Ein Weltbild hebt sich – Sattlers Panorama zieht zurück ins Herz von Salzburg

Ein Kunstwerk von unschätzbarem Wert beginnt ein neues Kapitel – zwischen Technik, Geschichte und Poesie.

Ein Weltbild auf Wanderschaft – vom Dornröschenschlaf zur Wiedererweckung im Herzen der Stadt.

Nach zweieinhalb Jahren im Dornröschenschlaf – sicher verwahrt in einem Spezialbehälter in der Schwarzenberg-Kaserne – erhebt sich das Salzburg-Panorama von Johann Michael Sattler nun wieder zum kulturellen Leben.

Der Umbau des Barockmuseums ist abgeschlossen, und mit der Übersiedlung in die Orangerie Salzburg beginnt ein neues Kapitel für das monumentale Rundbild. Es ist mehr als ein Transport – es ist ein symbolischer Akt: ein Einzug, der Geschichte, Vision und Weltkulturerbe in Bewegung setzt. Mit jedem Meter, den das Panorama zurücklegt, scheint sich die Stadt selbst neu zu betrachten – durch die Augen des Malers, der Salzburg einst in 360 Grad festhielt.

Ich war dabei, als der klimatisierte Kunst-LKW die berühmte Klimabox zum Mirabellplatz brachte. Per Spezialkran wurde sie durch eine maßgeschneiderte Dachluke in den Panorama-Raum der Orangerie eingehoben. Das Objekt bleibt bis Mitte November verpackt – wie ein Schatz, der noch auf seinen Moment wartet.

Es war faszinierend zu beobachten, wie aufwendig ein Transport sein kann, wenn er ein Kunstwerk von unschätzbarem Wert betrifft. Zwei Spezialkräne für eine einzige Box – und zahlreiche Zaungäste, darunter viele Journalist:innen, verfolgten das Spektakel. Ich lasse jetzt einfach Bilder sprechen:

Ein Weltbild in Bewegung – der Transport des Sattler-Panoramas in neun Bildern

Mit Präzision, Sorgfalt und einem Hauch von Staunen wurde das monumentale Rundbild von Johann Michael Sattler in die Orangerie Salzburg überführt. Die folgenden Fotos zeigen den choreografierten Ablauf: vom Eintreffen des Kunst-LKWs bis zur versenkten Klimabox im neuen Panorama-Raum. Ein stiller Akt der Wiedererweckung – Technik trifft auf Geschichte.

Seit September läuft die Klimaanlage – bestehend aus zwei autonomen Systemen für den Besucherbereich und den Raum hinter der Leinwand. Durch laufende Beobachtung und Nachjustierung wurde mittlerweile das ideale Museumsklima erreicht: 23 Grad bei rund 50 Prozent Luftfeuchtigkeit.

Mitte November wird ausgepackt. Eine Woche lang arbeitet das bewährte Fachteam – das bereits die Abnahme und Verpackung im alten Panorama-Museum durchgeführt hat – an der Hängung, Begutachtung und kleineren, bereits geplanten Restaurierungsmaßnahmen. Danach darf das Gemälde bis Jahresende zur Ruhe kommen und – nach der engen Wicklung in der Klimabox – im Originalzustand aushängen. Anfang 2026 folgt der letzte Schritt: die Bearbeitung am Stoß- und Zugangsbereich des Sattler-Panoramas.

Die organisatorische und fachliche Leitung des Gesamtprojekts liegt erneut bei Judith Niedermair-Altenburg, Chefrestauratorin des Salzburg Museum.

Für alle, die das Sattler-Panorama noch nie gesehen haben:

Das Sattler-Panorama ist ein 25,53 Meter langes und 4,86 Meter hohes Ölgemälde von Johann Michael Sattler (*1786 in Neuberg bei Herzogenburg, †1847 in Mattsee). Der österreichische Porträt- und Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts schuf mit diesem Werk ein Rundbild, das Salzburg und sein Umland im Jahr 1825 zeigt – gesehen von der Festung Hohensalzburg aus.

Als topografisches Dokument von unschätzbarem Wert zählt das Panorama zu den bedeutendsten Objekten der Sammlung des Salzburg Museum.

Ein Kunstwerk auf Wanderschaft, ein Raum im Wandel – und ich mittendrin. Es war berührend zu sehen, wie Geschichte sich hebt, verpackt in Technik und Sorgfalt, und langsam wieder sichtbar wird.

„Erwin Wurm im Kaiserpark – Zwischen Knackwurst, Konsumkritik und Kopfverlust“

Erwin Wurm Ausstellung in Bad Ischl im Kaiserpark / „Was bleibt vom Menschen, wenn der Kopf fehlt – und der Anzug sitzt?“ Foto: © Christa Linossi 2025

Vom Pixner-Konzert zur Wurm-Ausstellung – ein Szenenwechsel zwischen Klang und Skulptur.

Die Kaiservilla – einst Ort imperialer Gravitas – heute Bühne für Erwin Wurm, den Meister der Verdrehung. Skulpturen, die aussehen wie Möbel mit Burnout. Autos, die sich schämen, weil sie zu viel PS haben. Ein Pullover, der mehr Persönlichkeit hat als mancher Besucher.

