„Rupertinum Salzburg: Bilder, Körper, Klang – ein sehenswertes Eintauchen“

EVERY BODY! WAS KÖRPER ERZÄHLEN

„Ein liegender Körper vor steinernen Säulen – VALIE EXPORTs Blick auf Macht, Präsenz und Verletzlichkeit. Fotografiert im Rupertinum von Christa Linossi. (Titel unbestätigt, Zuschreibung nach Bildsprache und Ausstellungskontext)“

Das Rupertinum in Salzburg präsentiert mit „Every Body!“ eine Ausstellung zur Fotografie und Medienkunst von 1945 bis heute. Was erzählen Körper? Jede Betrachterin, jeder Betrachter bringt eine eigene Sichtweise mit. Fotos können Erinnerungen, Emotionen und Geschichte transportieren. In einer Zeit, in der wir unaufhörlich fotografieren, stellt sich hier die Frage: Was macht ein gutes Foto wirklich aus?

Anahita Razmi – Roof Piece Tehran (2011) Eine Figur in Rot – Posen auf der Terrasse, ein Blick, der den Raum dominiert. Foto: © Christa Linossi 2025

Schon beim Eintritt fiel mein Blick sofort auf die Rückwand des Ausstellungsraumes: eine Videoleinwand der Künstlerin Anahita Razmi (Roof Piece Tehran, 2011). Eine Person in Rot posiert in verschiedenen Posen auf einer Terrasse – ein Bild, das den Blick unweigerlich fesselt. Links und rechts im Raum hängen ebenfalls starke Arbeiten: Fotografien von Ernst Haas aus der Serie Homecoming Prisoners. Vienna 1945–1948. Sie zeigen Kriegsheimkehrer, auf der gegenüberliegenden Seite Porträts von Männern – vielleicht ebenfalls Heimkehrer.

Ein Foto hat mich besonders berührt: Ein von Bomben zerstörtes Haus, Fenster fehlen, Schutt türmt sich vor der Fassade. Auf dem Gehsteig geht eine alte Frau, gebeugt, gezeichnet von Trauer und Sorgen. Dieses Bild ruft unweigerlich aktuelle Kriegsszenarien ins Gedächtnis – Ukraine, Gaza – und zeigt, wie sehr Geschichte und Gegenwart ineinander greifen.

Ernst Haas – Homecoming Prisoners. Vienna 1945–1948 Ein zerstörtes Haus, eine alte Frau im Schutt – Erinnerung, die sich mit Gegenwart verbindet. Foto: Christa Linossi 2025

Ein anderes Foto von Haas dokumentiert einen Heimkehrer mit Prothese im Rucksack, Krücken in der Hand, wartend an einer Haltestelle. Die Sehnsucht nach dem Heimkommen, die Freude, Frau und Kind lebend wiederzusehen – und zugleich die Last der Kriegsverletzungen. Diese Bilder werfen Fragen auf: Wie lebt man weiter nach solcher Erfahrung? Wie viel Aufarbeitung braucht es, um das Geschehene zu bewältigen?

Ernst Haas – Kriegsheimkehrer mit Prothese Ein Mann mit Krücken, Prothese im Rucksack – Heimkehr und Verletzung zugleich Foto: Christa Linossi 2025

Wir sind hochintelligente Wesen – und doch zerstören wir pausenlos. Ob in Kriegen oder in der Natur. Warum? Warum ist Macht und Profit wichtiger als Menschlichkeit? Die Waffenindustrie, einer der profitabelsten Wirtschaftszweige, bleibt bestehen – und zerstört nebenbei am meisten.

Weiter schlendernd stoße ich auf eine Fotoarbeit von Brueckl/Schmoll aus der Serie Im Garten Eden (1998). Drei chromogene Abzüge zeigen eine nackte Frau und einen nackten Mann, beide im Spiegel, beide verdecken ihre Scham. Ein Szenario wie Adam und Eva nach dem Sündenfall – verlegt in ein einfaches Badezimmer. Besonders eindrücklich: der selbstbewusste Blick der Frau in den Spiegel, der zugleich die Betrachtenden direkt ansieht.

Brueckl/Schmoll – Im Garten Eden (1998) Adam und Eva im Badezimmer – Spiegel, Scham, Selbstbewusstsein. Foto: Christa Linossi 2025

Ich habe hier nur zwei Arbeiten herausgegriffen, doch der Weg führt weiter – in den zweiten Stock, zur Ausstellung „Im Bann der Zauberflöte. Slevogt – Kokoschka – Hutter – von Huene“.

Mozarts Zauberflöte zählt zu den populärsten Werken des Musiktheaters. Zum 270. Geburtstag des Komponisten zeigt das Rupertinum vier Künstlerpersönlichkeiten, die sich auf ganz unterschiedliche Weise inspirieren ließen.

Wolfgang Hutter, Pagagenowald 1974, Farblithografie Blatt 10 der Mappe „Zauberflöte“ Museum der Moderne Salzburg; Bildrecht; Wien 2025 Foto: Hubert Auer
  • Wolfgang Hutter entwarf farbenprächtige Bühnenwelten für das Grazer Opernhaus – exotische Pflanzen, Zauberwelten. Die Umsetzung scheiterte, doch seine Grafikmappe mit Lithografien und Radierungen blieb als Zeugnis.
  • Stephan von Huene wiederum schuf eine vierteilige Klangskulptur, die Seh- und Hörgewohnheiten infrage stellt. Sie lädt dazu ein, die eigene Zauberflöte zu erleben. Seine Frau Petra Kipphoff schenkte das Werk 2024 dem Museum der Moderne Salzburg.
Stephan von Huene „DIE ZAUBERFLÖTE 1985“ vierteilige Klangskulptur; Museum der Moderne Salzburg Schenkung Petra Kipphoff von Huene Foto: Doris Wild

Die Ausstellung zeigt 41 Werke, die verdeutlichen, wie lebendig und vielschichtig die Zauberflöte bis heute wirkt – als visuelles und emotionales Erlebnis.

