Adrián Villar Rojas THE THEATER OF DISAPPEARANCE im Kunsthaus Bregenz

Diesmal führte mich meine Reise an den Bodensee, genau gesagt, nach Bregenz. Ein Pflichttermin war das Kunsthaus Bregenz.

Die Ausstellung »Adrián Villar Rojas; The Theater of Disappearance “ – läuft leider nur noch bis 27. August 2017 – sie  ist bestimmt eine der eindrücklichsten und aufwendigsten Ausstellungen im KUB (Kunsthaus Bregenz). Aber diese Ausstellung passt exakt zum 20-jährigen Jubiläum des Kunsthaus Bregenz.

Adrián Villar Rojas, 2013
Foto: © Mario Caporali
Courtesy of Adrián Villar Rojas

Betritt man normal ein Kunsthaus, kommt man an einem Kassentresen nicht vorbei.

Adrián Villar Rojas,The Theater of Disappearance, 2017
Installation view, Kunsthaus Bregenz Courtesy of Adrián Villar Rojas, Marian Goodman Gallery, New York | Paris | London und kurimanzutto, Mexiko-Stadt © Adrián Villar Rojas, Kunsthaus Bregenzcredts:
Photographed by Jörg Baumann

Jedoch im KUB  läuft es anders. Der eingerichtete Kassentresen von Peter Zumthor wurde extra für diese Ausstellung entfernt und in den Keller verbannt. Wenn man den Haupteingang betritt, strömt durch die Fenster farbiges Licht und auf dem Boden – bei genauer Betrachtung – ist ein unüberblickbares Bild in einer enormen Vergrößerung gespannt. Es ist die Darstellung des Gemäldes Madonna del Parto (1450-1475) von Piero della Francesca (https://de.wikipedia.org/wiki/Piero_della_Francesca) welches in Argentinien handgefertigt wurde.

Adrián Villar Rojas,The Theater of Disappearance, 2017
Installation view, Kunsthaus Bregenz Courtesy of Adrián Villar Rojas, Marian Goodman Gallery, New York | Paris | London und kurimanzutto, Mexiko-Stadt © Adrián Villar Rojas, Kunsthaus Bregenzcredts:
Photographed by Jörg Baumann

Sie zeigt Maria unter einem braun-samtenen Baldachin stehend, gerahmt von zwei Engeln, die das kostbare, mit Pelz gefütterte und mit Granatapfelmotiven bestickte Zierdach öffnen. Mit der rechten Hand berührt Maria den Schlitz an der Taille ihres vorn geknöpften blauen Kleids. Das berühmte Gemälde zeigt die schwangere Gottesmutter, deren Blick trotz ihres freudigen Zustands ernst und verloren wirkt.

Das erste Obergeschoss des KUB ist verdunkelt und von der Decke hängen Pflanzen. Die gesamte Bodenfläche ist mit braunen Marmorplatten bedeckt, auf diesen Platten befinden  befinden sich versteinerte Fossilien, rundliche Schneckenformen von Ammoniten und daneben lang-stielige Urwesen und Planktontiere. Unterschiedliche Plattenformen wirken oft wie leere Altäre oder Fundamente einer Ausgrabungsstelle. An den Wänden blicken Zeichnungen aus der Steinzeit dem Besucher entgegen oder sind es etwa Zeichnungen aus dem Zeitalter die den Ursprung des Menschen darstellen oder sind es uralte Kultstätten?

Adrián Villar Rojas,The Theater of Disappearance, 2017
Installation view, Kunsthaus Bregenz Courtesy of Adrián Villar Rojas, Marian Goodman Gallery, New York | Paris | London und kurimanzutto, Mexiko-Stadt © Adrián Villar Rojas, Kunsthaus Bregenzcredts:
Photographed by Jörg Baumann

Betritt man das zweite Obergeschoss, ebenfalls verdunkelt, strömt einem sehr heiße Luft entgegen. An der Wand befinden sich Gemälde von drastischem Schmerz. Abgetrennten  Körperteilen, ein Pferd das zusammenbricht und eine Mutter die ihr getötetes Kind betrauert. Auch das Gemälde eines bärtigen Jägers ist zu sehen, daneben eine Illustration zweier Saurier. Am Boden ist eine Feuerleiste installiert  (x-Teelichter) die Licht und Wärme verströmen und in der Mitte des Raumes hängt ein Eisenkorb von der Decke.  Villar Rojas bezeichnet ihn als »Lüster«. Der Mensch ist in der Welt und mit ihm das Schlachten und die Gewalt.

Adrián Villar Rojas,The Theater of Disappearance, 2017
Installation view, Kunsthaus Bregenz Courtesy of Adrián Villar Rojas, Marian Goodman Gallery, New York | Paris | London und kurimanzutto, Mexiko-Stadt © Adrián Villar Rojas, Kunsthaus Bregenzcredts:
Photographed by Jörg Baumann

Betritt man das dritte Obergeschoss, atmet man erleichtert auf, denn der Raum ist in hygienischem Weiß gehalten und alles Schwere fällt einem plötzlich herunter. Auf einer vierteiligen Rampe thronen die Beine des David (1501-1504) von Michelangelo. Der erzählerische Bogen zur im Erdgeschoss verbildlichen Renaissance schließt sich hier. Der Mensch, der in die Welt gekommen ist, ist im Olymp, im platonischen Himmel des Ideals angelangt. Er hat die Erde zurückgelassen.

Adrián Villar Rojas The Theater of Disappearance, 2017 Ausstellungsansicht 3. OG, Kunsthaus Bregenz Foto: Jörg Baumann Courtesy of Adrián Villar Rojas, Marian Goodman Gallery, New York | Paris | London und kurimanzutto, Mexiko-Stadt © Adrián Villar Rojas, Kunsthaus Bregenz

 Adrián Villar Rojas, ein Künstler der in großen Dimensionen arbeitet. Wer ist eigentlich Adrián Villar Rojas? Er ist ein argentinischer Bildhauer, Installationskünstler und Videokünstler der 1980 in Rosario in Argentinien geboren wurde. Villar studierte von 1998 bis 2002 in seiner Geburtsstadt an der Escuela de Bellas Artes de Rosario. Bekannt wurde er durch artspezifische Arbeiten. Bei der Bienal del Fin del Mundo 2009 in Patagonien ist ein steinerner Wal in einem Wald gestrandet. Weiteres war Villar 2011 bei der 54. Biennale die Venezia und 2012 auf der documenta 13 in Kassel.

Für das Kunsthaus Bregenz entwarf der Künstler einen vierteiligen Zyklus, eine Passage durch die Geschichte der menschlichen Kultur von ihrer Entstehung (Erdgeschoss) bis zu ihrer fragwürdigen Apotheose (3. Obergeschoss).

Ein großartiger Künstler und man kann nur hoffen, dass man ihn in Europa noch des Öfteren zu sehen bekommt.

 

 

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