„Friendly Alien“ feierte seinen 20. Geburtstag

Das Kunsthaus Graz feierte sein 20-jähriges Bestehen mit einer differenzierten Reaktivierung seiner Geschichte, die sich sowohl auf die nicht exponierten und weniger sichtbaren Aspekte vergangener Projekte als auch auf spezifische neue künstlerische Produktionen und performative Interventionen konzentriert.

Kunsthaus Graz „Friendly Alien“ Foto: © Christa Linossi 2023

„Auf ins Ungewisse!“ – der Aufruf der Kunsthaus-Architekten Colin Fournier und Peter Cook – war und ist eine abenteuerliche Einladung, die Grenzen der eigenen Vorstellungskraft auszuloten und der Nachfrage nach alternativen Ideen und Utopien nachzukommen.

Werfen wir einen Blick zurück ins Jahr 2003. Graz war Kulturhauptstadt 2003 und in diesem Jahr wurde auch das KUNSTHAUS GRAZ eröffnet. Diese biomorphe Architektur, die einer biologischen Form oder Gestalt ähnelt, wurde von den britischen Architekten Peter Cook und Colin Fournier eigens für die Kulturhauptstadt Graz entworfen. Sie wurde zum Markenzeichen und ist seit 20 Jahren ein wesentlicher Bestandteil der städtebaulichen Identität der Stadt Graz.

Das Besondere an diesem Kunsthaus ist auch, dass es auf dem 1848 vom Architekten Josef Benedict Witthalm errichteten „Eisernen Haus“ (auf-)gebaut wurde. Die Verbindung von Eisernem Haus“ und Friendly Alien“ verbindet historische und zeitgenössische Architektur auf jene Weise, für die Graz 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurde. Eine 40 m lange gläserne Galerie verbindet die historische und denkmalgeschützte Bausubstanz mit dem neuen Kunsthaus und der „Blase“. Was ist die „Blase“? Es ist der blaue Körper des Kunsthauses Graz, der aus insgesamt 1288 blau eingefärbten, halbtransparenten Acrylglasplatten besteht. „Nozzle“ ist eine Struktur, die sich aus „Bubble“ mit 16 „Nozzels“ entwickelt. Sie können sinngemäß als Nasen, Trichter, Düsen oder auch als Schnorchel übersetzt werden. 15 Nozzels sind nach Norden ausgerichtet, nur einer blickt nach Osten, zum Uhrturm, dem traditionellen Wahrzeichen von Graz. So entstand ein Dialog zwischen altem und neuem Wahrzeichen der steirischen Landeshauptstadt.

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Die Architektur besticht nicht nur durch ihr Äußeres, sondern auch durch ihre Räumlichkeiten. Sie unterscheidet sich radikal von herkömmlichen Ausstellungskontexten, die von der traditionellen Idee des „White Cube“ bestimmt sind. Kuratoren: innen und Künstler: innen wurden durch die spezifische räumliche Situation immer wieder neu herausgefordert, das Kunsthaus besteht aus den Räumen 01-04 und das Besondere daran ist, dass die Stockwerke nicht von unten nach oben gezählt werden, sondern umgekehrt, von oben nach unten.

Auch die Medienfassade BIX ist Teil des Gesamtkonzepts. Sie ist eine einzigartige Verschmelzung von Architektur und Medientechnik zur künstlerischen Kommunikation zwischen außen und innen und schafft so eine Verbindung.

https://www.museum-joanneum.at/kunsthaus-graz/bix-medienfassade

Ein paar Fakten und Zahlen: 1227 Künstler: innen, 207 Ausstellungen, 333 neuproduzierte Werke, 122 BIX-Projekte, rund 700 (interne) Veranstaltungen, 98 Kataloge, 61 Begleithefte und ca. 1.500.000 Besucher: innen (Stand August 2023) fand bis dato statt.

In den letzten 20 Jahren hat das Kunsthaus unter der Leitung von Peter Pakesch (2003-2015), Barbara Steiner (2016-2021) und Katrin Bucher Trantow (Interimsleitung 2015/2022) wegweisende und international renommierte Künstlerinnen und Künstler gezeigt: Einzelausstellungen mit Sol LeWitt, Andy Warhol, Ai Weiwei, Bill Fontana, Katharina Grosse, Monika Bonvicini und Hito Steyerl, die sich oft spezifisch mit dem Raum auseinandersetzten. Darüber hinaus wurden in wichtigen Kooperationen thematische Gruppenausstellungen wie Roboterträume (2010), Landschaft in Bewegung (2015) oder Faking the Real (2021) erarbeitet, die wichtigen gesellschaftlichen Fragen am Puls der Zeit aufgreifen.

So feierte das Kunsthaus Graz „Friendly Alien“, wie es auch genannt wird, 4 Tage lang sein 20jähriges Bestehen. Mit verschiedenen Veranstaltungen, viel Prominenz und natürlich Ausstellungen.

Colin Fournier, Architekt des Kunsthauses, Andrea Mayer, Kultur-Staatssekretärin, Andreja Hribernik, Direktorin Kunsthaus Graz und Katrin Bucher Trantow, Chefkuratorin, v.l.,Foto: Kunsthaus Graz / J.J. Kucek
Judith Schwentner (Vice Mayor), Elke Kahr (Mayor), Christopher Drexler (Governor), Andreja Hribernik (Director), Günter Riegler (City Councilor), Katrin Bucher Trantow (Curator), Marko Mele & Josef Schrammel (Managing Director UMJ), from left,Photo: Kunsthaus Graz / J.J. Kucek
Foto Kunsthaus Graz sol-lewitt-detail-wall-graz-2004_1674141581

Sol LeWitts monumentale Arbeit WALL, die nach 20 Jahren wieder aufgestellt wird, tritt nun in einen Dialog mit der Gruppenausstellung THE OTHER, die sich mit den Themen Identität, Geschichte, Zugehörigkeit und Ausgrenzung auseinandersetzt. Der Begriff des „Anderen“ ist im allgemeinen Verständnis fast immer mit einer Abgrenzung, einer Trennung, einem Unterschied oder einer Unterscheidung von etwas oder jemandem verbunden. Der „Andere“ ist der, der nicht dazugehört, der nicht integriert ist. Aus westlicher Sicht wird das „Andere“ als der Osten, der Orient oder der exotische Süden definiert. Die Ausstellung verweilt bei der paradoxen Position des „Anderen“ als konstituierendes Element, aber auch als Störung. Diese Unterbrechung dient nicht nur der Differenzierung, sondern ist ein Impuls, diese Differenz als Öffnung für mögliche Zukunftsszenarien zu denken.

Weitere Aktionen im und um das Kunsthaus ergänzen das Jubiläumsprogramm:

https://www.museum-joanneum.at/kunsthaus-graz/ausstellungen/ausstellungen/events/event/12098/sol-lewitt-s-wall-performed

https://www.museum-joanneum.at/kunsthaus-graz/ihr-besuch/programm