


In 2021, I searched for clues and didn’t find what I was looking for. It remained hidden.



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DAS STUNDENLIED, op 26 mit Texten von Bertolt Brecht
Konzert in der Kollegienkirche Salzburg

Ende Oktober 2023 wurde ich zu einem Chor-Orchester-Konzert (IMP-Orchester, Chor Salzburg Vokal) in die Kollegienkirche Salzburg eingeladen. Es handelte sich um DAS STUNDENLIED op. 26 nach Texten von Bertolt Brecht. Dirigent war Hans-Josef Knaust.

Es war ein wunderschönes Konzert, aber ich muss ehrlich sagen, dass ein Konzert dieser Art, das man Oratorium nennt, für mich doch etwas Unbekanntes ist, schließlich bin ich in der bildenden Kunst zu Hause und nicht in der klassischen Musik.
Trotzdem möchte ich über dieses schöne Konzert berichten und habe mir vorgenommen, mit dem künstlerischen Leiter Hans-Josef Knaust darüber zu sprechen und ihn zu fragen, was ein Oratorium ausmacht, warum er dieses Stück von Gottfried von Einem und den Text von Bertolt Brecht unbedingt aufführen wollte.
Linossiartstory: Was hat Sie gereizt, dieses Werk von Gottfried von Einem auf die Bühne zu bringen? Gottfried von Einem, 1918 in Bern geboren, feierte 1947 bei den Salzburger Festspielen mit „Dantons Tod“ seinen internationalen Durchbruch und war in der Saison 1976/77 der international meistgespielte zeitgenössische Opernkomponist.

Hans-Josef Knaust: …seit Februar 2022, seit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine, hat mich bis heute eine tiefe innere Unruhe erfasst – ich habe mich gefragt, was ich als Musiker überhaupt noch tun soll? Oder welche Musik ich überhaupt noch spielen kann?
So rückten Passionsmusiken und experimentelle Musik der Gegenwart in den Mittelpunkt; das „Stundenlied“ von Gottfried von Einem mit dem Text von Bert Brecht zog mich förmlich an, denn der Text aus Brechts „Mutter Courage“ stammt direkt aus dem Dreißigjährigen Krieg, einem der sinnlosesten und grausamsten Kriege. Die hochexpressive Musik mit ihren teilweise ins Ekstatische gesteigerten Rhythmen überhöht Brechts Lyrik ungeheuerlich, – mit Kernsätzen wie: „…, weil er die Wahrheit g’sprochn hat…“ „…seht ihn dort zwischen den Folterknechten…“ „…g’schieht ihm recht…“ ziehen sich diese Textpassagen leitmotivisch durch das gesamte Werk und zielen im Falle G. v. Einems natürlich auf die NS-Zeit, die der Komponist nur knapp unbeschadet überlebte.
Das Stundenlied entstand 1958. Ende der 1940er Jahre trafen sich hier Gottfried von Einem (der Komponist lebte damals in Salzburg) und Bertolt Brecht. Laut Dr. Manfred Schmid von der Internationalen Gottfried von Einem und Lotte Ingrisch Gesellschaft „… hatte Gottfried von Einem ursprünglich vor, Brecht für die Salzburger (Festspiele) zu gewinnen und mit ihm ein großes musikdramatisches Werk unter dem Arbeitstitel „Totentanz“ zu schaffen, das eventuell sogar den „Jedermann“ ablösen sollte.
Bekanntlich lieferte Brecht, nachdem ihm Gottfried von Einem zur österreichischen Staatsbürgerschaft verholfen hatte, nicht das gewünschte Libretto. So kam es zur Vertonung seines STUNDENLIEDES und zur Verwendung weiterer Brecht-Gedichte in der Kantate „An die Nachgeborenen“.

