Chat mit dem Künstler Heribert Wagner
Karel Gustav van Aalst (Art promotor and advisor, freelance journalist, art curator, editor, lebt ebenfalls in Maastricht/Niederlande) machte mich auf den Künstler Heribert Wagner aufmerksam. Heribert Wagner der seit 1978 in den Niederlanden lebt, hat sich in der Niederländischen Szene bereits einen Namen als Maler, Geiger und Komponist gemacht. Sein Atelier liegt bei Rotterdam, wo er konstant an neuen Gemälden arbeitet und diese auch in Verbindung mit Kompositionen bringt. Dies war der Startschuss für ein Chat Interview.
Linossiartstory: Lt. meiner Recherche bist du Österreicher – Ausbildung an der Akademie für Angewandte Kunst, Wien: Architektur bei Prof. Janeba. Du lebst und arbeitest seit 1978 in den Niederlanden. Weiteres bist du auch noch Musiker und Komponist und hattest bereits Auftritte bei mehreren Jazzgruppen in ganz Europa. Meine Frage: wo bist du als Künstler mehr zu Hause? In der Malerei oder in der Musik?
Wagner: Immer hat es mich woanders hingetrieben, als Siebenjähriger Bub wollte ich „das Ding da oben auf dem Kasten“, das war die Geige. Schon in der Volksschule fiel ich auf durch meine Zeichnungen, es lief immer alles gleichzeitig: habe etliche Ölgemälde gemacht und wollte auf Grund dessen, dann an der „Bildenden“ studieren bei Fuchs oder Hutter, aber der Druck aus dem Elternhaus brachte mich zur Architektur und auf die „Angewandte“.
Linossiartstory: Du hast Architektur bei Prof. Janeba studiert und was hat dich bewogen in die Malerei und Musik zu wechseln?
Wagner: Als Student jobbte ich in Architekturbüros und sah dabei, wie schwer es ist, als junger Architekt etwas zu erreichen. Das hat mich schon enttäuscht und desillusioniert. Meinem damaligen Studienkollegen und immer noch großartigem Freund Johannes Weyringer (lebt in Salzburg) ist es ähnlich ergangen. Die Meisterklasse Janeba war eine große Inspiration, die Aussichten als zukünftiger Architekt dagegen … viereckige Betonhäuser bauen, Tankstellen renovieren, nein danke.
Etwa zur selben Zeit traf ich Rudy Kronfuss und Mario Bottazzi und so begann meine musikalische Laufbahn, indem ich die Geige in der Band Nostradamus spielte. Am Schlagzeug damals übrigens der Maler Ernst Ferdinand Wondrusch, wir sind bis dato noch immer gut befreundet. Wir sind dann nach Holland ausgewandert mit Hansi Lang und Hans Kalenda, wir hatten viele Auftritte wie zB im Melkweg und in Jugendzentren usw. Es war ein ständiges hin und her und dann wieder in Wien … Jazzgeige gelernt, mit Fritz Pauer die Tonquelle gegründet (Jazzgruppe mit Streichquartett), die japanische Pianistin Harumi Oka geheiratet, viel von ihr gelernt und dann wanderte ich endgültig nach Holland aus. Bis in die 90er Jahre spielte ich Jazz in allen Formen: Fusion, Mainstream, Free Jazz, dann eigener Stil zuerst mit Sigi Busch am Kontrabass und Pierre Courbois am Schlagzeug. Mit New Association europäischer Durchbruch, die ganz großen Festivals, LP, CD, Radio, TV, … aber immer wieder hat es mich woanders hingetrieben… Seit 2001 wieder ganz zur Malerei! Warum? Ein innerer Drang, ein Wille zur Gestaltung, geil aufs Malen! …Pinsel, Bürsten, Leinwand und Farben… organische Motive… phantastisch!
Linossiartstory: Anfang November 2016 hattest du eine Ausstellung „Vernissage Terra Nera serie 3“ in den NisseWaard Ateliers. Ich kenne die Ausstellung nur von dem Video welches gedreht wurde und diese Vernissage deutet auf eine eigenartige Präsentation. Jeweils ein Werk von dir im Hintergrund mit deiner eigenen musikalischen Untermalung. Eigenartig ist auch die Geige auf der du deine Eigenkompositionen spielst. Um welche Geige handelt es sich hier? Sind die Arbeiten auch aus der Serie „The Dark Matter Series“? Schade ist nur, dass das Video auf Holländisch ist.
Wagner: Das Video wird demnächst mit deutschen Untertiteln versehen. Die Geige ist eine Studiergeige, ein Übungsinstrument ohne Klangkörper und dadurch gut geeignet für elektrische Verstärkung. Seit ich diese dunklen Gemälde male, dazu suche ich die Klänge zur inneren Welt dieser Bilder, das fordert mich heraus, das stimuliert mich mit Klängen zu experimentieren, dafür manipuliere ich Sounds von meinem Synthesizer, mische auch akustische Klänge hinein, etwa Chormusik und eigene Aufnahmen. So entsteht eine Collage, eine Komposition die ich dann erweitere durch Improvisationen auf der Geige. So entsteht bei einer Vernissage eine Art Gesamtkunstwerk, die Einheit von Malerei und Musik, eine Zusammenschmelzung und jedes Mal wieder eine einzigartige Aufführung.
