Ein Klang öffnet die Berge – Adventsingen zwischen Licht, Zweifel und Hoffnung

Festlicher Auftakt im Großen Festspielhaus: Das Salzburger Adventsingen 2025 entfaltet sich vor dem Dachsteinmassiv – eine Szene zwischen alpiner Weite und biblischer Intimität. Foto: © Rudi Gigler 2025

Zwischen Licht und Zweifel öffnet sich ein Klangraum des Staunens.

Dies ist mein Blick als Journalistin – präzise, beobachtend, berichtend. Zugleich ist es meine Resonanz als Besucherin – fragend, berührt, staunend. Das Salzburger Adventsingen im Festspielhaus zeigt sich nicht nur als Aufführung, sondern auch als Spiegel, in dem sich Tradition und persönliche Erfahrung begegnen.

Auftakt

Die Adventszeit hat begonnen, Christkindlmärkte öffnen ihre Pforten, Glühweinstände laden zum Verweilen ein. Im Salzburger Festspielhaus startete am 29. November die Premiere des berühmten Salzburger Adventsingens – ein Fixpunkt, der Besucher aus Nah und Fern anzieht.

Bühnenbild des Salzburger Adventsingens 2025 im Großen Festspielhaus: alpine Weite trifft biblische Intimität – ein Dorf zwischen Dachstein und Bethlehem. Bühnenbild und Foto: Andreas Ivancsics 2025

Das Bühnenbild

Das karge Dachsteinmassiv liegt wie ein aufgeschlagenes Buch vor uns. Ein alpines Echo des biblischen Judäa, gemalt in Licht und Kulisse. Ich sah es nicht nur als Zuschauerin, sondern auch mit dem Wissen um seine Entstehung – und spürte, wie Weite und Intimität miteinander kontrastieren. Ich saß im Zuschauerraum – nicht nur als Journalistin, sondern auch mit einem besonderen Blick auf das Bühnenbild, da ich in Gosau seine Entstehung miterlebt habe. Als Zuschauerin spürt man: hier wird nicht nur gespielt, sondern auch gedeutet – die Weite des Massivs kontrastiert mit der Intimität der Geschichte.

Josef und Maria

Die Inszenierung ist ruhig, ohne Aktionismus. Josef wirkt verstört, Maria ist schwanger – nicht von ihm. Die Kirche nennt es ein Wunder, doch sein Blick erzählt von Zweifel und Schmerz. Wie kann ein Mann, der nicht Vater sein darf, dennoch Vater werden?

Der blinde Hirte

Der blinde Hirte mit seinem Hirtenkindbegleiter – ein Moment des Hörens, Sehens und Erinnerns. Zwischen Steinwand und Horn entsteht ein Raum für Fragen, Herkunft und Herz. Foto: © Rudi Gigler 2025

Er sieht mit dem Herzen, erkennt, was Augen nicht sehen. Seine Kinder begleiten ihn, fragen nach Herkunft, und plötzlich wandert das Evangelium durch alpine Landschaften – Bergschuhe, bäuerliche Tracht, als würde Bethlehem im Dachstein erscheinen.

Klang statt Bild

Die Hirtenkinder spielen den Pascher – ein rhythmischer Ruf ins Diesseits. Dann öffnet der Andachtsjodler den Himmel: kein Bild, sondern ein Klang bleibt zurück. Foto: © Rudi Gigler 2025

Das Kind bleibt unsichtbar, doch Engel, Hirtenkinder, Pascher und Jodler kreisen um die Leerstelle. Der rhythmische Pascher holt die Szene ins Diesseits, der berühmte Andachtsjodler öffnet die Grenze zwischen Bühne und Himmel. Das Adventsingen endet nicht mit einem Bild, sondern mit einem Klang – ein Raum der Fragen und des Staunens.

Eindruck

Das Bühnenbild stark, die Aufführung ruhig, der blinde Hirte berührend. Doch die Fragen bleiben – und vielleicht ist das das Wichtigste: Nicht nur sehen, sondern auch fragen.

Musikalisch begleitet von Salzburger Saitenmusik, Geigenmusik, Juvavum Brass, Blattbläser-Ensemble, Solist*innen Eva Schinwald, Elisabeth Eder-Marböcl, Johannes Forster, den Ensembles Hohes C und CMM, dem Salzburger Volksliedchor und den Hirtenkindern.

Prädikat: Sehenswert. Die Aufführungen finden am 2. und 3. Adventwochenende jeweils von Freitag bis Montag statt. Tickets: http://www.salzburgeradventsingen.at