
Ein kurzer Einblick in den Werdegang von Matt
Matthew David Burke, geboren 1972 in Sydney, Australien, ist Leadsänger, Songwriter und Gitarrist. Er studierte Informatik und Mathematik – doch mit einem Around-the-World-Ticket und seiner Gitarre im Gepäck zog es ihn hinaus in die Welt.
Seine Lebensreise ist geprägt von Höhen und Tiefen: Matt lebt mit der Diagnose Bipolare Störung. Seine Songs erzählen von dieser inneren Achterbahn, vom Reisen, Verlieren und Wiederfinden. Sie laden nicht nur zum Zuhören, sondern auch zum Nachdenken ein.
Seit zwei Jahrzehnten lebt er in Österreich. Aus seiner persönlichen Geschichte heraus setzt er sich mit Herzblut für die Enttabuisierung psychischer Erkrankungen ein. Er tut dies als Musiker. Er ist auch Mitbegründer des Salzburger „Peer Center“. Zudem möchte er anderen Mut machen, ihren eigenen Weg zu gehen.
Seine Musik kennt keine Grenzen – sie berührt Menschen in Salzburg ebenso wie in Sydney, wo der Umgang mit mentaler Gesundheit oft offener ist als in Europa.

Interview mit Matt
Linossiartstory:
Matt, du lebst seit über 20 Jahren in Österreich und engagierst dich intensiv für psychische Gesundheit. Du selbst hast Erfahrungen mit einer bipolaren Störung gemacht – wie hat dich das persönlich und musikalisch geprägt?
Matt: Matt—Baseline— steht für Klang mit Haltung – für Mut, Heilung und Wahrhaftigkeit.
Linossiartstory:
Was hat dich dazu bewegt, eine Band zu gründen, die sich für psychische Gesundheit einsetzt? Gab es einen entscheidenden Schlüsselmoment?
Matt: Das war ein Prozess über viele Jahre. Ein Schlüsselmoment war, als mir Prof. Aichhorn, Primarius, die Möglichkeit gab, mit meiner Band dorthin zurückzukehren, wo ich selbst Heilung erfahren hatte – in die Christian-Doppler-Klinik Salzburg. Nicht als Patient, sondern als Musiker. Dieser Auftritt hat alles verändert: Aus Musik wurde Mission.
Dabei wurde ich auch von anderen Musikerinnen mit Fokus auf Mental Health inspiriert und unterstützt. Der Austausch mit Künstlerinnen, die ähnliche Wege gehen, hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, gemeinsam Tabus zu brechen und Hoffnung zu schenken.
Linossiartstory:
Welcher persönliche Bezug zur seelischen Belastung hat dich dazu gebracht, für psychisch Erkrankte zu spielen – und dich über Musik für das Thema stark zu machen?
Matt: Ich habe in Kliniken auf beiden Seiten gestanden – als Patient und als Musiker. Und ich weiß, wie tief der Wunsch ist, gesehen zu werden – nicht als Diagnose, sondern als Mensch. Musik ist für mich eine Brücke. Wenn ich spiele, geht es nicht darum, zu heilen, sondern da zu sein. Echt. Und das hat Kraft.
Linossiartstory:
2012 hast du begonnen, regelmäßig „unplugged“ Solo-Auftritte in der psychiatrischen Christian-Doppler-Klinik in Salzburg zu geben. Wie kam es dazu? Was hat dich damals motiviert?
Matt: Die Idee kam aus einem tiefen inneren Drang. Musik sollte nicht nur als Ausdruck dienen, sondern als echte Verbindung für Menschen mit ähnlichen inneren Kämpfen. Hoffnung schenken, einfach durch ehrliches, verletzliches Dasein mit Musik.
Damals tourte ich durch Österreich und Bayern, trat auch in einigen Kliniken in Australien auf. Rückblickend war meine Haltung noch nicht in Balance, ich war innerlich nicht wirklich bereit. Es war, als wäre das Projekt ein paar Schritte weiter als ich selbst war.
Ich trat in einem psychiatrischen Krankenhaus auf – und war am nächsten Tag selbst Patient dort. Das war ein klarer Bruch, ein Moment der Wahrheit. Ein langer Weg zurück in die Harmonie begann.