Persönliches Fazit

Mein Besuch im Rupertinum war ein Eintauchen in zwei Welten. Die Fotografie stellt Fragen nach Erinnerung und Gegenwart. Die Malerei und Grafik zur Zauberflöte verbindet Fantasie und Klang. Beide Medien haben ihre eigene Ausdrucksweise – und beide sind sehenswert.

Wer sich Zeit nimmt, kann die Bilder wirken lassen. Man kann Neues entdecken. Vergangenes erinnern ist ebenfalls möglich. Danach kann man vielleicht bei einem Glühwein am Salzburger Christkindlmarkt den Nachhall der Ausstellung weiterklingen lassen.

Salzburgs ewiger Jedermann: ein Spiel fürs Heute

Daniela Ziegler, Philipp Hochmair, Roxane Duran und Sylvie Rohrer – die neue Jedermann-Besetzung 2026. Foto: Julia Stix Jedermanns neue Szene: Mutter, Buhlschaft, Werke und der Mann im Zentrum

Drei Frauen schreiben das neue Kapitel im Leben des Jedermann 2026

Die Katze ist aus dem Sack.

Ende 2025 ist Jedermann wieder Gesprächsthema. In Wien wurde diese Woche bei einer Pressekonferenz enthüllt: Drei neue Frauen treten 2026 in das Leben des Jedermann.

  • Roxane Duran als Buhlschaft
  • Sylvie Rohrer als „Armer Nachbar/Werke“
  • Daniela Ziegler als Jedermanns Mutter

„Das Spiel beginnt von Neuem – und Salzburg schreibt weiter an seiner Legende.“

Ein Stück mit Geschichte

Seit seiner Uraufführung 1911 in Berlin – damals ein Misserfolg – und der legendären Premiere 1920 auf dem Salzburger Domplatz sorgt Hugo von Hofmannsthals Stück bis heute für Furore. Viele Jedermänner und Buhlschaften haben diese Rollen verkörpert.

Philipp Hochmair als Jedermann

Seit 2024 spielt Philipp Hochmair den Jedermann – eine Rolle, die ihm wie auf den Leib geschrieben ist. Schon lange beschäftigt er sich mit dem Stoff, unter anderem in seiner eigenen Jedermann Reloaded-Show. Für viele war es unverständlich, dass er nicht sofort nach Tobias Moretti übernommen hat. Hochmair brachte den Hype zurück und ließ die Kassen klingeln.

Roxane Duran (Buhlschaft) und Philipp Hochmair (Jedermann); Foto: Julia Stix Ein Moment zwischen Verführung und Vergänglichkeit – Jedermann und seine Buhlschaft im Bild

Drei neue Frauen auf der Bühne

Nun also drei neue Frauen. Warum dieser Wechsel? War es künstlerische Notwendigkeit oder dramaturgische Frische? Regisseur Robert Carsen, der das Stück ins 21. Jahrhundert geführt hat, erklärt:

„Ich freue mich außerordentlich, nächsten Sommer drei herausragende, ebenso talentierte wie kreative Schauspielerinnen neu in der Besetzung des Jedermann willkommen zu heißen: Daniela Ziegler, Roxane Duran und Sylvie Rohrer…“

Stimmen aus dem Ensemble

Auch Philipp Hochmair blickt erwartungsvoll auf die neue Besetzung:

„Ich freue mich sehr, 2026 wieder auf den Domplatz zurückzukehren und zusammen mit den neuen Kolleginnen den Jedermann und die gelungene Inszenierung von Robert Carsen weiterzuspielen.“

Besonders gespannt darf man auf Daniela Ziegler sein, die als Jedermanns Mutter debütiert:

„Jedermann ist Salzburgs Ritual – und zugleich Spiegel unserer Gegenwart. Zwischen Tradition und Neuinterpretation entfacht Philipp Hochmair einen Moment, der zeigt: Das Spiel lebt, heute mehr denn je.“
Daniela Ziegler (Jedermanns Mutter) © SF/Julia Stix Ein neues Gesicht für eine alte Rolle – Jedermanns Mutter tritt ins Licht.

„Es ist mir eine große Freude, mit meinem Debüt bei den Salzburger Festspielen Teil der langen und bedeutenden Tradition von Hofmannsthals Gründungsstück zu sein…“

Warum lieben die Salzburger ihren Jedermann?

Die Salzburger lieben ihren Jedermann – seit über 100 Jahren. Vielleicht läuft er noch weitere hundert Jahre? Eine spannende Frage wäre, warum dieses Stück so tief im Herzen der Stadt verankert ist. Als Steirerin kann ich es nicht ganz nachvollziehen – aber die Begeisterung ist unübersehbar.

Eine spannende Frage bleibt: warum ist dieses Stück so tief im Herzen der Stadt verankert? Vielleicht weil „Jede Premiere mit einem weiteren mutigen Schritt beginnt.“

Salzburger Christkindlmarkt 2025 – Wo Tradition zur Weltpremiere wird

Salzburger Christkindlmarkt 2025 – Tradition als Weltpremiere Salzburger Christkindlmarkt am Domplatz mit Festungsblick: Salzburg – Foto: Neumayr

Ein Wimpernschlag bis Weihnachten

Kaum war der Spätsommer vorbei, schon ist November da – und mit ihm die vorweihnachtliche Zeit. Ein Jahr, nur ein Wimpernschlag? Rainhard Fendrich singt davon, und der Salzburger Christkindlmarkt antwortet mit klingender Tradition. Vom 20. November bis 31. Dezember 2025 lädt einer der charmantesten Weihnachtsmärkte Europas zum Bummeln ein.

