HUMANS AND DEMONS!

The festival is open, “steirischer herbst” 2023.

Die diesjährige Eröffnung des „steirischen herbstes“ fand auf dem höchsten und symbolträchtigsten Punkt der Grazer Innenstadt, dem Schloßberg, beim historischen Uhrturm statt.

Lulu Obermayer, Agoraphobia (2023), Performance, Foto: steirischer herbst / Johanna Lamprecht 

Dort steht ein imposantes Denkmal eines nackten Soldaten, der mit dem Rücken zur Wand steht. Tourist: innen und Grazer: innen schenken ihm nicht allzu viel Aufmerksamkeit, denn sein aggressives Heldentum aus dem Jahr 1932 passt nicht so recht in die heutige Zeit.

Denkmal des „nackten Soldaten“ aus dem Jahr 1932 / Foto: © Christa Linossi

Die Intendantin Ekaterina Degot und die Künstlerin Lulu Obermayer beziehen sich mit einer Rede und einer Opernperformance auf diese dämonische Figur der Vergangenheit.

Lulu Obermayer, Agoraphobia (2023), Performance, Foto: steirischer herbst / Johanna Lamprecht 

Bei „Menschen und Dämonen“ geht es nicht um „Gut und Böse“. Nein, bei „Menschen und Dämonen“ geht es vielmehr um „den Ist-Zustand und das Böse“.

Lulu Obermayer inszenierte eine Opernperformance mit kurzen Textauszügen aus der Weltliteratur (Goethe, Heine) und aus Opern (Verdi, Boccanegra, Bach, Schuhmann, Schubert) zu diesem politischen Thema. Die Inszenierung begann mit einem Chor, der nach oben blickte. Lulu trat auf einer Hebebühne auf und führte Dialoge mit dem Chor. Dann kam eine weitere Hebebühne mit einem Opernsänger und einem weiteren Opernsänger auf der Hebebühne ins Spiel. Alle drei inszenierten sich zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Gut und Böse. (Lulu Obermayer (1989, München, Deutschland) ist eine Künstlerin, deren Praxis sich zwischen Oper, Theater, Performancekunst und Tanz bewegt. Sie nutzt den europäischen Kanon als Reibungspunkt, um das verborgene Potenzial weiblicher Charaktere aufzudecken, dominante Erzählstränge umzuwandeln und unsichtbar gemachte Perspektiven freizulegen)

Wir wissen, was schrecklich ist, aber wir sind oft unfähig zu sagen, was gut ist: Gut für den Planeten im nächsten Jahrhundert? Gut für den legitimen Sieg über den Aggressor oder für den sofortigen Friedensvertrag mit dem Aggressor? Für unsere öffentliche Ablehnung der Diktatur oder für die Sicherheit unserer Familie, die immer noch unter dieser Diktatur lebt?

Das sind schwierige Entscheidungen, die keinen Aufschub dulden. Sie müssen inmitten von Kriegen, Krisen oder zunehmender politischer Unterdrückung getroffen werden. Es scheint, dass das „Böse“ universell geworden ist und uns überall bedroht, während das „Gute“ relativ ist und in die Privatsphäre verbannt wurde. Es beruht auf einer sehr persönlichen Vorstellung davon, was unter den gegebenen Umständen richtig ist.

Für die dissidente Stimme der Kunst, für die Stimme der Ungehorsamen, der Anderen, derer, die sich wie Kundera (Milan Kundera Schriftsteller) mit seinen seltsamen poetischen Geschichten den Fallen der engelhaften Didaktik und des dämonischen Teufelsdenkens entziehen, hat sich der steirische herbst immer eingesetzt. Wenn wir glauben, in unserer kleinen und sicheren freien Welt gäbe es keinen Grund mehr, für eine solche Stimme der Kunst zu kämpfen, dann irren wir uns, oder wir könnten uns sehr bald irren.

Es ist Zeit für die Stimme.

