„Mozart, Jedermann und ein roter Teppich – Stadtbeobachtungen mit Herz“

ZWISCHEN WEIDEGRAS UND PFLASTERSTEIN Die Kälber ruhen in der Stille der Wiese. In der Stadt tost das Leben. Foto: © Christa Linossi 2025

Manchmal braucht es keinen Plan, keine Route, keine Absicht – nur ein paar Schritte durch die Stadt. Salzburg zeigt sich dabei von seiner besten Seite: zwischen Literaturaktionen, Kunstabbau, Festspieltrubel und rotem Teppich entfaltet sich ein ganz eigenes Schauspiel. Ich war mittendrin – als stille Beobachterin, als Zaungast, als jemand, der einfach nur schlendern wollte. Und dabei mehr gesehen hat, als man auf den ersten Blick vermuten würde.

Kein Berg, keine Landschaft – heute hatte ich einfach Lust auf ein Schlendern. Und zwar mitten durch die Stadt Salzburg.

Vom Parkplatz in Nonntal aus ging ich Richtung Innenstadt. Am Residenzplatz angekommen, begegneten mir bereits zahlreiche Menschen: Touristen, Einheimische – es war lebendig, fast trubelig.

Am Mozartplatz machten es sich viele gemütlich: in Sitzsäcken, Liegestühlen, auf Bänken. Was war los? „Salzburg liest“ – ein charmantes Event, bei dem Bücherregale aufgestellt werden und Literatur zum Schmökern einlädt.

Ein Nachmittag im Zeichen der Literatur. Worte fließen, Gedanken ruhen. Foto: © Christa Linossi 2025

Mozart hatte alles im Blick. Es war ein buntes Treiben: Die einen relaxten, die anderen vertieft in Bücher oder stöberten neugierig durch die Regale.

Mich zog es weiter zum Residenzplatz. Auch hier: Menschen, Absperrungen, gezückte Handys. Was gab es zu sehen? Die monumentalen Skulpturen von Jaume Plensa wurden Stück für Stück abgebaut.

Abbau in drei Akten – ein Kunstwerk von Jaume Plensa verlässt die Bühne. Foto: © Christa Linossi 2025

Die fünf gigantischen Frauenköpfe verlassen Salzburg. „Secret Garden“ ist Geschichte. Einen Monat lang waren die Werke des katalanischen Künstlers zu sehen – nun gehen sie zurück nach Spanien und weiter nach Mexiko. Ein Kunsthändler hat sie für rund 185 Millionen Euro erworben.

Mozart hat nun wieder freie Sicht auf den Residenzplatz – keine Skulpturen mehr, die ihm den Blick verstellen.

„Secret Garden“ wurde zum Publikumsliebling. Die Podeste blieben sauber, die Besucher achteten auf die Kunst. Die Skulpturen verliehen dem Platz eine besondere Atmosphäre – schade, dass sie gehen mussten.

Ein Stück weiter, kurz vor der Residenz: erneut eine Menschenschlange. Es war die vorletzte Aufführung des Jedermann. Zaungäste hofften, einen Promi zu erspähen.

Zaungäste beim Jedermann – Theater für alle Sinne. Sie stehen am Rand, doch sind mittendrin. Kein Ticket, kein roter Teppich – nur Neugier, Staunen und ein stiller Platz im Schatten der Bühne. Foto: © Christa Linossi 2025

Ich gesellte mich dazu, lauschte Gesprächen. Eine ältere Dame erzählte einer jüngeren, sie habe heuer eine Karte ergattert – zweite Reihe, € 200. Die Jüngere staunte: „Nicht mehr? Ich dachte, die kosten über € 500!“

Die ältere Dame meinte, man müsse sich zwei Jahre im Voraus Karten sichern – was natürlich übertrieben war. Aber die Szene war köstlich: Halbwissen und Begeisterung schaukelten sich gegenseitig hoch. Ein Theater vor dem Theater. Ich stand daneben und musste schmunzeln.

Dann marschierte die Tischgesellschaft am Seitenausgang vorbei, die Festspielpräsidentin begrüßte mich herzlich. Manch ein Zaungast war irritiert: Wer ist diese Frau, dass sie so begrüßt wird?

Im Hintergrund: die amfAR-Gala. Vor der Alten Residenz wurde der rote Teppich ausgerollt. Glamour in Salzburg – fast eine halbe Million Euro wurde für die AIDS-Forschung gespendet.

Am Rand, amARF – wo das Spiel leise ausklingt. Ein Plakat, ein Eingang, ein letzter Hinweis auf das, was war. Kein Applaus, kein Rampenlicht. Nur Schritte, Stimmen, ein Blick zurück. Der Zaun trennt – und verbindet. Ein Ort für Gedanken, für Abschied, für das Echo des Erlebten. Foto: © Christa Linossi 2025

Ich aber blieb Zaungast. Keine Onlinejournalistin heute. Nur stille Beobachterin.

Mit all diesen Eindrücken schlenderte ich zurück zu meinem Auto. Im Kopf bereits die Idee: Ich werde über diesen Spaziergang schreiben.

Probieren Sie es auch einmal aus – einfach durch die Stadt schlendern, innehalten, beobachten. Es ist erstaunlich, wie viele kleine Details man entdecken kann.

Ich liebe es, zu schlendern. Meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.

Das kann auch Freiheit sein.