Linossiartstory: Warum haben Sie das Konzert mit der Uraufführung von Martin Torps 3. Sinfonie, seiner „Sinfonie der Farben“ begonnen? Der Komponist, geb. 1957, lebt in Berlin.
Hans-Josef Knaust: Nachdem ich bereits einige Werke für Orgel und Marimbaphon aufgeführt hatte, bat mich der Komponist, eine seiner Sinfonien uraufzuführen. Ich war begeistert von der 3. Sinfonie, die mit ihren farbenreichen Konnotationen für die Zuhörer leicht aufzunehmen ist. Die Komposition ist an der Romantik geschult – man fühlt sich an Brahms und Bruckner erinnert, aber auch an den Impressionismus (Ravel). Martin Torps Œuvre umfasst Orchesterwerke, Vokalwerke (Oratorien, Kantaten, Motetten und Lieder) sowie Kammermusik, Klavier- und Orgelwerke. Stilistisch ist sein Schaffen seit Mitte der 1990er Jahre wesentlich geprägt von einer Vorliebe für harmonische Klänge, gesangliches Melos, pulsierende Rhythmik und formale Klarheit.
Linossiartstory: Die Kollegienkirche, so empfinde ich als Laie, ist der richtige Ort für dieses Chor-Orchester-Konzert. Vom Architekten und Bauherrn Johann Fischer von Erlach als Weisheitskirche geschaffen, lädt die Kollegienkirche zum Dialog der verschiedenen Künste mit dem Göttlichen ein, dessen Funke die Welt durchdringt. Sie ist Salzburgs Kunstkirche, in der immer wieder wunderbare Konzerte und Ausstellungen zeitgenössischer Kunst stattfinden. Wurde die Kollegienkirche bewusst gewählt, da es sich bei Einems Stundenlied im weitesten Sinne um sakrale und bei Torps Sinfonie um zeitgenössische Musik handelt?
Hans-Josef Knaust: Wie Sie schon sagten, ist diese Kirche der Philosophie und der Spiritualität ‚geweiht‘, wodurch die Verbindung zu Musik und Kunst immanent ist. Die Kollegienkirche ist ein sakraler und zugleich abstrakter Raum, in dem nur wenige Kunstwerke Akzente setzen. Im Vordergrund steht die geniale Architektur Fischer von Erlachs, die den Besucher in ihren Bann zieht. Auch wenn die Akustik teilweise problematisch ist, kann sich der Zuhörer ganz auf die Musik konzentrieren. Die Kollegienkirche liegt mir besonders am Herzen, auch wegen der außergewöhnlichen Mauracher-Orgel und der seit sieben Jahren bestehenden Konzertreihe mit experimentellen Klanginstallationen in Verbindung mit dem Orgelklang, bei der ich im Team mitarbeite.
Linossiartstory: Was ist mit innovativer Musik gemeint?
Hans-Josef Knaust: Innovative Musikprojekte wurden von mir ins Leben gerufen, um großartigen Werken der jüngeren Musikgeschichte und der Gegenwart ein Podium zu geben, die im allgemeinen Konzertleben – zum Teil aus Kostengründen etc. – nicht in Erscheinung treten. Wenn man bedenkt, dass schätzungsweise weniger als 5% des zeitgenössischen Musikschaffens den Weg in die Konzertsäle findet, gibt es hier viel zu tun und unzählige musikalische Entdeckungsreisen warten auf uns.
Linossiartstory: Welche Projekte planen Sie in der Zukunft?
Hans-Josef Knaust: Ich habe viele Projekte auf meiner Agenda. Aber eines meiner Herzensprojekte ist ‚Jesu Hochzeit‘ – die Mysterien Oper von Gottfried von Einem mit dem Libretto von Lotte Ingrisch. Gemeinsam mit der Dichterin war ich beim Herrn Erzbischof von Salzburg, um die Erlaubnis zu erhalten, diese Oper, um die sich ein Skandal, viele Mythen und Vorurteile ranken, zum ersten Mal in einer Kirche – in der Kollegienkirche – szenisch aufzuführen.
Linossiartstory: Sehr geehrter Herr Hans-Josef Knaust, ich danke Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch und wünsche Ihnen weiterhin viele interessante Musikprojekte.
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