Ursprünge und Brauchtum

Die Wurzeln reichen bis ins Jahr 1491, als der „Tandlmarkt“ entstand. Heute gehört der Salzburger Christkindlmarkt zu den schönsten Europas. Sein Schwerpunkt: Brauchtum und alte Traditionen, sichtbar in handwerklichen Erzeugnissen und regionaler Authentizität.

Klangwelten am Domplatz

2025 steht der Markt unter dem Motto „Klangwelten des Salzburger Christkindlmarktes“. Glocken der Perchten und Krampusse, Auftritte von Brauchtumsgruppen, Chören, Kinderchören und Turmbläsern prägen die Adventswochen. Ein wahres Klangerlebnis empfängt die Besucher:innen.

Kulinarik und Handwerkskunst

Neben Musik locken kulinarische Köstlichkeiten und kunstvolle Geschenkideen: Christbaumkugeln, Keramik, Gewürzsträuße, duftende Seifen, wertvolle Kerzen und vieles mehr. 96 traditionelle grüne Hütten verwandeln den Markt in ein Paradies für Genießer:innen und Sammler:innen.

Internationale Strahlkraft

Der Salzburger Christkindlmarkt ist längst weltbekannt. Bei der Weltausstellung in Japan präsentierte er sich im Österreich-Pavillon – Kronprinzessin Kiko von Akishino äußerte sogar den Wunsch, ihn persönlich zu besuchen. Die britische Times kürte ihn zu einem der schönsten Märkte Europas, die Boston Globe nannte ihn einen Geheimtipp.

Eiszauber am Mozartplatz

Ein weiteres Highlight: der Eiszauber am Mozartplatz. Seit 20 Jahren besteht die Eisfläche, seit vier Jahren organisiert vom Christkindlmarkt. Bis zum 31. Jänner 2026 ist sie täglich geöffnet. 2024 hinterließen rund 20.000 Eisläufer:innen ihre Spuren – ein Wintermärchen mitten in der Stadt.

Silvester und Neujahr

Zum Jahreswechsel verwandelt sich der Christkindlmarkt in einen Silvestermarkt mit Musik, Tanz, Unterhaltung und großem Feuerwerk. Am Neujahrstag heißt es traditionell „Alles Walzer“ – ein stimmungsvoller Auftakt für das neue Jahr in der Altstadt.

Stimmen aus Salzburg

Pressekonferenz zum Salzburger Christkindlmarkt 2025
Drei Stimmen, ein Markt: Salzburg inszeniert Tradition als lebendige Bühne von li.nach re.: Bernhard Auinger, Bürgermeister der Stadt Salzburg – Andrea Stockhammer, Direktorin des DomQuartier Salzburg – Wolfgang Haider, Obmann des Vereins Salzburger Christkindlmarkt/ Foto: © Christa Linossi 2025

Bürgermeister Bernhard Auinger betont: „Der Salzburger Christkindlmarkt ist für die Salzburger:innen seit jeher ein vertrauter und verlässlicher Treffpunkt in der Vorweihnachtszeit. Ein besonderes Erlebnis nicht nur für die Salzburger:innen, sondern ebenso für Gäste aus aller Welt.“

Ein Fest der Sinne

Besuchen Sie den Salzburger Christkindlmarkt und erleben Sie unvergessliche Momente in einer zauberhaften Kulisse – ein Fest der Tradition, der Klänge und der Begegnung.

Folgen Sie dem Christkindlmarkt: www,christkindlmarkt.co.at, http://www.facebook.com/SalzburgerChristkindlmarkt, http://www.instagram.com/salzburgerchristkindlmarkt

Rebellion im Bild: Der Bauernkrieg zwischen Kunst und Ideologie

Wie Bilder den Aufstand verklären – und Diktaturen ihn für ihre Macht inszenieren

Zwischen Baugerüsten und barocker Pracht: Der Bauernkrieg als Sonderausstellung im Nordoratorium. Foto: © Christa Linossi 2025

Geschichte als Inszenierung: Im DomQuartier wird Geschichte nicht bloß gezeigt – sie wird inszeniert. 500 Jahre Bauernkrieg, ein Aufstand, der Salzburg erschütterte, tritt hier erneut auf die Bühne. Zwischen barocker Pracht und historischen Dokumenten entfaltet sich ein Drama von Macht und Widerstand, das bis heute nachhallt.

Die Bühne der Baugerüste: Schon beim Betreten des Ausstellungsraums glaubt man, auf einer Baustelle gelandet zu sein: Baugerüste durchziehen die Räume, auf ihnen sind die Gemälde installiert. Doch es ist keine Baustelle – vielmehr eine bewusst gewählte Kulisse, die den Bauernaufstand sichtbar macht.

Kunst auf Gerüsten – der Bauernkrieg tritt zwischen Stahl und Stuck erneut auf die Bühne. Foto: © Christa Linossi 2025

Der große Bauernkrieg (1524–1526): Zwischen 1524 und 1526 erhoben sich Hunderttausende Bauern, Handwerker und Bürger gegen Adel und Klerus. Sie kämpften für Gerechtigkeit, religiöse Freiheit und soziale Teilhabe – und wurden blutig niedergeschlagen. Auch Salzburg erlebte 1525 seinen Höhepunkt: Der Aufstand brachte das geistliche Fürstentum an den Rand des Zusammenbruchs.

500 Jahre später erinnert das Salzburg Museum mit einer Gastspiel-Ausstellung im Nordoratorium des Doms an diese dramatische Zeit. Sie ist in sieben Kapiteln gegliedert, jedes Bild und jeder Text spricht für sich.

