 1917 Bleistift, Gouache auf Papier | 46 × 30,5 cm National Gallery Prague Foto: National Gallery Prague 2025

Egon Schiele kommt am 12. Juni 1890 in Tulln als Sohn von Adolf Eugen Schiele (Stationsvorstand der k.u.k. Staatsbahnen, und Marie Schiele, geb. Soukup zur Welt. Sein zeichnerisches Talent dürfte er von seinem Großvater dem Architekten und Bahningenieur Ludwig Schiele, dem Erbauer und ersten Generalinspektor der k.u.k. Privilegierten Böhmischen Westbahn, vererbt haben. Das „Eisenbahnerschicksal“ von Großvater und Vater als Eisenbahnerkind haben Schiele zum passionierten Reisenden gemacht.  Schon als Sechzehnjähriger zeichnete er Züge und übersetztee die technische Genauigkeit in visionäre Fernbilder. Die Reiselust könnte jedoch auch als Flucht aus dem Elternhaus gedeutet werden.

Ausstellung EGON SCHIELE1890–1918 Leopold Museum, Wien
Foto: Leopold Museum, Wien

Nur zehn Schaffensjahre waren dem exzentrischen Ausnahmekünstler vergönnt, bevor er im Alter von 28 Jahren an der „Spanischen Grippe“ starb. In diesem Jahrzehnt schuf Schiele ein umfangreiches Werk. Dieses ist vor allem für seine malerischen Hauptwerke und die Zeichnungen bekannt. Zwischen 1910 und 1913 setzte er sich in diesen Werken mit seinen eigenen Befindlichkeiten auseinander. Auch die Selbstbefragung und Zerrissenheit einer ganzen Generation thematisierte er.

Ab 1914, in der Mitte seiner beruflichen Laufbahn, erlebte Schieles Leben dramatische private und historische Wendungen. Er musste sich anpassen. Diese Wendungen wirkten sich auf sein Schaffen aus. Seine Selbstbezogenheit nahm ab. Er wurde empfänglicher für die äußeren Umstände. Er konzentrierte sich auf neue Themen und veränderte seinen künstlerischen Stil.

Das spätere Œuvre basiert auf mehr als 130 Werken aus der Sammlung des Leopold Museum. Es enthält Werke aus internationalen Museen und Privatsammlungen. Die in neun Themenbereiche gegliederte Ausstellung verwebt biografische mit künstlerischen Elementen. Die Schau untersucht die stilistischen und persönlichen Wandlungen Schieles in den dramatischen Kriegsjahren. Sie bietet neue Einblicke in seinen letzten Lebensabschnitt. Dieser wurde durch seinen unerwarteten, frühen Tod 1918 jäh beendet.

Wer sich mit Kunst auseinandersetzen will, kommt an Egon Schiele nicht vorbei. Seine Werke sind nicht nur Ausdruck seiner Zeit, sondern auch ein Spiegel innerer Zerrissenheit – eine Kraft, die mich als Künstlerin inspiriert und herausfordert, indem sie mir immer neue Perspektiven eröffnet.

https://www.leopoldmuseum.org/en/exhibitions/145/egon-schiele