
Antonio Cuenca Ruiz (Dramaturgie) im Gespräch mit dem Regisseur Peter Sellars, dem Dirigent Teodor Currentzis und dem Choreograf Lemi Ponifasio zur Mozart Oper IDOMENEO
Zur diesjährigen Eröffnungsoper, Mozarts IDOMENEO arbeiten zwei großartige Künstler in Salzburg wieder miteinander. Es handelt sich um den Regisseur Peter Sellars und den Dirigent Teodor Currentzis.

Foto © Anne Zeuner Salzburger Festspiele
Peter Sellars: Der US-Amerikaner wurde 1957 in Pittsburgh, Pennsylvania geboren und gehört weltweit zu den wichtigsten Opern- und Theaterregisseuren. Er studierte an der Phillips Academy in Massachusetts und an der Harvard Universität. Er hat sich mit seinen bahnbrechenden und innovativen Interpretationen von Meisterwerken und mit Gemeinschaftsprojekten in Zusammenarbeit mit einer außerordentlichen Bandbreite an Kunst-schaffenden internationales Ansehen erworben.
Peter Sellars wird am 27. Juli 2019 in der Felsenreitschule die Festrede bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele 2019 halten. Der Titel seiner Rede heißt: „Listening tot he urgency of ecological civillization in the next generation“ (Das Meer als Erzähler: Globaler Wandel und kulturelles Wirken – Die Bedeutung und Dringlichkeit einer ökologischen Zivilisation für die nächste Generation“.
Teodor Currentzis: wurde 1972 in Athen geboren und ist ein griechisch-russischer Dirigent, Musiker und Schauspieler.Im Alter von zwölf Jahren besuchte er Kurse für Violine und 1987 studierte er Dirigieren am Nationalen Konservatorium in Athen. Er studierte dann am Petersburger Konservatorium bei Ilja Musin weiter. Von 2004 bis 2010 war er Chefdirigent am Nowosibirsker Staatlichen Akademischen Opern und Ballettheater in Nowosibirsk. Bei den Salzburger Festspielen dirigierte er 2017 zum ersten Mal.
Antonio Cuenca Ruiz: „Wer der Regisseur ist und wer der Dirigent, das sei bei Peter Sellars und Teodor Currentzis oft nicht so leicht zu unterscheiden.
Dirigent Teodor Currentzis zu Peter Sellars: „In der Produktion gehe es darum, Probleme anzusprechen und wer sei dafür besser geeignet als Peter Sellars. Das Wort Regisseur werde ihm gar nicht gerecht, denn er ist viel mehr als das. Er lädt uns mit seiner Arbeit gewissermaßen in seine spirituelle Praxis ein“. Sellars setzt auf Kommunikation, führt uns alle zu Problemlösungen und setzt dabei auf Humanität mit einer enormen Energie. Es ist ein Privileg mit ihm zu arbeiten, so der Dirigent Currentzis.

Foto © Anne Zeuner Salzburger Festspiele
Peter Sellars lobt wiederum den Dirigenten: „Was Teodor auszeichnet, ist seine Gabe Licht an unerwartete Orte zu bringen. Er ist ein echter Visionär. Zu beobachten wie Teodor Currentzis bei der ersten Probe mit dem Freiburger Barockorchester ein „atmosphärisches Gesamterlebnis“ geschaffen habe, sei beeindruckend gewesen. Takt für Takt, Note für Note habe er jedes Detail mit den Musikern besprochen. Mit seiner Arbeitsweise schaffe er es immer wieder Räume für die Sänger zu schaffen, in denen sie ihr Potenzial voll und ganz freisetzen könnten.“
Moderator Antoni Cuenca Ruiz: Vor zwei Jahren inszenierten Sellars und Currentzis mit großem Erfolg die Mozart Oper La clemenza di Tito. In dieser Oper ging es um Vergebung. In Idomeneo geht es um einen Vater, der meint, dass er seinem Sohn hilft, ihn aber in Wirklichkeit aber opfert. Es ginge nun auch um die Meinung, wie man über die Kraft der Gerechtigkeit und Versöhnung und einen Weg zur Demokratie finden kann. Man sollte damit einer neuen Generation neue Chancen geben, ergänzt Teodor Currentzis. „Wenn wir unsere Ansichten jetzt nicht überdenken“, sagt er, „dann existieren wir in 100 Jahren vielleicht nicht mehr“. Currentzis spielt auf den Vater-Sohn-Konflikt in der Oper an: „Wir sollten aufhören, Schuld in uns zu tragen und diese auf unsere Kinder und Kindeskinder zu übertragen. Über Schuld kann der Mensch nicht geheilt werden.“
Peter Sellars: „Wir arbeiten in diesem Sommer bei den Salzburger Festspielen an Mozarts erster großer Oper Seria: Idomeneo. Diese Oper stammt von einem 25-jährigen (18. Jahrhundert), der der Welt mitteilt, dass die Zeit reif ist für eine ernsthafte Veränderung. Es ist Zeit für eine neue Generation, die die Macht übernimmt und Entscheidungen mit neuen Prioritäten, einer neuen Energie und einer neuen Entschlossenheit trifft, um die Welt radikal zu verändern. Nun schreiben wir bereits das 21. Jahrhundert und die Oper hat noch immer Gültigkeit und auch hier müssen wiederum Visionen neu angedacht werden: „Wir stehen beim Thema Klimawandel weltweit vor einer riesigen Herausforderung“, sagt der Regisseur. Egal ob Indonesien, Paris oder New York, es handele sich um ein globales Problem, für das eine neue Form der Kommunikation gefunden werden müsse. Wir müssen uns über alle politischen und ethnischen Trennlinien hinwegsetzen. Das Thema Ozean sei altbekannt aus der Mythologie. Doch dieser Ozean, das sei nicht eine Wassermasse, nein, der Ozean, das seien Millionen von Lebewesen. Daher müssen wir lernen mit dem Ozean zu verhandeln und mit ihm in Kontakt zu treten.“
Genau aus diesem Grund hat Peter Sellars den Choreografen Lemi Ponifasio engagiert, da er der perfekte Mann für die Choreografie ist. Lemi Ponifasio ist in Samoa im Pazifik geboren. Bereits 2006 arbeitete er mit Ponifasio zusammen.
Lemi Ponifasio: ist 1954 in Lano Samoan geboren. Lemi Ponifasio ist Regisseur, Künstler, Tänzer, Designer und Choreograph aus Samoa und Neuseeland. 1995 gründete er die MAU in Auckland, wo er mit Communities und Künstlern aus aller Welt zusammenarbeitete.
Kiribati, eine Insel in Polynesien, wird wohl als eine der ersten Insel in Polynesien sein, die verschwinden wird, wenn der Meeresspiegel weiter ansteigt. Als Ponifasio nach Kiribati flog, um mit Einheimischen zu sprechen, kannte niemand Mozart. Das habe sich mittlerweile geändert. Die Einheimischen haben Mozart als eine Art Weltbürger erkannt. Ponifasio, wolle mit seiner Arbeit an dieser Produktion mit dem Tanz Räume der Stille schaffen. „Die Tänzer existieren zwischen den Noten, sagt er. Sie seien ein Baum, der einerseits fest verwurzelt ist, sich aber mit seinen Blättern immer dem Licht zuwende. Der Tanz solle dazu beitragen, Wunden zu heilen. Dabei spiele das finale Ballett eine große Rolle.“
Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
IDOMENEO
Drama per musica in drei Akten KV 366 /1781)
Premiere: 27. Juli 2019 in der Felsenreitschule in Salzburg
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