 Persönliche Erinnerung: Ganghofer und mein Vater:  Eine persönliche Erinnerung begleitet meinen Rundgang: Mit 18 erzählte mir mein Vater von den Bauernaufständen und von Napoleon, der ebenfalls in Salzburg einfiel. Er gab mir Ludwig Ganghofers Roman Der Ochsenkrieg (1914) – ein literarisches Echo bäuerlicher Konflikte im Berchtesgadener Land. Ganghofer schildert einen Streit um Weiderechte, der sich zu einem Aufstand entwickelt: persönliche Tragödien, Gewalt, Krieg gegen die Obrigkeit. Mit präziser Sprache entwirft er ein eindrucksvolles Bild der bäuerlichen Lebenswelt und ihrer Unterdrückung.

Ein Aufstand in Etappen – die Timeline als Taktgeber der Revolte Foto: © Christa Linossi 2025

Historische Wendepunkte für Salzburg: Die Ausstellung selbst führt zurück zu den historischen Grundlagen. Karten und Timelines verorten den Salzburger Bauernkrieg im europäischen Kontext. Für Salzburg war er ein Wendepunkt – hätten die Aufständischen 1525/26 obsiegt und Fürsterzbischof Matthäus Lang von Wellenburg gestürzt, wäre Salzburg wohl Teil Bayerns geworden. Stattdessen blieb es noch fast 300 Jahre ein geistliches Fürstentum, bis es nach den napoleonischen Kriegen zu Österreich kam.

Bauernkrieg III, Alfred Hrdlicka (1928–2009), 1980. Radierung, Ätzung auf Kupfer, Reproduktion. ALBERTINA WIEN/ Ein Aufstand in Linien – Hrdlickas Kupferätzung als Echo der Revolte Foto: © Christa Linossi 2025

Künstlerische Rezeptionsgeschichte: Ein Kapitel widmet sich der künstlerischen Rezeptionsgeschichte: Albin Egger-Lienz mit seinem „Totentanz“, Käthe Kollwitz mit dem Zyklus „Bauernkrieg“, Alfred Hrdlicka mit Radierungen aus den 1980er Jahren. Selbst Albrecht Dürer ist vertreten – mit einem Entwurf von 1525, der wie ein Denkmal für den Aufstand wirkt. Die Ausstellung will nicht nur verstanden, sondern erlebt werden. Architektenschränke bergen Zeichnungen und Kunstschätze, die sich wie geheime Szenen öffnen.

Echo ins 21. Jahrhundert: Und sie wirft einen Blick ins Heute: Der Bauernaufstand lässt sich 1:1 ins 21. Jahrhundert übertragen. Damals Mistgabeln und Werkzeuge, heute Cyberangriffe und Drohnen. Dasselbe Thema – andere Gerätschaften.

Der letzte Takt: Geschichte als Gegenwart, Erinnerung als Bewegung. Foto: © Christa Linossi 2025

Geschichte als Gegenwart: 500 Jahre später ist der Bauernkrieg nicht vorbei. Im DomQuartier wird Geschichte nicht verstaubt, sondern als Echo neu aufgeführt. Wer Salzburg verstehen will, sollte dieses Echo hören.

LENTOS-MUSEUM Linz zeigt: „MÄDCHEN*SEIN“ – Rollenbilder zwischen Heiligenikonografie und Selfies!

AUSSTELLUNG MÄDCHEN*SEIN „Mädchen*sein im Blick – zwischen Verletzlichkeit und Selbstbehauptung. Foto: Walkobinger“Foto: ©Violetta-Wakolbinger

Unlängst besuchte ich die Ausstellung „Mädchen*sein!?“* – ein Titel, der zunächst Fragen aufwarf. Geht es um Mädchen? Um Rollenbilder? Ich ließ die Werke wirken, schlenderte durch die Räume, und beim zweiten Durchgang begann das Nachdenken: Mädchen*sein* erscheint hier als Wechselspiel zwischen kunsthistorischer Tradition und aktueller Gesellschaftspolitik.

Heute sollen Mädchen stark, selbstbewusst, sexy, schlau, schlank, aufgeklärt, gebildet, familien- und berufsorientiert, heterosexuell, weiblich und zugleich cool und unabhängig sein. Ein Idealbild wie ein Korsett – glänzend, eng, kaum atmend.

Die Schieflage dieser Wahrnehmung zeigt sich in historischen Bildtraditionen: Heiligenbilder, Märchen, Legenden. Zwischen Heiligenikonografie und Selfies wird deutlich: Mädchensein* ist keine feste Rolle, sondern ein ständiges Aushandeln.

Besonders irritierend waren die Arbeiten von Iris Legendre (*1988, Versailles, lebt in London):

Das Foto der Künstlerin Iris Legendre: „Druck, Last, Schein“ – fotografische Interventionen, festgehalten von Christa Linossi.“
  • Ein altes Foto eines kleinen Mädchens mit Puppe, dessen Kopf von Nadeln durchstochen ist – verletzlich und präsent zugleich. Symbol für Druck? Für Schmerz? Für gesellschaftliche Erwartungen?
  • Eine Familienszene, in der das sitzende Mädchen in der Mitte mit schweren Steinen bedeckt ist – sichtbar bleiben nur Hände und Füße. Warum diese Last? Schutz, Bedrohung, Erfahrung? Die Steine wirken wie ein Bild für das Unsichtbarmachen, für die Schwere, die auf Mädchen* lasten kann.
  • Ein weiteres Foto zeigt drei Mädchen in weißen Kleidern, das mittlere ohne Gesicht, ersetzt durch einen Schein. Scheinheiligkeit?

Diese Arbeiten bleiben Rätsel, Frage Bilder, die nicht loslassen.

Auch Lucy Glendinning (*1964, Großbritannien) provoziert: Ein Baby, gekreuzigt an der Wand, umrankt von Weinreben. Aufschrei? Symbol für die Last des Lebens von Geburt an? Fragen, die offen bleiben.