Der Neustart 2022 kam zur richtigen Zeit. Ich hatte mich selbst besser kennengelernt und mein Umfeld stabilisiert. Nun durfte ich gemeinsam mit wundervollen, liebevollen Musiker*innen auftreten. Dieses Miteinander ist ein Geschenk. Und gibt dem Projekt eine Kraft, die damals gefehlt hat.
Linossiartstory:
Was hat dich schließlich dazu bewegt, aus deinen Solo-Auftritten heraus eine Band zu formen? Was war dabei ausschlaggebend?
Matt: Es ging nicht mehr nur um mich – es ging darum, etwas Größeres gemeinsam entstehen zu lassen. Die Band bringt eine neue Energie, eine neue Art von Verbindung. Wir unterstützen uns gegenseitig – musikalisch, aber auch menschlich. Ich habe erlebt, wie wichtig ein tragfähiges Netzwerk ist. Gemeinsam auf der Bühne zu stehen, ist ein starkes Zeichen: Wir sind viele, und niemand muss seinen Weg allein gehen.
Linossiartstory:
Musik kann ein Ventil sein für Schmerz, Angst oder Einsamkeit. Hast du Beispiele aus deinen Liedern, die genau das aufgreifen?
Matt: Ja, viele meiner Songs sind genau daraus entstanden. „Surrender“ beschreibt den Moment, in dem man aufhört zu kämpfen – nicht aus Resignation, sondern um Frieden mit sich selbst zu schließen. Es geht darum, tief durchzuatmen und loszulassen, was man nicht kontrollieren kann. Oft zeigen sich gerade in dieser neuen Ruhe – getragen von Vertrauen ins Leben und ins Universum – ganz von selbst die nächsten Schritte. Lösungen, die man im inneren Sturm nie gesehen hätte, treten plötzlich klar hervor.
„Mud Swim“ beschreibt das Gefühl, wie durch zähen Schlamm zu schwimmen – jeder Zug mühsam, jeder Atemzug schwer. Doch im Kampf gegen das Feststecken liegt eine stille Kraft: der Wille, nicht aufzugeben. Es ist ein Schwimmen durch Widerstand, das langsam, aber sicher zurück ins Licht führt.
Linossiartstory:
Wie sorgt ihr als Band für euer eigenes mentales Wohlbefinden? Gibt es Rituale oder Pausen, die euch helfen, in Balance zu bleiben?
Matt: Wir nehmen uns bewusst Zeit zum Reden. Nicht nur über Musik, sondern über das Leben. Vor jedem Auftritt checken wir nicht nur den Sound – sondern auch, wie es jedem geht. Und: Niemand muss performen, wenn er oder sie gerade nicht kann. Das ist unsere Basis – Respekt und Selbstfürsorge.
Unser gemeinsamer Backstage-Gruppen-Hug ist jedes Mal ein Highlight. Er stärkt das Vertrauen in das, was wir hier tun, und fokussiert uns darauf, unseren gemeinsamen Zweck zu teilen – unsere physische und emotionale Verbindung zueinander und zur Musik.
Linossiartstory:
Gab es Begegnungen mit Zuhörer*innen, die euch erzählt haben, wie sehr eure Musik ihnen geholfen hat?
Matt: Ja, viele. Manche schreiben, andere kommen nach dem Konzert. Besonders bewegt hat mich einmal eine einfache Beobachtung. Eine junge Frau war sichtbar schwer depressiv in der Christian-Doppler-Klinik. Sie lag zu Beginn unseres Sets zusammengerollt und schlief. Doch mit der Zeit wachte sie langsam auf – und beim letzten Song tippte sie mit dem Finger im Takt. Es war nur eine kleine Geste, aber sie hatte eine unglaubliche Kraft. Solche Momente sind größer als jede Bühne.
Linossiartstory:
Was wünschst du dir im gesellschaftlichen und musikalischen Umgang mit psychischer Gesundheit? Wo siehst du Veränderungspotenzial?
Matt: Mehr Mut zur Ehrlichkeit – auch bei Künstler*innen. Nicht jeder muss seine Seele auf der Bühne ausbreiten, aber weniger Versteckspiel würde helfen. Und: Mental Health darf nicht länger ein Nischenthema sein. In jeder Branche, in jedem Genre muss klar sein – das betrifft uns alle.