Agoraphobia (2023), Performance, Foto: © Christa Linossi

Das war jetzt nur ein kurzer Rückblick auf die Eröffnung, aber der „steirische herbst“ hat noch viel mehr zu bieten. Da war zum Beispiel die Performance in der Annenstraße, die mir auch sehr gut gefallen hat. Die slowenische Choreografin Mateja Bučar inszenierte in der Annenstraße eine choreografische Intervention, die sich mit der erschütternden Grazer NS-Vergangenheit auseinandersetzte, die tiefe Narben in der Stadt hinterlassen hat. Die Annenstraße war eine belebte Einkaufsstraße mit vielen Geschäften jüdischer Familien. Vorübergehend für den Verkehr gesperrt und von Autos und Straßenbahnen leergeräumt, bot Mateja Bučar eine eindrucksvolle Kulisse für seine Menschenkette, die die Hauseingänge verband, aus denen die jüdischen Geschäfte entfernt worden waren.

Erwähnenswert sind auch Ausstellungen wie DEMON RADIO in der Hilmteichstraße. In einem ansonsten noblen Villen- und Institutsviertel steht ein heruntergekommenes Callcenter eines Mobilfunkanbieters. Es wurde zum DEMON RADIO umgebaut. Eine allgegenwärtige, charismatische Figur namens Dr. Jazz geistert durch das Gebäude.

Das Archiv von Dr. Jazz, kuratorische Intervention, Demon Radio, Foto: steirischer herbst / kunst-dokumentation.com

Oder VILLA PERPETUUM MOBILE als fiktive Vorstellung: Das Forum Stadtpark, eine langjährige Partnerinstitution des steirischen herbst, wurde 1959 von Kulturschaffenden gegründet und ist ein interdisziplinäres Bollwerk der Gegenwartskultur – Wohnort eines Dissidenten an mehreren Fronten: des Physikers, Dichters und zeitweiligen Psychiatriepatienten Stefan Marinov (1931-1997).

Villa Perpetuum Mobile​, Forum Stadtpark, Ausstellungsansicht, Foto: steirischer herbst / kunst-dokumentation.com

CHURCH OF RUINED MODERNITY im Minoriten Zentrum und im Minoriten Kloster, das zu einem Ort der Ausstellung und der Begegnung zwischen Religion und moderner Kunst geworden ist. Die Ausstellung ist der Künstlerin Mira Schendel (1919-1988) gewidmet. Das Kloster wurde schon früh in seiner Geschichte als Ausstellungsort genutzt.

Eteri Nozadze, Flussschifffahrt (2023), Installationsansicht, Church of Ruined Modernity, Minoritenkloster und Minoritenzentrum Graz, Foto: steirischer herbst / kunst-dokumentation.com, mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin

Der steirische herbst findet noch bis 15.10.2023 mit zahlreichen Veranstaltungen statt. Siehe https://www.steirischerherbst.at/de/

Das Ars Electronica Festival 2023          stellte sich der spannendsten Frage des 21. Jahrhunderts!

„WHO OWNS THE TRUTH“? „WEM GEHÖRT DIE WAHRHEIT”?

Video (c) Ars Electronica 2023

Ars Electronica 2023, immer einen Schritt voraus, zielte heuer direkt auf das umstrittene Schlüsselthema unserer Zeit und fragte: Wem gehört die Wahrheit? Es ging um die Frage nach Wahrheit und Eigentum, nach Deutungshoheit und Souveränität, kann man Wahrheit überhaupt besitzen?

Gibt es ein Recht auf Wahrheit, und wenn sie jemandem oder einer Institution gehört, welche Kontrolle und Verantwortung ist damit verbunden? Wie gehen wir mit solchen Fragen im Zeitalter der globalen Vernetzung und der sich rasant entwickelnden Fähigkeiten sogenannter künstlicher Intelligenz um?