Ich spazierte mit einem Schmunzeln durch den Park, betrachtete die Werke mit einem Augenzwinkern – surreal, schräg, charmant verstörend. Man muss sich auf Wurms Kunst einlassen. Schon die ersten Skulpturen begrüßen die Besucher:innen mit einem fröhlichen „Hurra, ich bin eine Wurm-Skulptur!“ – etwa die „Knackwurst“, einmal in Gold, einmal in Schwarz. Unverkennbar Wurm, aber nicht genießbar.

Weiter hinten: ein kopfloses Model, sichtbar nur die Beine, darüber ein kartonartiges Hemd gestülpt. „Box People“ nennt Wurm diese eingekleideten Kuben auf zwei Beinen – seine Auseinandersetzung mit Kleidung als zweite Haut, als Hülle mit Doppelfunktion. Immer wieder taucht Rosarot auf. Warum? Ich habe das Rätsel noch nicht gelöst.

„Ein Hemd geht spazieren – der Mensch bleibt zurück“ Erwin Wurm Ausstellung im Kaiserpark / Foto: © Christa Linossi 2025

Eine weitere Skulptur – zugleich faszinierend und verstörend – ist eine Hommage an Auguste Rodin. Der französische Bildhauer soll einst den Gipsmantel von Honoré de Balzac über dessen Tonplastik geworfen haben, um sie vor dem Austrocknen zu schützen. Wurm nimmt diese Anekdote als Ausgangspunkt für eine kritische Reflexion über die Modebranche und das bildhauerische Potenzial von Kleidung – ein Thema, das ihn seit den 1990er Jahren begleitet.

„Hommage an Honoré de Balzac – Rodins Versuch, den Schriftstellerkörper zu formen“ Erwin Wurm Ausstellung im Kaiserpark in Bad Ischl / Foto: © Christa Linossi 2025

Besonders spannend: ein klassisches Vorstadthaus mit rotem Ziegeldach in Sattelbauweise. Die begehbare Plastik mit Videoprojektion gehört zu den „Fat Sculptures“, die Konsumgesellschaft und kleinbürgerliche Statussymbole hinterfragen. Im Inneren verformen sich Fenster und Eingang zu Augen und Mund, bevor das Haus – mit der Stimme des Kunsthistorikers Renee Gadsden – beginnt, seine Funktion und Ästhetik in Frage zu stellen.

Ich selbst sah darin ein Sahnetörtchen mit rotem Dach, das sich in die Landschaft kuschelt. Zwei kopflose Skulpturen in zuckerlrosa Anzügen nähern sich dem Haus. Wollen sie es besitzen? Daran naschen? Die Szene lässt der Fantasie freien Lauf – und passt, so absurd es klingt, wunderbar in die Umgebung.

Auch Beine mit Koffer und Tasche waren zu sehen – comichaft auf den ersten Blick, gesellschaftskritisch auf den zweiten. In der Modewelt verraten Schuhe und Handtasche viel über Status und Zugehörigkeit. Wurm spielt mit diesen Codes, entlarvt sie.

„Drei Taschen, kein Ziel – Gepäckstücke auf der Suche nach Bedeutung“ Erwin Wurm Ausstellung im Kaiserpark Bad Ischl / Foto:© Christa Linossi 2025

Im Marmorschlössl gab es weitere Skurrilitäten. In den Stallungen: ein Haus als Schule, entstanden als Pendant zum „Narrow House“. Es steht für Erziehung durch Staat und Gesellschaft – eng, normierend, formend.

Zum Abschluss: ein Sportwagen, der sich wie ein Nilpferd niederlegt. Davor ein Rasenroboter, der emsig seine Kreise zieht, damit das Fahrzeug eine perfekte Fahrbahn hat. Wurm eben – absurd, pointiert, entlarvend.

„Ein Auto wird zum Nilpferd, ein Roboter zum Gärtner – surrealer Alltag im Skulpturenpark“ Erwin Wurm Ausstellung im Kaiserpark in Bad Ischl / Foto: © Christa Linossi 2025

Eine Ausstellung wie ein Spaziergang durch die surrealen Seitenkammern unserer Gegenwart – schräg, verspielt, manchmal verstörend, aber stets mit einem Lächeln im Gepäck. Zwischen Taschen ohne Ziel, Häusern mit pädagogischem Anspruch und Autos, die Nilpferde spielen, entfaltet sich ein Parcours der Verwandlungen.

Was hätte der Kaiser dazu gesagt? Vielleicht ein höflich-erstarrtes „Interessant“, während Sissy sich heimlich in die pinken Raumanzüge geschlichen hätte – auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Protokoll. Ich hingegen verlasse die Ausstellung mit einem leisen Schmunzeln und dem Gefühl, dass Kunst manchmal einfach nur da ist, um uns aus der Spur zu bringen – und das ist gut so.

Die Ausstellung läuft noch bis 30. Oktober 2025 im Kaiserpark Bad Ischl. Wer sich auf Wurm einlässt, wird belohnt – mit Irritation, Erkenntnis und einem Lächeln.