Die Arbeit der Künstlerin Lucy Glendinning: Geburt als Kreuzweg: Ein Baby hängt wie gekreuzigt, umrankt von Weinreben. Ist dies ein Aufschrei gegen die Last des Lebens von Anfang an? Foto: © Christa Linossi

Neben den irritierenden Positionen der Ausstellung steht das Werk „Der Faun und das Mädchen“ von Wolfgang Hutter (1928–2014, Wien), einem Mitbegründer der Wiener Schule des Phantastischen Realismus. Diese Bewegung ist bekannt für traumhafte Bildwelten, symbolische Figuren und eine detailreiche, oft surreal anmutende Malweise. Hutters Arbeiten verbinden Mythologie, Märchen und persönliche Visionen zu poetischen Szenarien, die zwischen Realität und Imagination oszillieren.

Das Werk des Künstler Wolfgang Hutter: ‚Der Faun und das Mädchen‘ – Mythos und Begegnung. Foto: © Christa Linossi“

In „Der Faun und das Mädchen“ greift Hutter die Figur des Fauns auf – ein Mischwesen aus Mensch und Tier, Symbol für Natur, Fruchtbarkeit und Trieb. Doch statt ihn als lüsternen Waldgeist darzustellen, verwandelt Hutter den Faun in ein baumartiges Wesen, das mit der Umgebung verwurzelt scheint. Das Mädchen steht ihm gegenüber, als Kontrast oder Spiegel – vielleicht als Eva, vielleicht als Muse, vielleicht als selbstbestimmte Figur im Dialog mit dem Mythos.

Die Szene wirkt wie ein modernes Paradiesbild, das nicht verführt, sondern fragt: Was bedeutet Weiblichkeit im Spannungsfeld von Natur, Mythos und Selbstbild?

Die Ausstellung spannt einen weiten Bogen: von frühen Repräsentationen bis zur heutigen Selbstbebilderung im digitalen Zeitalter. Sie ist gegliedert in Kapitel wie Mädchensein, Geschichten erzählen, Arbeiterinsein, Porträtiert werden, Sad girls, Rebellinsein, Grow it – show it, Pionierinsein.

Besonders gelungen: „Das Zimmer“, ein Raum für Experimente, Workshops und kollektive Interventionen, etwa mit Schüler*innen im Februar 2026.

Die Ausstellung „Mädchensein!?“ im Lentos Museum ist mehr als eine Schau über Rollenbilder – sie ist ein Spiegel gesellschaftlicher Erwartungen und zugleich ein Fragenraum. Zwischen historischen Bildtraditionen und zeitgenössischen Interventionen entfaltet sich ein Panorama von Verletzlichkeit, Last und Selbstbehauptung. Werke wie jene von Iris Legendre oder Lucy Glendinning irritieren und provozieren, während Wolfgang Hutter mit seinem phantastischen Realismus einen mythologischen Dialog eröffnet.

Am Ende bleibt: Mädchensein ist keine feste Rolle, sondern ein ständiges Aushandeln – zwischen Tradition und Gegenwart, zwischen Fremdbild und Selbstdefinition. Die Ausstellung macht diese Spannungen sichtbar und lädt Besucher:innen ein, sich selbst darin zu erkennen.

Sie ist klar strukturiert, mit präzisen Kapiteltexten versehen – und unbedingt sehenswert.

Alles für den Gast – Kunst trifft Küche

Logo „Alles für den Gast“-Team  

Wenn Gastronomie zur Bühne und Kunst zum Menü wird

v.l.n.r.: Alexander Kribus (Geschäftsführer Messezentrum Salzburg), Mag. Elisabeth Zehether (Staatssekretärin im Bundesministerium für Finanzen, zuständig für Wirtschaft, Energie & Tourismus), Landeshauptfrau Karoline Edtstadler, Andrea Brandner (Stadträtin der Stadt Salzburg), Florian Kreibich (Bürgermeister-Stellvertreter der Stadt Salzburg) Politik und Messeleitung im Dialog: Ein starkes Zeichen für Gastlichkeit, Innovation und regionale Verbundenheit.Foto: © Rudi Gigler

719 Aussteller und Marken aus rund 20 Nationen präsentierten ihre neuesten Produkte, Technologien und Einrichtungslösungen – und die Begeisterung war überall spürbar. Rund 36.000 Gäste tauchten ein in die Welt der Gastronomie, Hotellerie und Genusskultur: von innovativen Produkten über smarte Lösungen bis hin zu echten Geschmackserlebnissen.

Die Messehallen summten wie ein Theater voller Stimmen, Düfte und Bewegungen. Am Samstag eröffnete die Landeshauptfrau die „Alles für den Gast“ – eine Bühne, auf der Gastronomie, Tourismus und Kulinarik ihre neuesten Inszenierungen präsentierten.

Landeshauptfrau Karoline Edtstadler beim traditionellen Bieranstich zur Eröffnung der „Alles für den Gast“ – der erste Schlag, das erste Glas: Die Bühne ist eröffnet. Foto: © Rudi Gigler

Ich wanderte durch die Hallen, beobachtete die Auftritte der Aussteller, die wie Schauspieler ihre Produkte in Szene setzten. Zwischen glänzenden Küchenmaschinen und funkelnden Gläsern entdeckte ich schließlich den neu inszenierten Kochroboter. Er bereitete mir einen Salat zu – präzise, mechanisch, fast wie eine kleine Performance. Ein Spiel aus Gemüse und Technik, faszinierend und zugleich fragwürdig: Zukunft oder nur Messe-Spektakel?

Die Halle als Bühne – jeder Stand ein Szenenbild, jeder Schritt ein dramaturgischer Schnitt. Foto: © Christa Linossi

Gerade hier zeigt sich: Kunst und Gastronomie sind kein Widerspruch. Die Messe ist nicht nur ein Ort des Konsums, sondern auch eine Bühne der Inszenierung. Jeder Stand ist ein Bühnenbild, jeder Koch ein Darsteller, jeder Roboter eine Performance. Und wie in der Kunst geht, es auch hier um Präsenz, Wirkung und das Staunen des Publikums.