In einer Zeit, in der sich einige wenige in neofeudalistischer Manier das kollektive Wissen angeeignet haben und in der wir auch gute Gründe haben, daran zu zweifeln, dass die Vision der Technologie unsere Probleme lösen wird, müssen wir uns fragen, wie wir unsere Zukunft gestalten können.

Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, allen Menschen den Zugang zu den großen Errungenschaften von Wissenschaft und Technik zu erleichtern und sie in die Lage zu versetzen, diese Errungenschaften zu nutzen.

Das ist eine Herausforderung, die nur sehr schwer zu bewältigen sein wird. Aber genau für eine solche Vision soll und kann ein Festival wie die Ars Electronica stehen. Seit mehr als 40 Jahren ist dieses außergewöhnliche Festival ein Ort, an dem nicht nur darüber nachgedacht wird, wie Technik unsere Gesellschaft verändert, sondern auch, wie Kunst und Gesellschaft selbst Technik gestalten können.

Warum war ARS ELECTRONICA heuer so umfangreich?

Auch dieses Jahr wurde das Festival wieder als „Green Event“ umgesetzt und es nahmen 1542 Künstler*innen, Wissenschaftler*innen, Entwickler*innen, Designer*innen und Aktivist*innen aus 88 Ländern daran teil. 650 Exponate waren Teil der Ausstellung. 575 Veranstaltungen fanden statt. Ermöglicht haben das Festival 338 Partner*innen und Sponsoren sowie 434 Mitarbeiter*innen.

POSTCITY – die digitale Revolution

20 Kilometer Stromleitungen, 550 Verlängerungskabel à 10 Meter und 550 Verlängerungskabel à 5 Meter, 800 Steckdosenleisten, 400 Bildschirme, 75 Beamer, 75 Notebooks, 150 PCs und 100 Raspberry Pi, 60 Messewandmodule, 430 Tische und 2.100 Sessel, hunderte Pflanzen und – die Liste der Requisiten, die das Festivalteam für die POSTCITY vom 6. bis 10. September 2023 benötigte, ließe sich beliebig fortsetzen.

Worum geht es in diesem Jahr?

Es geht um Wahrheit, im Grunde geht es aber auch darum zu zeigen, wie KünstlerInnen aus aller Welt in Zusammenarbeit und Auseinandersetzung mit Technologie und Gesellschaft an diesem Thema arbeiten. PreisträgerInnen des Prix Ars Electronica, Projekte aus zahlreichen lokalen, europäischen und internationalen Kooperationen und Netzwerken, kuratierte Themenausstellungen und neue Auftragsarbeiten, Symposien und Workshops machten dies sichtbar.

Meine Erfahrungen und Erlebnisse bei der Ars Electronica sind hier kurz zusammengefasst.

Die Ars Electronica war wieder zu Gast in den stahlbetongrauen Hallen und Katakomben der POSTCITY – und darüber hinaus an 13 weiteren Orten in der Linzer Innenstadt. Mein Besuch beschränkte sich auf die POSTCITY, die KUNSTUNIVERSITÄT und das Lentos Kunstmuseum.

Dieses Jahr gab es so viele Veranstaltungen und Ausstellungen, dass man sich auf ein Minimum beschränken musste. Vor allem, wenn man nur einen Tag Zeit hatte. Ich habe für mich die interessantesten Projekte bzw. Ausstellungen ausgewählt.

Interessante Highlights für mich waren:

Jennifer Kanary (NL) Labyrinth Psychotica – The Anoiksis Experiment Roomforthoughts

,Labyrinth Psychotica – The Anoiksis Experiment by Roomforthoughts Jennifer Kanary (NL), Photo Jennifer Kanary

In ihrer Forschung zur Simulation von Psychosen durch Kunst und Technik sucht sie nach Mustern in den langen ignorierten subjektiven Daten der Betroffenen. Die Untersuchung ihrer Geschichten führte zu einer künstlerischen Forschungstheorie, der Anoiksis-Theorie. Sie ist radikal, weil sie unser Verständnis von Halluzinationen und Wahnvorstellungen in den Mittelpunkt stellt, um zu versuchen, sie zu heilen. Die Theorie geht davon aus, dass Krankheit nicht die Folge eines Defekts im Gehirn ist. Vielmehr versucht das Gehirn, einen Heilungsprozess in Gang zu setzen. Die Anoiksis-Map-Methode kann verwendet werden, um Raum für alle „psychiatrischen“ Zustände auf einem Spektrum von Subjektivität zu schaffen.

