PHILIPP TIMISCHL – DUMMODO ME AMES

„KI in der Kirche? Waschbären singen Boygroup-Hymnen? Willkommen in der Andräkirche – wo Philipp Timischl den Altar neu denkt.“

KI-generiertes Video/Bild von Philipp Timischl: Waschbären mit Bierkrug? KI weiß, wie man in Salzburg ankommt.“ Foto: © Christa Linossi 2025

Die St. Andrä-Kirche am Mirabellplatz prägt mit ihren markanten Türmen das Stadtbild der rechten Altstadt Salzburgs. Schlichte, kräftige Formen des 20. Jahrhunderts kennzeichnen ihr Äußeres, während neugotische Grundstrukturen und Details aus der Erbauungszeit deutlich sichtbar bleiben.

„Der Hochaltar bleibt – doch die Predigt kommt jetzt in Pixeln.“ Foto: © Christa Linossi 2025

Den einzigen bildnerischen Schmuck der Westfassade schuf Max Rieder: kubisch-flächige Steinstatuen der Salzburger Patrone Rupert und Erentrudis flankieren ein schlankes Mittelfenster. Der Innenraum der Kirche ist zurückhaltend gestaltet – er spiegelt eine abgewandelte Frömmigkeit der Gegenwart wider und kommt mit wenigen Akzenten aus. Im Kontrast dazu dominieren der Hochaltar, das Kreuz mit Christus, das Marienfenster und die Heiligenfenster den Raum.

Und genau diese Kirche hat sich nun entschlossen, Kunst zu zeigen – vielleicht sogar als Gegenspielerin zur Kollegienkirche. Künstliche Intelligenz in der Andräkirche!

Beim Betreten der Kirche werden Besucher:innen von einer großen LED-Wand empfangen, die den zentralen Bogen ausfüllt. Eine Leere in Form eines Kreuzes durchbricht die Fläche – eine Öffnung für Glauben oder Skepsis.

KI-generiertes Video/Bild von Philipp Timischl „Kaum drin, schon mittendrin: Der Screen zwingt zum Hinschauen – und liefert den ersten Wow-Moment.“© Christa Linossi 2025

Auf dem Bildschirm wiederholen sich KI-generierte Visionen: Landschaften, die schmelzen und sich neu formen, Gesichter, die fast existieren. Das Digitale Erhabene tritt dort auf, wo einst das göttliche Drama inszeniert wurde. Doch dieses Spektakel ist nicht passiv – es scrollt, glitcht, verlangt danach, gleichzeitig gesehen und hinterfragt zu werden. Timischls Altar ist agnostisch, aber intim. Seine Botschaft: Etwas kann Bedeutung haben, auch wenn es von einer Maschine erschaffen wurde.

KI-generiertes Video/Bild von Philipp Timischl: „Mann? Frau? KI? Vor dem Christus-Kreuz verschwimmen die Grenzen.“ © Christa Linossi 2025

In den Seitengängen stehen freistehende LED-Skulpturen, kombiniert mit französischen Zierrahmen – ein deutlicher Verweis auf das private Wohnzimmer, platziert im öffentlichen, sakralen Raum. Auf den Bildschirmen laufen KI-generierte Sequenzen: fehlerhaft, unvollständig, manchmal schön, oft irritierend. Es ist keine göttliche Ordnung, sondern das Ergebnis algorithmischer Prozesse – maschinell erzeugt, aber nicht neutral.

Gezeigt werden auch Videos, in denen Tiere sich anders darstellen: ein Flusspferd mit Pfauenfedern auf dem Rücken, ein Dachs mit dem Körper einer Schildkröte, Fische mit Geweihen. Eine verrückte Welt, generiert durch KI – abhängig von den Vorgaben des Künstlers. Teils lustig, teils verstörend. Die Frage stellt sich: Wer ist der Schöpfer – der Künstler oder die KI? Klar ist: Der Künstler gibt der KI die Anweisungen.

In einer Seitenkapelle spielt sich stündlich eine Art Miniaturwunder ab: Auf den Screens erscheint eine Gruppe von Waschbären – ein Markenzeichen des Künstlers – umgeben von digitalen Kerzen. Sie singen Daphne Ahlers’ beruhigende Version von As Long As You Love Me. Danach verschwinden sie, und nur die flackernden Kerzen bleiben zurück. Es ist komisch. Es ist berührend. Es ist ein wenig albern. Und doch bleibt etwas hängen – eine Art Aufrichtigkeit, die sich nicht auflösen lässt.

KI-generiertes Video/Bild von Philipp Timischl:„LOVE in Fragmenten, KI in Bewegung – und echte Kerzen für echte Verluste.“ © Christa Linossi 2025

Die Ausstellung mag auf den ersten Blick eigenartig wirken – irritierend, verspielt, schwer greifbar. Doch gerade darin liegt ihre Kraft. KI hält Einzug in die Kunst, nicht als Ersatz, sondern als Spiegel, als Werkzeug, als Provokation. Was wir hier sehen, ist nicht das Ende, sondern der Anfang – die Spitze eines Eisbergs, unter dem sich neue Formen, neue Fragen und neue Möglichkeiten verbergen. Immer mehr Künstler:innen werden sich bewusst oder intuitiv mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen – und dabei Räume betreten, die bisher niemand kannte.

KUNST trifft KI – und nichts bleibt, wie es war.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 31. August 2025.