
© SF/Jan Friese
Kunst zwischen Abschied und Erwartung – Eindrücke zur Pressekonferenz One Morning Turns Into an Eternity
Ein Morgen, der zur Ewigkeit wird – Regisseur Peter Sellars hat mit seiner neuen Inszenierung ein musikalisches Triptychon geschaffen, das zwischen westchinesischer Dichtung, buddhistischer Lehre und expressionistischer Seelenschau oszilliert. Ausgehend von Gustav Mahlers Der Abschied und Arnold Schönbergs Erwartung entfaltet sich ein Raum, in dem Schmerz, Sehnsucht und das menschliche Überleben ihre Stimmen finden. Ergänzt wird dieses Spannungsfeld durch Anton Weberns Fünf Orchesterstücke op. 10, die als verbindendes Element zwischen Mahler und Schönberg fungieren. Gemeinsam bilden diese drei Werke die Grundlage der szenischen Neuproduktion One Morning Turns Into An Eternity, deren Premiere am 27. Juli bevorsteht.
Sellars sprach bei der Pressekonferenz über den Einfluss alter chinesischer Texte – etwa ein Gedicht von Wang Wei – und darüber, wie Krisenjahre von Mahler und Schönberg sich in diesen musikalischen Werken widerspiegeln. 1909, ein Jahr voller Brüche und Einsamkeit: Mahler verliert sich im Schmerz über Almas Affäre, Schönberg kämpft mit inneren Dämonen. Beide Komponisten begegnen sich nicht nur musikalisch, sondern auch emotional. Der Titel der Produktion leitet sich aus der Textzeile „Ein Morgen wandelt sich in Ewigkeit“ ab – aus einem Gedicht von Wang Wei, dessen Verse in der deutschen Nachdichtung von Hans Bethge Mahlers Vertonung zugrunde liegen.
Die Musik wird nicht nur als Ausdruck, sondern als Organismus begriffen – nicht glatt, nicht schön, sondern fragmentiert und herausfordernd. Sellars zeigt eindrücklich, dass wahre Kunst nicht darin besteht, Schmerz zu überdecken, sondern ihn sichtbar zu machen. Sein Dialog mit dem Dirigenten offenbart eine gemeinsame Vision: Musik soll ein 3D-Raum werden, spürbar, lebendig und manchmal auch beängstigend. Unterstützt wird das Projekt von zwei großartigen Sängerinnen – Ausrine Stundyte und Wiebke Lehmkuhl – deren Interpretationen den Werken eine neue Tiefe verleihen. In ihrer Unterschiedlichkeit entsteht ein gemeinsamer emotionaler Kosmos.
Diese Inszenierung ist keine nette Rose auf samtigem Tuch – sie ist ein seelisches Erdbeben, das sich nicht erklären lässt, sondern erlebt werden muss.
Die Welt der hohen Kunst fasziniert mich seit jeher – und doch ertappe ich mich manchmal dabei, wie ich vor ihren tiefen Türen stehe: neugierig, bewegt, aber noch auf der Suche nach dem passenden Schlüssel. Diese Inszenierung hat mir einen Spalt geöffnet, durch den Licht fällt. Mit offenem Herzen für große Kunst – und mit digitaler Unterstützung, um meine Eindrücke in Worte zu fassen.

© Christa Linossi 2025
Ein persönliches Dankeschön Als ich mich mit Peter Sellars’ Arbeit für diese Inszenierung beschäftigte, wurde mir bewusst, wie tief seine künstlerische Vision wirkt. Diese Vision beeinflusst nicht nur die Bühne, sondern auch mich. Das Porträt, das ich von ihm gemalt habe, ist mein Versuch, diese Wertschätzung sichtbar zu machen. Es ist kein offizielles Bild – sondern ein persönlicher Ausdruck von Respekt und Dankbarkeit gegenüber einem Künstler, der Räume öffnet: für Musik, für Menschlichkeit, für Licht.
Premiere ist: am Sonntag, 27. Juli 2025 um 19:00 Uhr in der Felsenreitschule Salzburger Festspiele
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