Die Anoiksis VR Psychosis Experience ist theoriegeleitet und methodenorientiert. Sie handelt. Es handelt sich um eine Mixed-Reality-VR-Psychose-Simulation, die den/die Träger*in in einen sicheren, interaktiven Wachtraumzustand in den Geist von Dr. Green versetzt, der sich in einer Psychose befindet, und über 42 subjektive Erfahrungen simuliert.

(Anoikis (griechisch: νοκις, „heimatlos“) bezeichnet einen programmierten Zelltod von menschlichen bzw. tierischen Zellen, die den Zell-Matrix-Kontakt verloren haben (Frisch und Francis, 1994))

VFRAME: Computer Vision for OSINT / OSI Research

Adam Harvey (US), Josh Evans (US), Jules LaPlace (US)

Honorary Mention

Director founder computer vision Adam Harvey 3D design and emerging 3D technologies Josh Evans Information architecture and front end development Jules LaP

VFRAME ist ein Computer-Vision-Projekt, das Open-Source-Bildverarbeitungssoftware und neuronale Netzwerkmodelle für die Menschenrechtsforschung und die Überwachung von Konfliktgebieten entwickelt. VFRAME startete 2017 mit dem Ziel, die Lücke zwischen kommerzieller KI und investigativer Forschung zu schließen.

Heute leistet VFRAME Pionierarbeit bei der Entwicklung und Anwendung neuer Techniken, die 3D-Fotogrammetrie, 3D-Rendering und 3D-Druck kombinieren, um synthetische Daten für das Training neuronaler Netze zu generieren. Anstatt, wie in der Industrie üblich, Daten aus Online-Quellen zu scrapen, die problematische Verzerrungen aufweisen können, verwendet VFRAME einen künstlerischen Ansatz, der digitale Fabrikation, Bildhauerei, Fotografie und 3D-Kunst kombiniert, um eine praktisch unbegrenzte Quelle von Trainingsdaten zu schaffen. Das Ergebnis ist ein leistungsfähiges Computer-Vision-Modell, das in der Lage ist, illegale Streumunition in Millionen von Videodaten aus Konfliktgebieten automatisch zu erkennen.

VFRAME hat von Anfang an eine Partnerschaft mit Mnemonic aufgebaut. Ziel ist es, die Technologie auf das umfangreiche Archiv von Mnemonic anzuwenden. In einem Pilotprojekt 2022 wurden in dem Archivmaterial aus Syrien, das mehr als drei Millionen Videos und etwa zehn Milliarden Einzelbilder umfasst, über 1.000 Videos entdeckt, in denen die Streubombe RBK-250 eingesetzt wurde.

Im vergangenen Jahr begann eine neue Zusammenarbeit mit der Nichtregierungsorganisation Tech 4 Tracing. Ziel ist es, direkten Zugang zu echter Munition für 3D-Scans zu erhalten. Dieser wichtige Schritt wird es dem VFRAME-Projekt ermöglichen, seine Entwicklungsbemühungen auszuweiten und weitere Open-Source-Modelle für die Computer Vision Detection zur Überwachung von Konfliktgebieten zu entwickeln.