Ein Spiel aus Technik und Gemüse – der letzte Akt der Messe, serviert mit Präzision und einem Hauch von Zukunft.

Der Roboter reicht den fertigen Salat. Ich nehme den Teller, lächle – und weiß: Die wahre Würze bleibt die menschliche Präsenz.

Eigentlich bin ich in der Kunstwelt zu Hause – doch auch Künstler:innen essen gerne und lassen sich verwöhnen. Mein Schlendern durch die Hallen zeigte: Gastlichkeit lebt von Know-how und Technik, doch die Zukunft zieht mit Robotern ein. Die Frage bleibt: Wie viel Bühne braucht die Maschine – und wie viel Präsenz bleibt dem Menschen?

Varietéträume 2026 – Magie, Mut und Menschen, die fliegen

Foto: Winter Varieté Bad Ischl / Pressebereich

Zwischen Vision und Varieté – eine Bühne wird zur Weltreise

Seit 2020 schreibt das Wintervarieté Bad Ischl eine Erfolgsgeschichte, die weit über die Region hinausstrahlt. Jedes Jahr im Februar verwandelt sich das Kongress- & Theater Haus in eine Bühne für internationale Varietékünstler: innen – eingebettet in aufwendig inszenierte Motto-Shows, die Artistik, Musik und Magie vereinen.

„Wenn Dirk Denzer die Bühne in Bewegung versetzt und Freimuth Teufel die Fäden im Hintergrund spinnt, dann wird Winter zum Varieté – und Kunst zur Begegnung.“

Der Erfolg dieses außergewöhnlichen Kulturprojekts wurzelt in der kongenialen Zusammenarbeit zweier Visionäre: Freimuth Teufel, Intendant und Regisseur, und Dirk Denzer, international renommierter Varietéproduzent.

Am 27. Oktober 2025 wurde im eleganten Rahmen der Kaiserstadt Bad Ischl das Programm für 2026 präsentiert – ein Fest der Sinne, das nicht nur das Publikum verzaubert, sondern auch die Menschen hinter den Kulissen sichtbar macht.

Während die Scheinwerfer auf die Bühne gerichtet waren, entdeckte ich einen Mann, der seit Jahrzehnten die Fäden im Hintergrund zieht: Dirk Denzer. Künstler, Kurator, Visionär – und die stille Kraft hinter dem Spektakel.

Ich beginne zu schreiben – nicht über das Spektakel, sondern über den Menschen, der es möglich macht.

Dirk Denzer – Der Jongleur der Ideen

Wer ist Dirk Denzer? In einem lockeren Gespräch erzählte er mir von seinen Anfängen – als mitreißender Familien-Clown und erfolgreicher Jongleur. „Eine Kritikerin meinte einmal, ich sei mit Bällen so sicher wie mit Worten. Das ist etwas übertrieben. Meine Sprech-Jonglage ist gelebtes Multitasking auf der Bühne – Infotainment, verpackt in eine 15- bis 20-minütige Show.“ Sein Format war mehr als Unterhaltung – es ersetzte mitunter sogar Keynote-Speaker. Komplexe Themen wie Globalisierung, Nachhaltigkeit, demografischer Wandel oder Markenphilosophie wurden spielerisch und eindrucksvoll vermittelt. 1996 brachte er seine erste internationale Varietéshow auf die Bühne – ein Überraschungserfolg, der ihn ermutigte, weiterzumachen. Seitdem entstanden zahlreiche Shows, die sich zu Zuschauermagneten entwickelten.

Zwei Pole – eine Bühne Die Zusammenarbeit mit Freimuth Teufel begann vor rund 30 Jahren im Eventbereich. Seit Februar 2002 gestalten er und Dirk Denzer gemeinsam das Wintervarieté Bad Ischl – mit einer Ausnahme: einem Sommervarieté im Corona-Sommer 2020.

Freimuth Teufel – der ruhende Pol im kreativen Kosmos Mit jahrzehntelanger Theatererfahrung – unter anderem am Landestheater Salzburg und bei den Salzburger Festspielen, wo er u. a. mit Karajan arbeitete – bringt Freimuth Teufel jene Tiefe ins Projekt, die aus kreativen Proben hohe Qualität formt.

Qualität statt Eventstress – Freimuths Offensive für mehr Probenzeit vor zwei Jahren führte Freimuth Teufel die Generalprobe im Varieté ein – ein Novum, das inzwischen als Standard gilt. Mit seiner Künstler- und Eventagentur Ars Media verantwortet er rund 80 % des Showprogramms sowie Marketing, Sponsoring, PR und die nötige Büroarbeit.

Dirk Denzer, mit Wurzeln im Varieté, gestaltet gemeinsam mit Mike Heid das Lichtdesign und mit Freimuth Teufel die Showdramaturgie. Zwei unterschiedliche Ansätze, die sich gegenseitig inspirieren: Während Ars Media in den letzten 40 Jahren unzählige Events in Österreich realisierte, bringt Dirk Denzer seine Expertise vor allem in Deutschland ein.

Kooperationen wie jene in Bad Ischl zeigen, wie sich Theater und Varieté zu einem Gesamtkunstwerk verbinden lassen. Die Herausforderung bleibt: hochkarätige, niveauvolle Unterhaltung für alle Altersgruppen – vom Kind bis zur Seniorin, vom Mann bis zur Frau – mit Qualität und Charme auf die Bühne zu bringen.

