EVERY BODY! WAS KÖRPER ERZÄHLEN

Das Rupertinum in Salzburg präsentiert mit „Every Body!“ eine Ausstellung zur Fotografie und Medienkunst von 1945 bis heute. Was erzählen Körper? Jede Betrachterin, jeder Betrachter bringt eine eigene Sichtweise mit. Fotos können Erinnerungen, Emotionen und Geschichte transportieren. In einer Zeit, in der wir unaufhörlich fotografieren, stellt sich hier die Frage: Was macht ein gutes Foto wirklich aus?

Schon beim Eintritt fiel mein Blick sofort auf die Rückwand des Ausstellungsraumes: eine Videoleinwand der Künstlerin Anahita Razmi (Roof Piece Tehran, 2011). Eine Person in Rot posiert in verschiedenen Posen auf einer Terrasse – ein Bild, das den Blick unweigerlich fesselt. Links und rechts im Raum hängen ebenfalls starke Arbeiten: Fotografien von Ernst Haas aus der Serie Homecoming Prisoners. Vienna 1945–1948. Sie zeigen Kriegsheimkehrer, auf der gegenüberliegenden Seite Porträts von Männern – vielleicht ebenfalls Heimkehrer.
Ein Foto hat mich besonders berührt: Ein von Bomben zerstörtes Haus, Fenster fehlen, Schutt türmt sich vor der Fassade. Auf dem Gehsteig geht eine alte Frau, gebeugt, gezeichnet von Trauer und Sorgen. Dieses Bild ruft unweigerlich aktuelle Kriegsszenarien ins Gedächtnis – Ukraine, Gaza – und zeigt, wie sehr Geschichte und Gegenwart ineinander greifen.

Ein anderes Foto von Haas dokumentiert einen Heimkehrer mit Prothese im Rucksack, Krücken in der Hand, wartend an einer Haltestelle. Die Sehnsucht nach dem Heimkommen, die Freude, Frau und Kind lebend wiederzusehen – und zugleich die Last der Kriegsverletzungen. Diese Bilder werfen Fragen auf: Wie lebt man weiter nach solcher Erfahrung? Wie viel Aufarbeitung braucht es, um das Geschehene zu bewältigen?

Wir sind hochintelligente Wesen – und doch zerstören wir pausenlos. Ob in Kriegen oder in der Natur. Warum? Warum ist Macht und Profit wichtiger als Menschlichkeit? Die Waffenindustrie, einer der profitabelsten Wirtschaftszweige, bleibt bestehen – und zerstört nebenbei am meisten.
Weiter schlendernd stoße ich auf eine Fotoarbeit von Brueckl/Schmoll aus der Serie Im Garten Eden (1998). Drei chromogene Abzüge zeigen eine nackte Frau und einen nackten Mann, beide im Spiegel, beide verdecken ihre Scham. Ein Szenario wie Adam und Eva nach dem Sündenfall – verlegt in ein einfaches Badezimmer. Besonders eindrücklich: der selbstbewusste Blick der Frau in den Spiegel, der zugleich die Betrachtenden direkt ansieht.

Ich habe hier nur zwei Arbeiten herausgegriffen, doch der Weg führt weiter – in den zweiten Stock, zur Ausstellung „Im Bann der Zauberflöte. Slevogt – Kokoschka – Hutter – von Huene“.
Mozarts Zauberflöte zählt zu den populärsten Werken des Musiktheaters. Zum 270. Geburtstag des Komponisten zeigt das Rupertinum vier Künstlerpersönlichkeiten, die sich auf ganz unterschiedliche Weise inspirieren ließen.

- Wolfgang Hutter entwarf farbenprächtige Bühnenwelten für das Grazer Opernhaus – exotische Pflanzen, Zauberwelten. Die Umsetzung scheiterte, doch seine Grafikmappe mit Lithografien und Radierungen blieb als Zeugnis.
- Stephan von Huene wiederum schuf eine vierteilige Klangskulptur, die Seh- und Hörgewohnheiten infrage stellt. Sie lädt dazu ein, die eigene Zauberflöte zu erleben. Seine Frau Petra Kipphoff schenkte das Werk 2024 dem Museum der Moderne Salzburg.

Die Ausstellung zeigt 41 Werke, die verdeutlichen, wie lebendig und vielschichtig die Zauberflöte bis heute wirkt – als visuelles und emotionales Erlebnis.
Persönliches Fazit
Mein Besuch im Rupertinum war ein Eintauchen in zwei Welten. Die Fotografie stellt Fragen nach Erinnerung und Gegenwart. Die Malerei und Grafik zur Zauberflöte verbindet Fantasie und Klang. Beide Medien haben ihre eigene Ausdrucksweise – und beide sind sehenswert.
Wer sich Zeit nimmt, kann die Bilder wirken lassen. Man kann Neues entdecken. Vergangenes erinnern ist ebenfalls möglich. Danach kann man vielleicht bei einem Glühwein am Salzburger Christkindlmarkt den Nachhall der Ausstellung weiterklingen lassen.





































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