The music of today

Eines der renommiertesten Festivals für Neue Musik in Österreich ist das aspekteFESTIVAL. Seit seiner Gründung 1979 steht es für die Begegnung mit Neuem auf höchstem interpretatorischem Niveau.

Die Veranstaltung findet in diesem Jahr bereits zum 45. Mal statt

Der künstlerische Leiter Ludwig Nussbichler gab dem Programm den Titel „STIMMEN“. Es sollte dazu anregen, darüber nachzudenken, wie die Welt klingt. Das Erste, was wir im Mutterleib wahrnehmen, ist der Herzschlag der Mutter. Später kommen Stimmen und Klänge hinzu, Musik und Geräusche, die von außen an das sich bildende Organ – das Ohr – herangetragen werden. Es ist eine „Wahrnehmungshöhle, in der sich Orientierung und Stimmungen bilden“, sagt Nussbichler und meint damit die Stimme.

Künsterlischer Leiter (aspekteFESTIVAL) Ludwig Nussbichler Foto: © Christa Linossi

Das Wort „Stimmen“ – der griffige Untertitel des Festivals – ist also umfassend, denn „die Stimme tröstet, betört, verführt, sie vermittelt Freude und Trauer, sie spricht, singt, schreit und flüstert, sie begeistert, irritiert und berührt“.

Den Untertitel des Festivals finde ich sehr spannend! Die menschliche Stimme ist wohl auch in Zeiten von E-Mail und SMS der wichtigste Kanal für Kommunikation und Informationsaustausch geblieben. Dabei überträgt die Stimme nicht nur die „eigentliche“ inhaltlich-textliche Information. Sie gibt auch eine Fülle von Informationen über die sprechende Person, ihre Absichten, ihre Eigenschaften, ihre Stärken und Schwächen. Und die Zuhörerinnen und Zuhörer nehmen die Signale der Stimme auf und ziehen daraus Rückschlüsse auf die sprechende Person. Und das oft viel schneller und viel nachhaltiger, als uns bewusst ist.

Vielleicht ist das auch ein Anlass, über das Thema Stimme nachzudenken! Wie still wäre unsere Welt, wenn wir keine Stimme hätten, wahrscheinlich wie ein Stummfilm.

Zurück zum diesjährigen Festival. Das aspekteFestival Salzburg widmet sich heuer der relationalen Musik.  „Was ist relationale Musik? Der Philosoph Harry Lehmann beschreibt es in seinem Buch „Musik und Wirklichkeit“ (hier in aller Kürze) so: „Der Begriff ›relationale Musik‹ ist zunächst einmal der Gegenbegriff zu ›absoluter Musik‹, also zu reiner Instrumentalmusik ohne Bezug zu Sprache, Bewegung, Bildern oder Gefühlen und allem, was man traditionell zum ›außermusikalischen Material‹ gerechnet hat“.

Die konzertanten Aufführungen in Salzburg werden zeigen, inwieweit sich daraus neue Strategien der Semantisierung, Theatralisierung, Visualisierung und Sonifikation ergeben.

In 10 Konzerten werden 10 Uraufführungen von über 30 Komponisten präsentiert. Als einer der Höhepunkte wird die Uraufführung der Oper „Stabat Mater Furiosa“ erwartet.

Ein Wutschrei gegen den Krieg „Stabat Mater Furiosa“ entstand als Schrei gegen das Inferno des Krieges während eines Aufenthaltes im Libanon und wurde 1999 als Wutgedicht von Jean-Pierre Siméon im Théâtre Molière | Maison de la Poésie in Paris szenisch umgesetzt.

Das Thema ist nach wie vor aktuell und kann als weiterer Aufschrei gegen den Krieg verwendet werden (russische Invasion in der Ukraine 2022, Krieg in Israel und Gaza). Der Auftrag, daraus eine Oper zu machen, ging an den ägyptischen Komponisten Hossam Mahmoud.

Hossam Mahmoud, Komponist Stabat Mater Furiosa Foto: © Christa Linossi

Ausgehend von Siméons dramatischer Solostimme verdreifacht die szenische Uraufführung der Komposition von Hossam Mahmoud den Wutschrei der Mater Furiosa und erweitert ihren Mut zur Wut zu einer kulturübergreifenden chorischen Anklage gegen Krieg und Gewalt und zu einem zeitlosen Appell an die Menschlichkeit.

Diese Aufführung ist eine Kooperation mit der Universität Mozarteum und als Vorspiel zu diesem hochbrisanten Musiktheater-Auftragswerk der aspekte 2024 widmet sich das Ateliergespräch dem dramatischen Gestus der Stimme an der Grenze des Unsagbaren, ihrem lyrischen Potenzial und der Vieldeutigkeit des Festivalthemas „stimmen“. Univ.-Prof.Dr. Sabine Coelsch Foisner spricht mit der Sopranistin Juliet Fraser, der Regisseurin Rosamund Gilmore, dem Komponisten Hossam Mahmoud und dem künstlerischen Leiter des Festivals Ludwig Nussbichler über das dramatische und lyrische Potential der STIMME und die Ambivalenz des Festivalthemas „stimmen“. (Ateliergespräch Universität Mozarteum / Bösendorfersaal am 7. März um 18.00 – 18.45 Uhr).

Freunde zeitgenössischer Musik kommen beim aspekteFESTIVAL Salzburg regelmäßig auf ihre Kosten. Im Mittelpunkt stehen Kompositionen österreichischer und internationaler Künstlerinnen und Künstler. Auch der musikalische Nachwuchs kommt nicht zu kurz.

Pressekonferenz vom 27.02.2024 Foto vorne: Renate Stelzl & Ludwig Nussbichler (aspekte FESTIVAL) hinten: Kai Röhrig, Musikalische Leitung & Hossam Mahmoud, Komponist Stabat Mater Furiosa. Foto: © Julia Lepka

Die Verlinkung auf das Gesamtprojekt aspekteFESTIVAL 2024