Dirk Denzer mit Künstlerseele, er ist ein Multitalent mit über 35 Jahren Bühnenerfahrung. Als Produzent weiß er, wie Shows zu Gesamtkunstwerken werden – seine eigene Erfahrung als Künstler ist dabei sein größter Schatz. „Gute Unterhaltung ist Arbeit. Und die beginnt im Kopf mit einer zündenden Idee. Hinzu kommt die Erfahrung, diese Idee perfekt umzusetzen – in enger Zusammenarbeit mit Auftraggebern und Veranstaltungspartnern.“

v.l.n.r.Mentalist Manuel Horeth , Artistin Marina Skulditskaya, Intendant und Regisseur Freimuth Teufel und Künstler, Kurator Dirk Denzer Foto: © Christa Linossi

VARIETÉTRÄUME – Eine artistische Weltreise

Die neue Show 2026 verspricht eine Reise durch moderne Varietékünste: Zauberhafte Luftakrobatik, innovative Jonglage, mitreißende Comedy, hochwertige Akrobatik und magische Momente.

Zwei Acts haben mich besonders fasziniert:

  • Willi Auerbach – The Magic Man Der „fliegende“ Magier und deutsche Vizemeister der Magie schwebt scheinbar schwerelos über die Bühne. Seine FLYING ILLUSION ist eine weltweit seltene Darbietung – ein Traum vom Fliegen, der Wirklichkeit wird.
  • Chris Cross – Lasershow „Flausen“ Bekannt aus „Die große Chance“ und „Supertalent“, kombiniert er Tanz-Choreografie mit Laserprojektionen. Die finalen Proben offenbarten sensationelle Bilder – eine Fusion aus Licht, Bewegung und Fantasie.
„Chris Cross – Lasershow ‚Flausen‘: Wenn Lichtlinien zu Gedankenblitzen werden und Bad Ischl in futuristische Träume getaucht wird.“ Foto: Winter Varieté Bad Ischl / Pressebereich

Moderiert wird die Show von Manuel Horeth, dem Mentalexperten des ORF. Ein erstklassiges Lichtdesign von Mike Heid und stimmungsvoll projizierte Bühnenbilder schaffen eine Atmosphäre, die berührt und begeistert.

Termine & Ticketinfo

Showdauer: ca. 2 x 60 Minuten + 30 Minuten Pause Spielzeiten:

  • Donnerstag, 05. Februar 2026 – 19:00 Uhr
  • Freitag, 06. Februar 2026 – 15:00 & 19:00 Uhr
  • Samstag, 07. Februar 2026 – 15:00 & 19:00 Uhr
  • Sonntag, 08. Februar 2026 – 11:00 & 15:00 Uhr

Ein ideales Weihnachtsgeschenk – sichern Sie sich jetzt die besten Tickets! https://wintervariete.at/

Epilog – Zwischen Bühne und Begegnung

Das Wintervarieté Bad Ischl ist mehr als eine Show. Es ist ein Ort der Begegnung, der Fantasie, der künstlerischen Verdichtung.

Was Freimuth Teufel und Dirk Denzer hier gemeinsam geschaffen haben, ist ein kulturelles Ereignis mit Seele – getragen von Erfahrung, Vision und einem tiefen Verständnis für das, was Menschen berührt.

Ich wünsche dieser neuen Ausgabe von Varietéträume ein begeistertes Publikum, magische Momente – und viele weitere Kapitel in der Erfolgsgeschichte dieses außergewöhnlichen Projekts.

„Altaussee schreibt mit – ein literarischer Spaziergang“

Altaussee, wo Geschichten wurzeln und die Zukunft durch Solarpanels blinzelt – ein Besuch im Literaturhaus, das mehr ist als nur ein Gebäude./ © Christa Linossi 2025

Der Sommerfrische auf der Spur… Immer wenn ich von Graz Richtung Salzburg fahre, meide ich die Autobahn. Mein Rückweg führt mich stattdessen durch das Salzkammergut – eine Route voller Sehnsucht und literarischer Verheißung. Wie Gustav Klimt einst schrieb: „Ich sehne mich hinaus wie noch nie…“ – ein Satz, der auch meine Vorfreude beschreibt, wenn ich dem Attersee entgegenblicke und schließlich in Altaussee ankomme.

Der Altausseersee, ein Bergsee am Südwestfuß des Toten Gebirges, liegt im steirischen Teil des Salzkammerguts – und das Kleinod Altaussee, mit seinen 1913 Einwohnern, ist immer wieder einen Spaziergang wert.

Blick auf Altaussee – ein Dorf, das Geschichten atmet.© Christa Linossi 2025

Aber warum zieht es mich immer wieder in diesen Ort?

Es ist das kleine, feine Literaturmuseum, das prominente Literat:innen präsentiert – und das Kuriositätenkabinett des Ausseer Malers Prof. Horst K. Jandl, das medial einzigartig ergänzt wurde. Das Museum wurde neugestaltet und ist seit Januar 2024 wieder für Besucher geöffnet. Es zeigt Persönlichkeiten, die in Altaussee gewirkt haben und wirken. Originale wie das Fahrrad von Theodor Herzl oder die Stimme von Friedrich Torberg bereichern die Ausstellung.

Theodor Herzl war einer der bedeutendsten Vordenker des politischen Zionismus. Er gilt als geistiger Vater des modernen Staates Israel. Ab 1894 verbrachte er die Sommer in Altaussee. Er war in Begleitung von Freunden wie Hugo von Hofmannsthal, Richard Beer-Hofmann und Ferdinand Leopold von Andrian-Werburg. Er wohnte im Gasthof Schneiderwirt in Altaussee und es blieb für ihn und seiner Familie die folgenden drei Jahre (ab 1901) als Urlaubsquartier. Ein besonderes Erinnerungsstück an diese Zeit blieb im Haus Schneiderwirt zurück – Herzls Fahrrad „Victoria Blitz“, auf dem er in Altaussee das Radfahren lernte. Ein stummes Zeugnis jener Sommer – und heute ein Herzstück der Ausstellung.

