„MORDGEDANKE, WOHER KOMMST DU?“

Terrassen Talk der Salzburger Festspiele 2023 zu Giuseppe Verdis  Oper MACBETH

Asmik Grigorian (spielt heuer in der Oper MACBETH die Lady Macbeth) beim Terrassen Talk der Salzburger Festspiele 2023 Foto: © Christa Linossi

Die Salzburger Festspiele 2023 stehen bereits in den Startlöchern, ab 21. Juli 2023 geht es Schlag auf Schlag in den Festspielsommer.

Auch die Terrassengespräche geben wieder Einblicke in neue Produktionen und Inszenierungen, und wie das Genie Shakespeare, der Welttheatermacher, der Weisheit ebenso verstand wie das schallende Gelächter und den Schrecken der Erkenntnis, steht uns – Hand in Hand mit Verdi in MACBETH und FALSTAFF – zur Seite.

Beim ersten Terrassengespräch des Festspielsommers diskutierten Marie Therese Rudolph (österreichische Musikwissenschaftlerin und Autorin), der Regisseur Krzysztof Warlikowski, die Bühnenbildnerin Malgorzata Szczesniak und die Hauptdarstellerin Asmik Grigorian als Lady Macbeth (Opernsängerin), über Verdis Oper MACBETH.

tt_macbeth_2023_szczesniak_grigorian_warlikowski_Foto © jan_friese-scaled

Bei den Salzburger Festspielen inszeniert der Regisseur Krzysztof Warlikowski zum dritten Mal eine Oper.Für ihn ist es nicht nur eine neue Herangehensweise an das Werk, sondern nach seiner Pariser Hamlet-Inszenierung (französischer Komponist: Ambroise Thomas) im März bereits die zweite Auseinandersetzung mit einem Shakespeare-Stoff in diesem Jahr.

krzysztof-warlikowski-Foto © Anne Zauner Salzburger Festspiele  

„Beide Opern wurzeln in mythologischen Stoffen der Antike und basieren auf zwei großen Werken der Weltliteratur – musikalisch haben wir es aber mit zwei unterschiedlichen Welten zu tun“, sagt er. Die Handlung spielt in einer Zeit, in der die Figuren dem Wahnsinn verfallen sind. Bei der Frage, wie er sie gestalten solle, habe ihn die menschliche Dimension der Figuren interessiert – schließlich sei Macbeth eine Reise ins Inferno.

Worum geht es in Macbeth? Shakespeare erzählt die Geschichte der heimtückischen Ermordung des schottischen Königs Duncan. Der Feldherr Macbeth ermordet, angestachelt von drei Hexen und seiner bösen Frau Lady Macbeth, den beliebten schottischen König. Er verspricht sich davon Macht und Ruhm.

Warlikowski inspirierten bei seiner Arbeit Assoziationen zu Bernardo Bertoluccis Film „Der große Irrtum“ („Il conformista“). Der Moment, in dem Macbeth die Hexen über seine Zukunft befragt, sei ein besonderer Moment: „Das ist eine bewusste menschliche Entscheidung mit dem Ziel, sich davon leiten zu lassen. Also das Gegenteil von passiver Schicksalsergebenheit“, so Kryzstof Warlikowski.

Asmik Grigorian, in diesem Sommer als Lady Macbeth in Salzburg zu sehen, sagt über ihre Rolle: „Das ist eine sehr schwierige Rolle. Aber wie bei jeder Figur, die ich verkörpere, gebe ich mein Bestes und investiere viel Zeit in die Vorbereitung“. Eine grundsätzlich neue musikalische Erfahrung sei das aber nicht. Schon ihre Eltern hätten viel Verdi gesungen, so dass sie mit einem italienischen Repertoire aufgewachsen sei.

Asmik Grigorian (litauische Opernsängerin (Sopran)) Foto: © Christa Linossi

Eine weitere Frage war, ob sich Macbeth und Lady Macbeth als Paar auf Augenhöhe begegnen.  Asmik Grigorian antwortet: „Grundsätzlich versuche ich auf der Bühne, den Menschen hinter der Rolle zu ergründen. Ich will mich in die Situationen hineinversetzen, die sie erlebt.“ Eine Paarbeziehung sei immer dynamisch, deshalb wolle sie auch die Verletzlichkeit und die Schwächen herausarbeiten. Nur das Dunkle und Böse in dieser Figur darzustellen, interessiere sie nicht, betont sie: „Ich glaube nicht an eindimensionale Charaktere. Ich bin Krzysztof Warlikowski sehr dankbar, dass er die Geschichte so erzählt, dass alles, was passiert, eine Ursache und ein Motiv hat“.

Małgorzata Szczęśniak, die erneut für Bühnenbild und Kostüme verantwortlich zeichnet, sagt: „Wir wollten einen Raum schaffen, den man gleichzeitig als universell, metaphorisch und poetisch bezeichnen kann. Von Bildern, die etwas Kriegerisches, Militärisches assoziieren, hat sich unser Konzept gelöst. Inspiriert wurde sie vom „Jeu de paume“, dem „Spiel der Könige“ aus der Renaissance, dem Vorläufer des heutigen Tennis. Zu den Kostümen sagt sie: „Sie sind angelehnt an den italienischen Stil der 1920/30er Jahre, an die Filmwelt von „Il Conformista“, in der sich nach außen hin ein normales Leben abspielt.

Nicht nur außergewöhnliche Stimmen, sondern auch außergewöhnliche Darsteller sind für eine Oper wie diese gefragt. In MACBETH geht es um unsere Verletzlichkeit und unser Bedürfnis nach Glauben, um das Unbekannte zu bewältigen.

Franz Welser-Möst, der die musikalische Leitung dieser Oper übernommen hätte, muss sich zu seinem großen Bedauern aufgrund einer akuten orthopädischen Erkrankung in ärztliche Behandlung begeben. Die Salzburger Festspiele danken Philippe Jordan, dass er kurzfristig zugesagt hat, die musikalische Leitung der Neuproduktion von Giuseppe Verdis Macbeth in der Regie von Krzysztof Warlikowski zu übernehmen.