FORMATA

PЯОТO-ALIEИ PЯOJECT (CO/JP)

FORMATA PЯОТO ALIEИ PЯOJECT COJP Photo Gyre Gallery

Was wäre es heute, in einer Zeit der Ausdehnung des anthropogenen Einflusses über die Erde hinaus, für eine Bedeutung, außerirdische Materialassemblagen aktiv und performativ zu erleben? FORMATA ist eine hybride Installation, die lebende, autonome Blobs in einem experimentellen Reaktor inszeniert, der mit flüssigem Formamid die Bedingungen eines außerirdischen Planeten emuliert. FORMATA dekonstruiert die Hierarchie zwischen Menschen und Nicht-Mensch und ersetzt sie durch eine „unscaled agency“ von lebenden, teilweise lebenden und nicht lebenden Entitäten.

Das PЯОТO-ALIEИ PЯOJECT ist ein multidisziplinäres Labor für Ideen und Experimente an der Schnittstelle von Medienkunst, Chemie und Astrobiologie.

Emils

Yuan Shao Wu (TW), Wei Chen Yen (TW), Chiao Ni Hsu (TW), Kuan Ju Wu (TW/US), Yasuaki Kakehi (JP), Chun Cheng Hsu (TW)

Emils Yuan Shao Wu Wei Chen Yen Chiao Ni Hsu Kuan Ju Wu TW Yasuaki Kakehi JP Chun Cheng Hsu TW Photo Chun Cheng Hsu Lab

Interaktive, lebendige Skulptur aus Schleim. Emils ist eine flüchtige, weiche Skulptur, die aus Millionen zähflüssiger Schleimbläschen besteht, die zusammen eine essenzielle Struktur bilden. Diese Bläschen interagieren miteinander: Sie konkurrieren, verschmelzen und zerplatzen, während sie wachsen, was zu einer dynamischen, sich ständig weiterentwickelnden Form führt. Inspiriert von der Konstruktion mehrzelliger Organismen, verkörpert Emils die mikroskopische und makroskopische Perspektive von Lebensformen.

FOUNDING LAB closing ceremony

The FOUNDING LAB excursion to the JKU, the temporary location of the IDSA, takes place on the last day of the Summer School. The Institute for Digital Sciences Austria will be built nearby. As the first element of the IDSA, a linden tree is planted in honor of the Founding Convent, which includes, among others, Stefanie Lindstaedt, Christopher Lindinger and Claudia von der Linden. Each student contributes to the materialization of the IDSA by putting soil on the newly planted tree. Afterwards, every student receives a certificate of completion for the Summer School and Forum.
 
Photo: Patrick Münnich

Startschuss für neue Universität Linz!

„Linz ist digital führend in Europa“ > „Ich wage zu behaupten, dass Linz einer der Vorreiter in Europa ist, wenn es um digitale Transformation geht“, bringt Ars Electronica Geschäftsführer Gerfried Stocker den Grund für die Kooperation mit der neuen IDSA-University auf den Punkt. “The magic happens when different disciplines bump into each other!” 75 Studierende und 20 Fellows aus verschiedenen Ländern, Kulturen, Forschungsdisziplinen, aus Kunst, Wirtschaft und Zivilgesellschaft machten das FOUNDING LAB zu genau dem, was sich IDSA und Ars Electronica erhofft hatten: ein begeisternder Startschuss für eine neue Universität, die von Anfang an, Dialog, Inklusion und Innovation lebt. Gründungspräsidentin ist Stefanie Lindstaedt.

Nach dem Festival ist vor dem Festival

Die Ars Electronica 2023 ist Geschichte. Das nächste Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft findet dem 4. September 2024, bis dem 8. September 2024, in Linz statt.

Die Ars Electronica war in diesem Jahr ein sehr interessantes Festival, aber oft zu breit gefächert, um sich in einzelne Themen zu vertiefen.

Zeitgenössische KUNST AUF DER BURG HOHENWERFEN

Vor 30 Jahren erregte Franz Janz als Teilnehmer am Symposium auf der Burg Hohenwerfen in Stadt Salzburg und Land für Aufsehen!

Traumwetter, raus in die Natur, aber wohin? Ich fahre nach Werfen zur Ausstellung des exzentrischen Malers Franz Janz auf der Burg Hohenwerfen.

