Rebellion im Bild: Der Bauernkrieg zwischen Kunst und Ideologie

Wie Bilder den Aufstand verklären – und Diktaturen ihn für ihre Macht inszenieren

Zwischen Baugerüsten und barocker Pracht: Der Bauernkrieg als Sonderausstellung im Nordoratorium. Foto: © Christa Linossi 2025

Geschichte als Inszenierung: Im DomQuartier wird Geschichte nicht bloß gezeigt – sie wird inszeniert. 500 Jahre Bauernkrieg, ein Aufstand, der Salzburg erschütterte, tritt hier erneut auf die Bühne. Zwischen barocker Pracht und historischen Dokumenten entfaltet sich ein Drama von Macht und Widerstand, das bis heute nachhallt.

Die Bühne der Baugerüste: Schon beim Betreten des Ausstellungsraums glaubt man, auf einer Baustelle gelandet zu sein: Baugerüste durchziehen die Räume, auf ihnen sind die Gemälde installiert. Doch es ist keine Baustelle – vielmehr eine bewusst gewählte Kulisse, die den Bauernaufstand sichtbar macht.

Kunst auf Gerüsten – der Bauernkrieg tritt zwischen Stahl und Stuck erneut auf die Bühne. Foto: © Christa Linossi 2025

Der große Bauernkrieg (1524–1526): Zwischen 1524 und 1526 erhoben sich Hunderttausende Bauern, Handwerker und Bürger gegen Adel und Klerus. Sie kämpften für Gerechtigkeit, religiöse Freiheit und soziale Teilhabe – und wurden blutig niedergeschlagen. Auch Salzburg erlebte 1525 seinen Höhepunkt: Der Aufstand brachte das geistliche Fürstentum an den Rand des Zusammenbruchs.

500 Jahre später erinnert das Salzburg Museum mit einer Gastspiel-Ausstellung im Nordoratorium des Doms an diese dramatische Zeit. Sie ist in sieben Kapiteln gegliedert, jedes Bild und jeder Text spricht für sich.

 Persönliche Erinnerung: Ganghofer und mein Vater:  Eine persönliche Erinnerung begleitet meinen Rundgang: Mit 18 erzählte mir mein Vater von den Bauernaufständen und von Napoleon, der ebenfalls in Salzburg einfiel. Er gab mir Ludwig Ganghofers Roman Der Ochsenkrieg (1914) – ein literarisches Echo bäuerlicher Konflikte im Berchtesgadener Land. Ganghofer schildert einen Streit um Weiderechte, der sich zu einem Aufstand entwickelt: persönliche Tragödien, Gewalt, Krieg gegen die Obrigkeit. Mit präziser Sprache entwirft er ein eindrucksvolles Bild der bäuerlichen Lebenswelt und ihrer Unterdrückung.

Ein Aufstand in Etappen – die Timeline als Taktgeber der Revolte Foto: © Christa Linossi 2025

Historische Wendepunkte für Salzburg: Die Ausstellung selbst führt zurück zu den historischen Grundlagen. Karten und Timelines verorten den Salzburger Bauernkrieg im europäischen Kontext. Für Salzburg war er ein Wendepunkt – hätten die Aufständischen 1525/26 obsiegt und Fürsterzbischof Matthäus Lang von Wellenburg gestürzt, wäre Salzburg wohl Teil Bayerns geworden. Stattdessen blieb es noch fast 300 Jahre ein geistliches Fürstentum, bis es nach den napoleonischen Kriegen zu Österreich kam.

Bauernkrieg III, Alfred Hrdlicka (1928–2009), 1980. Radierung, Ätzung auf Kupfer, Reproduktion. ALBERTINA WIEN/ Ein Aufstand in Linien – Hrdlickas Kupferätzung als Echo der Revolte Foto: © Christa Linossi 2025

Künstlerische Rezeptionsgeschichte: Ein Kapitel widmet sich der künstlerischen Rezeptionsgeschichte: Albin Egger-Lienz mit seinem „Totentanz“, Käthe Kollwitz mit dem Zyklus „Bauernkrieg“, Alfred Hrdlicka mit Radierungen aus den 1980er Jahren. Selbst Albrecht Dürer ist vertreten – mit einem Entwurf von 1525, der wie ein Denkmal für den Aufstand wirkt. Die Ausstellung will nicht nur verstanden, sondern erlebt werden. Architektenschränke bergen Zeichnungen und Kunstschätze, die sich wie geheime Szenen öffnen.

Echo ins 21. Jahrhundert: Und sie wirft einen Blick ins Heute: Der Bauernaufstand lässt sich 1:1 ins 21. Jahrhundert übertragen. Damals Mistgabeln und Werkzeuge, heute Cyberangriffe und Drohnen. Dasselbe Thema – andere Gerätschaften.

Der letzte Takt: Geschichte als Gegenwart, Erinnerung als Bewegung. Foto: © Christa Linossi 2025

Geschichte als Gegenwart: 500 Jahre später ist der Bauernkrieg nicht vorbei. Im DomQuartier wird Geschichte nicht verstaubt, sondern als Echo neu aufgeführt. Wer Salzburg verstehen will, sollte dieses Echo hören.