Linossiartstory:
Gibt es Tabus, die ihr mit eurer Musik bewusst brechen wollt?
Matt: Ja. Wir wollen zeigen: Auch wer stationär war, wer Diagnosepapiere trägt, kann kraftvoll leben, lieben, schaffen. Auch das Schweigen über Suizidalität brechen wir bewusst. Unsere Musik ist roh, ehrlich und manchmal unbequem – genau das braucht es.
Und wir feiern etwas, das lange als Schwäche galt: sich Hilfe zu holen. Hilfe zu suchen ist kein Scheitern – es ist ein mutiger, selbstbestimmter Schritt. Diese Haltung wollen wir mit jeder Note mittragen.
Linossiartstory:
Wenn eure Musik ein Licht wäre – wo sollte es deiner Meinung nach als Erstes hinscheinen?
Matt: In die Zimmer, wo Menschen gerade glauben, dass sie zu viel sind. Zu gebrochen. Zu laut. Zu traurig. Unser Licht ist für sie. Für alle, die kämpfen – oft leise.
Der größte Schmerz ist oft der Zweifel am eigenen Wert. Wenn unsere Musik da ein kleines Licht sein kann, dann schafft sie das vielleicht, indem sie spürbar macht, was schon immer in einem war. Auch wenn es gerade verschwommen erscheint. Manchmal braucht es nur einen Moment, einen Klang, der daran erinnert.
Linossiartstory:
Was bedeutet „Baseline“ für dich?
Matt: „Baseline“ ist für mich viel mehr als nur ein musikalischer Begriff. Es ist ein Prinzip, das mir hilft, mit Bipolarität zu leben. In den Höhen und Tiefen erinnere ich mich immer wieder daran, dass mein Ziel der Baseline-Zustand ist – ein inneres Gleichgewicht, wo ich klar denken, kreativ sein und authentisch handeln kann. Wenn ich zu hoch oder zu tief rutsche, mache ich einen konkreten Plan, um wieder zur Baseline zurückzukommen. Es ist wie mein innerer Kompass – und der Name erinnert mich daran, dass Musik und Stabilität Hand in Hand gehen können.
Linossiartstory:
Was ist ROCK for Mental Health?
Matt: ROCK for Mental Health ist eine neue Konzertreihe, bei der Musik und gelebte Erfahrung mit psychischen Herausforderungen zusammenkommen. Wir bringen echte Geschichten auf die Bühne – laut, ehrlich und mit bewegender Stimme. “Music that Inspires, Heals and Connects.”
Das Ziel ist, Hoffnung zu geben, das Schweigen zu brechen und eine Gemeinschaft zu schaffen – für alle, die selbst kämpfen oder jemanden kennen, der es tut. Mental Health steht im Mittelpunkt – offen, mutig und menschlich.
Linossiartstory:
Wann und wo werdet ihr auftreten?
Matt: Los geht’s am 24. Oktober 2025 mit dem Launch-Konzert im MARK Salzburg – gemeinsam mit moving voices und —Matt—Baseline—. Das ist der Auftakt zu einem jährlichen Konzert in Salzburg – einer wachsenden Bewegung, die zeigt, wie viel Kraft in Musik und Ehrlichkeit steckt.
👉https://mattbaseline.com/rfmh/
Linossiartstory:
Matt, ich danke dir von Herzen für dieses ehrliche und tiefgründige Gespräch. Ich wünsche dir weiterhin Mut und Leuchtkraft – und dass deine Musik viele Seelen berührt, Hoffnung schenkt und Menschen daran erinnert, dass sie nicht allein sind.
Musik & Medien – Matt Baseline
Was bedeutet „bipolare Störung“? Menschen mit bipolarer Störung erleben extreme Stimmungsschwankungen – von tiefer Depression bis zu übersteigerter Euphorie. Diese Phasen beeinflussen Denken, Fühlen und Verhalten und sind für Außenstehende oft schwer zu verstehen. Matt spricht offen darüber – und genau solche Einblicke helfen, mehr Verständnis zu schaffen.
👉 Mehr Infos findest du hier: https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/psyche/depression/bipolare-stoerung-symptome.html
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