Linossiartstory: Weiteres betrachtet man deine Bilder wie zB „The Dark Matter Series“ so hat man das Gefühl als Betrachter, dass man hier in die schwarze Magie eintaucht. zB die Arbeit terra-nera-6b.jpg 2016 eine Tür in die eine Frau (oder könnte es auch ein Mann sein?) mit weißer Verschleierung eintritt. Links vom Türstock deuten auf mysteriöse Figuren hin, auf deren Vordergrund sich zwei männliche Figuren bücken oder sich an dem unbekannten Licht-Wesen hochziehen wollen. Was bedeutet die ganze Serie und was soll sie ausdrücken? Hängt es mit unserem zurzeit sehr chaotischen Weltbild zusammen?
Wagner: Ein Araber schreitet durch ein Portal, es ist uralt und zerstört, eine Ruine? Das Altertum ist vorbei, wohin er kommt da ist ein Licht im Dunkel, aber wie wird sich die Zukunft entwickeln? Der Frühling brachte kein Resultat, der Sommer brachte Uneinigkeit, Diversität und Kriege, Zerstörung und viel Elend. Die westliche Welt wird zum Feindbild. Die Aussichten sind finster, noch hat sich keine Ideologie durchgesetzt. Ja, unser Weltbild ist chaotisch aber das des Arabers ist finster, geradezu aussichtslos. Da ist kein Weg, keine Entwicklung außer dem vorgegebenen Weg zur industriellen Globalisierung der in ungeordneten Bahnen verläuft. Wo ist da die Perspektive? In meinem Bild ist auch keine.
Linossiartstory: Eine Frage die mir als wichtig erscheint: wie tastet du dich an ein neues Projekt heran und was sind deine ersten Schritte? Ideen, Inspiration, Umsetzung etc.?
Wagner: Die Terra Nera Serie Nr. 1 (das sind 13 “schwarze” Bilder) entstand spontan. Ich tauche ein und dann befinde ich mich da wo ich anfangen kann etwas zu gestalten, erkenne Konturen die ich ausstatten kann mit dem was in mir umgeht, was mich innerlich beschäftigt, erregt, aufregen tut man sich auch, sogar ärgern soll man sich dabei, es regt sich etwas, ich greife ein, gestalte einen Bereich, es entsteht eine Komposition, die Formenwelt wird dabei benützt – oder aber auch mal außer Acht gelassen, es gibt Flächen, Räume, auch Linien und vor allem: Kontraste! Hier muss noch was rein, da muss etwas weg… anders in Zusammenhang gebracht werden, so ja, … das kommt schon hin, so etwa taste ich mich heran bzw. hinein in die Welt so eines Bildes.
Ein ganz anderes Projekt, die Trilogie für die Flüchtlinge entstand auf andere Weise, da habe ich Bilder gesammelt, innere und äußere aus den Medien, die habe ich zu einer Collage zusammengestellt und dann gemalt. Da ging es ja auch um das konkrete Ziel, in 3 großen Gemälden die Flüchtlingslager und das Elend zu beschreiben, den Umfang dieses Elends und die Aussichtslosigkeit, den Betrachter um Verständnis zu bitten und vielleicht sogar um Hilfeleistung.
Die nächste Serie – ich arbeite gerade an ersten Resultaten nenne ich “Zeitgeist“, das wird ein Zusammenfließen der vorher beschriebenen Gestaltungsweise mit einigen Themen der heutigen Zeit und Gesellschaft.
Linossiartstory: Finden auch Ausstellungen von dir in Österreich statt?
Wagner: Ja, am 20. Mai bis 2. Juni 2017 in Wien, Galerie Sandpeck. Auch dann mache ich wieder eine Vernissage mit integrierter Musik Aufführung.
Linossiartstory: Arbeitest du parallel mit Malerei und Musik? Oder entstehen die Projekte jeweils unabhängig voneinander?
Wagner: Die Parallelität ergibt sich derzeit aus dem Anspruch eine Einheit zu schaffen, wenn ein Bild, eine Serie so weit gediehen ist, dass sich der Drang einstellt diese in Musik auszudrücken beginne ich mit der musikalischen Konzeption und Ausarbeitung. Denkbar ist auch der umgekehrte Weg, das kann sich in Zukunft noch ergeben.
Linossiartstory: Wie beurteilst du deine Position in der heutigen Kunstszene?
Wagner : Nun ja in einer Zeit wo Kuratoren schon fast wichtiger werden als die Künstler selbst, wo es zunehmend Leute gibt die einen Stand auf einer Kunstmesse für viel Geld anbieten wodurch Geld ausgegeben wird an diverse Profiteure, wo neben erneuernder Kunst auch viel wertloses Zeug als Kunst präsentiert wird im Internet aber auch in Galerien, da bin ich froh und glücklich dass ich meine Privatkunden habe und einige „Fans“ die meine Bilder ankaufen – einfach weil ich an einer Kunstform arbeite die einzigartig ist. Oft höre ich „Deine Bilder sind so anders als anders“. Oder: „es stimuliert die Phantasie – es öffnet mentale und emotionelle Räume – es entführt den Betrachter ins unterbewusste Erfahren archetypischer Assoziationen“, usw… in der Kunstszene bin ich mein eigenes Zentrum und wie ein Stein der ins Wasser fällt immer weitere Kreise zieht so hoffe ich noch lange weitermachen zu können und viele Menschen erreichen zu können.
Linossiartstory: Also Heribert, es war nett mit dir diesen Chat zu führen. Es war ein offener ausführlicher Chat, mit vielen interessanten Einblicken in deine Kunst. Für die Zukunft wünsche ich dir noch viele atemberaubende und interessante Abenteuer auf deinem Weg zur Kunst.
Danke für das nette Chat-Gespräch und alles Gute für die Zukunft.
diese Präsentation ist großartig und mit der dazugehörigen Musik ein echtes Kunsterlebnis. Vielen Dank dem Künstler.