Elif Shafak: Literatur als Hoffnungsträger auf der Buchmesse 2024

Frankfurter Buchmesse 2024, Impression, Willkommen auf der Frankfurter Buchmesse 2024
freier Fotograf Holger Menzel

Die 76. Frankfurter Buchmesse, die vom 16. bis 20. Oktober 2024 stattfindet, hat in Frankfurt erneut ihre Tore geöffnet. Sie befasst sich mit den aktuellen Themen der internationalen Verlagsbranche sowie mit den gesellschaftspolitischen Fragen unserer Zeit.

Bei der Eröffnungspressekonferenz in Frankfurt stellte Buchmesse-Direktor Juergen Boos das neue Konzept vor: „Die Frankfurter Buchmesse befindet sich ständig im Wandel. Wir nehmen aktuelle Marktentwicklungen auf und bringen sie nach Frankfurt. In diesem Jahr präsentieren wir den Verlagen und Besuchern den Bereich New Adult. Dieser Bereich ähnelt mehr einer Convention als einer traditionellen Messe und ist ein von Fans geleitetes Ereignis, das sich um Autogramme, Selfies mit Autorinnen und Autoren sowie Stars aus speziellen Genres dreht. Für diese Lesefreude und das Fandom haben wir die neue Halle 1.2 als angemessene große Bühne geschaffen.“

v.l.n.r. Direktor Juergen Boos, Autorin Elif Shafak, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs Frankfurter Buchmesse 2024, Eröffnungspressekonferenz im Pavillion 2024 der 76. Buchmesse in Frankfurt/Main Copyright Frankfurter Buchmesse Fotograf Marc Jacquemin

Die britisch-türkische Schriftstellerin Elif Shafak, die als Gastrednerin auftrat, hinterließ einen nachhaltigen Eindruck und erhielt großen Applaus bei der Eröffnungspressekonferenz der 76. Frankfurter Buchmesse.

Ihr Statement:

„Literatur kann ein Akt der Hoffnung sein!“ „Wir leben in einer seltsamen Zeit“, bemerkt Shafak, in der die Welt einerseits von Kriegen zerrissen wird und wir andererseits unserer Heimat, der Erde, Gewalt antun.

In ihrer Aussage hob sie die Bedeutung der Literatur für die Weisheit hervor und äußerte Kritik an der gegenwärtigen Informationsgesellschaft: „Wir leben in einer Welt, die überflutet ist mit Informationen, doch es mangelt an Wissen und noch mehr an Weisheit.“ Sie warnte davor, dass wir anerkennen müssen, nicht alles zu wissen, trotz der ständigen Flut an Informationen aus den sozialen Medien – Informationen, für deren Überprüfung uns die Zeit fehlt.

Wann haben wir zuletzt gesagt: „Ich weiß es nicht“? Dieser Ansatz war ein wichtiger Aspekt der Philosophie und Kommunikation. Wahres Wissen erfordert Zeit: „Wir brauchen langsamen Journalismus, wir brauchen Bücher.“ Und als Autorin betont sie: „Für Weisheit ist Literatur notwendig.“ Nicht, dass sie behaupten möchte, Autoren seien weiser, „aber beim Schreiben von Büchern verbinden wir uns mit etwas, das älter ist als wir selbst.“

Shafak interessiert sich für Öko-Feminismus und möchte dadurch auch Marginalisierten eine Stimme verleihen. Literatur hat das Potenzial, Menschen ihre Menschlichkeit zurückzugeben und Würde dort wiederherzustellen, wo sie fehlt. Die Darstellung der türkischen Geschichte ist überwiegend männlich geprägt, während bei Frauen oft ,,Stille herrscht“. Literatur kann ein Akt der Hoffnung und des Widerstands sein.

Shafak schlug den Bogen zurück zum Anfang: „Wir leben in einem Zeitalter der existierenden Angst“. Hier stellt sich die Frage, wie können und wie sollen wir weitermachen? Ihre eigenste Angst sei die Abwesenheit von Emotion und hier wäre das Schlimmste, wenn das Zeitalter der Angst zum Zeitalter der Apathie (Zustand der Gleichgültigkeit) werden würde. Literatur sei daher ein wichtiges Gegenmittel und die Macht der Schriftsteller: innen sei es, Schönheit, Solidarität, Partnerschaft und Liebe zu vermitteln!

Für ihre beeindruckende Rede erhielt sie enormen Applaus im vollbesetzten Pavillon. Juergen Boos ließ die Worte von Elif Shafak noch einige Zeit im Raum wirken, bevor er die Journalisten aufforderte, ihre Fragen zu stellen.

 „Die Frankfurter Buchmesse hat schon immer einen literarischen Diskursraum für die Welt bereitgestellt. Mit ‚Frankfurt Calling‘ organisiert die FBM jetzt ein kulturpolitisches Programm in Zusammenarbeit mit Kulturinstitutionen, investigativen Medien und einer Vielzahl literarischer Stimmen. Wir greifen damit die Debatten unserer dynamischen Gegenwart auf und entwickeln sie weiter“, erklärt Torsten Casimir, Sprecher der Frankfurter Buchmesse.

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