Die Burg Hohenwerfen widmet dem Künstler Franz Janz eine Hommage. Zu sehen sind Werke aus den 1990er Jahren. Franz Janz wurde 1946 in Graz geboren und verstarb 2017 nach langer Krankheit in Salzburg.

Ausstellungsansicht Franz Janz in den Kasematten Burg Hohenwerfen 2023 /  
Foto: © Christa Linossi

Rückblick:

Im Zuge einer kulturpolitischen Aufbruchstimmung im Land Salzburg wurden 1971 die Rauriser Literaturtage ins Leben gerufen. 1975 wurde mit den Rauriser Malertagen (1975 – 1985) eine Initiative zur nachhaltigen Förderung des Kulturschaffens im ländlichen Raum gestartet.

Die Burg Werfen ist ein mächtiger und beeindruckender Ort. Niemand käme auf die Idee, dort oben auf der Burg freiwillig oder zumindest bis zum Einbruch der Dunkelheit zwei Wochen lang (bildende) Kunst zu machen. Nur Künstler können sich für so etwas begeistern lassen. Jeder der acht Eingeladenen hat bewusst für zwei Wochen einen Ort auf Zeit besetzt und sich in fremde, unbekannte Räume begeben.

So brachte das erste Malersymposium auf Burg Hohenwerfen 1986 den Aufbruch nach Werfen. Der Schock der Gegenstandslosigkeit traf auf die Erwartung, die mit den Bildern von Bergen und Burgen verbunden war. Durch regelmäßige Ausstellungen im Kuenburggewölbe profitierte Werfen von diesem Malersymposium.

Zum 10-jährigen Jubiläum des Symposiums (1986-1995. dannach wurde das Symposium aufgrund des voranschreiteten Tourismus eingestellt) entstand eine Sammlung von 89 Werken zeitgenössischer Kunst. Geleitet wurde das Symposium von Beppo Pliem (Salzburger Künstler 1939-2009 http://beppopliem.com/)

Der exzentrische Künstler Franz Janz wurde 1992 von einer Salzburger Kunstkommission – bestehend aus vier Jurymitgliedern – ins Spiel gebracht. Es war ein Schlachthaus der Farben und für den „besessenen“ Künstler war der malerische Schaffensakt eine Geburt aus einer proklamierten Seelenschau, die er selbst als dämonisch bezeichnete.

Die Geburt seiner Bilder war immer eine Art Kaiserschnitt. In enger Analogie zum reduzierten Vokabular der comicartigen Sprechblasen steht die Banalität der verwendeten sprachlichen Mittel. Entscheidend für sein künstlerisches Selbstverständnis war zweifellos die Begegnung mit Hermann Nitsch im Jahr 1991 – er besuchte die Internationale Sommerakademie Salzburg, Malklasse von Hermann Nitsch.

Franz Janz AM ANFANG WAR HERMANN NITSCH / Foto © Christa Linossi

Nitsch trug wesentlich dazu bei, dass Janz in der Folgezeit durch seine Vermittlung, seine Texte und Reden bei Vernissagen überregionale und internationale Aufmerksamkeit erlangte.

Die Bilder von Janz sind in der Nähe von ART BRUT anzusiedeln, auf jeden Fall sind sie von einer Intensität und Dichte, wie man sie selten sieht.

Zurück zur Gegenwart:

Unterwegs im Reich der Dämonen – BREAKDOWN

ist der Titel der Ausstellung auf der Burg Hohenwerfen von Franz Janz.

Franz Janz (1946-2017) kehrt posthum mit Dämonen auf die Burg Hohenwerfen zurück. Er war einer der aufregendsten Künstler. Die Nummer 1 in Österreich“, wie er sich selbst einschätzte. Parallel zur Hexenausstellung in Hohenwerfen (Mythos Jackl – Zauberer und Hexen in Salzburg“) wurden nun für seine Ausstellung Breakdown“ oder Nervenzusammenbruch“ Bilder zum Thema Dämonen und Kobolde ausgewählt.