„Victoria Blitz“ – das Fahrrad von Theodor Herzl, dem Vordenker des politischen Zionismus. Mobilität als Metapher für Vision.Foto: © Christa Linossi 2025

Gedankenspiele am See – eine poetische Annäherung

Das Museum erstrahlt seit seiner Neugestaltung im Januar 2024 in neuem Glanz und würdigt Hugo von Hofmannsthal nicht nur als Dichter, sondern als kulturellen Visionär, dessen Sommeraufenthalte im Ausseerland weit über das Private hinausreichten. Zwischen Manuskripten, Briefen und Fotografien entsteht ein Raum, in dem Geschichte nicht nur bewahrt, sondern lebendig wird.

Hugo von Hofmannsthal – Dichter der Seele und Mitbegründer der Salzburger Festspiele.Foto: © Christa Linossi 2025

Altaussee war für Hofmannsthal ein bedeutender kultureller Resonanzraum. Obwohl sein „Jedermann“ 1911 in Berlin entstand, entwickelte er hier – in den Sommern bei Yella Oppenheim – gemeinsam mit Künstlern wie Max Reinhardt jene Visionen, die später in die Salzburger Festspiele mündeten.

Der Ort wurde zum kreativen Refugium und zur Keimzelle eines kulturellen Aufbruchs, dessen Echo bis heute nachhallt. Ab 1920 wurde „Jedermann“ zum zentralen Stück der Festspiele – und Altaussee zum stillen Mitautor.

Hier, wo Hofmannsthal über dreißig Sommer verbrachte, wo Gespräche unter Linden zu Bühnenideen wurden, darf auch die Imagination ihren Platz finden. Denn das Museum ist nicht nur Archiv, sondern Bühne – für Gedanken, Gespräche und Szenen, die sich im Geiste so oder ähnlich zugetragen haben.

In diesem Geist entstand die folgende literarische Miniatur: eine poetische Szene, die den Geist Altaussees einfängt und Hofmannsthals „Jedermann“ in jenes Licht taucht, das nur der See kennt. Und während Hofmannsthal am Seeufer über den Tod sinnierte, wanderte eine andere historische Figur ganz real durch die Landschaft…

Kaiserliche Fußnote – Sissy in Altaussee

Kaiserin Sisi in Altaussee – auf Wanderung von Bad Ischl, dem Herzen, bis zum See, der schweigt. Foto: © Christa Linossi 2025

Eine fast vergessene Geschichte flüstert durch die Gänge: Auch Kaiserin Elisabeth von Österreich, liebevoll „Sissy“ genannt, soll einst von Bad Ischl nach Altaussee marschiert sein – eine Wanderung, die heute fast mythisch wirkt. Im Museum begegnet man ihr auf ungewöhnliche Weise: als Puppe, liebevoll inszeniert und eingebettet in die literarische Szenerie. So wird die kaiserliche Präsenz Teil der Erzählung – zwischen Hofmannsthal, Reinhardt und den stillen Ufern des Sees.

Barbara Frischmuth – die literarische Stimme Altaussees

Altaussee schreibt mit – ein literarischer Spaziergang Zwischen Herzls Fahrrad, Hofmannsthals Sommerträumen und Frischmuths Sprachspiel entfaltet sich ein Ort, der nicht nur bewahrt, sondern weiterträgt. Ein kleines Museum, ein großer Resonanzraum – und eine Bühne, auf der Worte weitergehen. Barbara Frischmuth – sichtbar im Wort, spürbar im Schreiben.
„Barbara Frischmuth – sichtbar im Wort, spürbar im Schreiben“ Foto: © Christa Linossi 2025

Neben den historischen Größen wie Hugo von Hofmannsthal ist im Literaturmuseum auch Barbara Frischmuth präsent. Das ist mit gutem Grund. Die vielfach ausgezeichnete Autorin ist in Altaussee geboren. Sie hat den Ort in vielen ihrer Werke literarisch durchdrungen. Ihre Texte sind durchzogen von Naturbeobachtungen, Sprachspiel und feinem Humor – und sie zeigen, dass Altaussee nicht nur ein Ort der Erinnerung, sondern auch der fortlebenden Literatur ist.

Frischmuths Präsenz im Museum ist mehr als eine Hommage – sie ist ein lebendiger Faden, der die literarische Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft. Zwischen Hofmannsthals „Jedermann“ und Frischmuths poetischen Miniaturen entsteht ein Dialog über Zeit, Sprache und Landschaft – ein Echo, das bis heute im Ausseerland nachhallt.

Ein kleines Literaturmuseum mit großer Wirkung: In Altaussee trafen sich Künstler:innen zur Sommerfrische, zum Austausch – und zur Inspiration. Was hier begann, wurde anderswo zu Weltliteratur. Und nicht nur Literat:innen wie Hofmannsthal, Frischmuth oder Herzl prägten den Ort – auch Schauspieler Klaus Maria Brandauer, gebürtiger Altausseer, zählt zu den kulturellen Aushängeschildern des Salzkammerguts. Seine Präsenz erinnert daran, dass Altaussee nicht nur schreibt, sondern auch spielt. Altaussee bleibt Bühne. Für Worte, für Stimmen, für Geschichten, die weitergehen.

„Ich habe die KI sichtbar gemacht – ganz ohne KI“

Photoshop war mein Werkzeug. Die KI mein Echo. Sichtbar. Spürbar. Gegenwärtig. Aus dem Zyklus: „KI & Ich“ – neueste Arbeit  © Christa Linossi 2025

„Dieses Bild entstand ohne KI. Und doch zeigt es sie. Denn Sichtbarkeit ist nicht immer eine Frage der Technik – sondern der Beziehung. Ich arbeite künstlerisch, analog-digital, mit Photoshop und Gefühl. Und gerade dadurch wird die KI sichtbar: nicht als Werkzeug, sondern als Mitspieler. Nicht als Software, sondern als Stimme.“