Franz Janz WICHTEL / Foto © Christa Linossi

Für Janz, der sich als Schamane verstand, waren diese Mischwesen Realität.Sie führten ihn, so glaubte er, in ihr Reich ein. Mit ihnen und ihren Kräften arbeitete er. Herman Nitsch schreibt: Er ist ein Gratwanderer, er kann leicht in jene Abgründe des Unermesslichen stürzen, die er lustvoll betrachtet und fürchtet. Gezeigt werden hochexpressive Bilder in Acryl auf Leinwand und Arbeiten auf Papier aus Galerien und Privatbesitz. In einer Zeit, in der Exorzismus von der katholischen Kirche angeboten wird und der Glaube an den Teufel bei vielen Menschen weit verbreitet ist, sind dies ungewöhnliche Aussagen in der Kunst.

Janz Franz hat sich mit vier großen Werkgruppen auseinandergesetzt: An Dämonen und Kobolden, am Thema Frau, Hexen eingeschlossen, an Tieren, die als beseelte Gefährten gesehen wurden, und an der Rockmusik, die er auf kongeniale Weise in bildende Kunst umsetzte. Rock-Ikone Laurie Anderson, die seine Bilder in Salzburg entdeckte, über das Werk des Künstlers: „Das ist die Welt, in der ich lebe”.

Franz Janz WO IST FATIMA / Foto © Christa Linossi

Franz Janz wurde 1946 in Graz geboren. Seit 1971 in Salzburg, arbeitete Janz zunächst als Kellner, bevor er 1991 als Janz Franz an der Internationalen Sommerakademie bei Herman Nitsch die Kunst für sich entdeckte. Seither ist der Künstler international vertreten. Ausstellungen in Genf, Livorno, Gadebusch (D), Köln und Passau folgten. Nach fünf Jahren im Rollstuhl verstarb Janz Franz 2017. In Salzburg wurde Janz von den Galerien Eboran und Altnöder vertreten.

Die Auseinandersetzung mit dem Künstler steht im Mittelpunkt des „Projekt’ Janz Franz”, dass derzeit bis Ende 2023 eine zweite Janz-Ausstellung im Egon Schiele Art Centrum in Krumau zeigt. Darüber hinaus wird an einem Buch über den Künstler gearbeitet und für 2024 ist eine große Ausstellung im Joanneum in Graz geplant. Ziel ist es, das Werk des Künstlers wieder in den Kunstdiskurs einzubringen.

Plakat Egon Schiele Art Centrum Ausstellung Franz Janz / Foto © Christa Linossi

http://www.esac.cz/de/egon_schiele_art_centrum/

Die Bilder der Burg Hohenwerfen sind in den Gewölben der Kasematten ausgestellt. Hier kommen die Werke erst richtig zur Geltung. Sein Farbenrausch schreit einen förmlich an und bei genauerem Hinsehen werden seine Dämonen, seine Fratzengesichter sichtbar.

Er malte auch die Tierkreiszeichen. Er malte sie in seinen eigenen Farben und Formen. So wie Janz sie eben sah oder wie seine Dämonen es ihm befahlen. Er ist und war ein Wanderer auf dem Grat und ein Genie darin. Mit einem Bein im Farbenrausch und mit einem Bein in der unerforschten Psyche.

Kuratoren Hohenwerfen: Prof. Dr. Wolfgang Richter und Karl Heinz Leitner

Ausstellungsdauer: noch bis 17. September 2023 auf der Burg Hohenwerfen Salzburg https://www.salzburg-burgen.at/de/burg-hohenwerfen/

„Who Owns the Truth?“

„Wem gehört die Wahrheit?“

Es ist wieder so weit. Die ARS ELECTRONICA OPENING 2023 beginnt mit der Eröffnung am 6. September 2023 in der POSTCITY GLEISHALLE. Die Gründung der neuen UNI „Institute of Digital Sciences Austria“ (IDSA), die in Linz entsteht, wird ein großer Startschuss sein. Der erste Teil der Veranstaltung ist geladenen Gästen vorbehalten. Er steht ganz im Zeichen der neuen Universität. Prominenter Keynote-Speaker ist Jimmy Wales, amerikanisch-britischer Unternehmer und Mitbegründer von Wikipedia, der vielleicht wichtigsten Website aller Zeiten.

Worum geht es bei Ars Electronica 2023?

Es geht um Wahrheit als Manifestation von Deutungshoheit und Souveränität, um den Umgang mit dem Verlust des Anspruchs auf „die“ Wahrheit und darum, dass wir uns daran gewöhnen müssen, Wahrheit im Plural zu denken. Es geht um Wahrhaftigkeit als Grundlage unserer Wertvorstellungen von „authentisch“ und „original“ und wie sich diese Begriffe im Digitalen bereits verändert haben.

Space Messengers / Agnes Chavez (US), STEMArts Lab (US), OMAI (AT), Space Messengers Collective

Space Messengers is a participatory, mixed-reality installation that visualizes thought-provoking reflections on the universe, encouraging participants to contemplate their role within it. The project evolved from an interdisciplinary and international collaboration among artists, scientists, interdisciplinary experts and youth ambassadors. Together we explore how the arts, humanities, philosophy, physics and space technologies can deepen our understanding of the universe and expand our identities as planetary citizens.
 
Credit: Malu Tavares

Weitere Highlights der ARS ELECTRONICA OPENING 2023 sind unter anderem folgende Veranstaltungen:

Am Donnerstag, 7. September, findet die Prix Ars Electronica Preisverleihung in der Gleishalle der POSTCITY statt. Im Rampenlicht stehen die Preisträger*innen des Prix Ars Electronica, des STARTS Prize, des Europe Union Prize for Citizen Science, des Ars Electronica Award for Digital Humanity, des CultTech x Ars Electronica Award, des State of the ART (ist) Wettbewerbs sowie des Isao Tomita Special Prize.

Große Konzertnacht mit dem Bruckner Orchester Linz – vom Drehmoment der Gegenwart 8. September 2023 | 20:00 – 22:00 | POSTCITY | Gleishalle Die Große Konzertnacht ist ein Laboratorium für die Schaffung unerhörter Resonanzräume, die Offenheit, Kooperationsfreude, grenzenlose Lust am Programmieren und das Aufsuchen außergewöhnlicher Konzertorte voraussetzen.

2023 kehrt es in die Gleishalle der POSTCITY zurück. Hier fand 2017 der Urknall der Partnerschaft zwischen dem Bruckner Orchester Linz und seinem neuen Chefdirigenten Markus Poschner statt. Mit einer radikalen Auseinandersetzung mit Bruckners *Sinfonie Nr. 8* begann damals alles. Auch 2023 werden wieder vier Scherzi, vier Tanzstücke aus Sinfonien des heimischen Traditionsavantgardisten Anton Bruckner, der am 4. September seinen 199. Geburtstag feiert. Drehmomente, die sich mit den Klangräumen der isländischen Komponistin und Kontrabassistin Bára Gísladóttir und des österreichischen Rappers Def Ill vermischen.

Am 8. September 2023 | POSTCITY | Gleishalle findet auch die POSTCITY-NIGHTLINE statt. Direkt im Anschluss an das Konzert des Brucknerorchesters Linz wird die Gleishalle zur Bühne für innovative Künstler*innen und ihre Soundexperimente.

Ich habe hier nur einige interessante Punkte herausgegriffen, es werden auch zahlreiche Ausstellungen, Workshops und Diskussionen stattfinden.

Das Ars Electronica Festival 2023 wird sicher wieder spannend. Ich bin jedenfalls dabei und werde wieder berichten.

Ars Electronica Festival 2023 – Who owns the truth?